Coronavirus / Die Pandemie beeinflusst auch die Aufnahmekriterien am Sportlycée
Die Sekundarschulen haben momentan alle Hände voll damit zu tun, sich auf die Corona-Rentrée im Mai vorzubereiten. Für das Sportlycée stellt sich zudem noch die Frage nach den sportlichen Aufnahmekriterien. Es wurde eine pragmatische Lösung gefunden.
Es war eine große Videokonferenz gestern Nachmittag. 78 Vertreter aus 18 Sportverbänden haben sich mit der Direktion des Sportlycée über den Aufnahmeprozess für das kommende Schuljahr beraten. Um im Sportlycée angenommen zu werden, zählen nicht nur schulische, sondern auch sportliche Kompetenzen. So sieht es das „Règlement grand-ducal“ vom 11. Mai 2013 vor. Zum einen wird über die sportlichen Leistungen sowie das sportliche Potenzial des Schülers befunden, zum anderen werden motorische Tests durchgeführt.
„Wir haben uns darauf verständigt, die Tests in diesem Jahr ausfallen zu lassen“, so Sportlycée-Direktor Raymond Conzemius nach der Videokonferenz gegenüber dem Tageblatt. Dafür soll die abgeänderte großherzogliche Verordnung bald durch den Regierungsrat. Es ist eine pragmatische Lösung, die es den Verbänden vor allem ermöglicht, Zeit zu gewinnen. „Zum einen würden wir gegen die Anordnungen der Regierung verstoßen, wenn wir jetzt sämtliche Kandidaten für die Tests zusammenrufen würden. Die Sicherheitsmaßnahmen haben natürlich auch für uns oberste Priorität. Zum anderen müssten die Verbände uns bis Anfang Mai die Namen ihrer Kandidaten mitgeteilt haben. Durch den Wegfall der Tests haben sie nun bis Mitte Juni Zeit“, erklärt Conzemius. Somit hätten die Verbände mehr Spielraum, um ihre potenziellen Kandidaten auszumachen.
Verbände sind gefragt
Die vom Sportlycée durchgeführten motorischen Tests zählen normalerweise für 20 Punkte, die sportlichen Leistungen der vergangenen zwei Jahre und das Potenzial – beides wird von den Verbänden bewertet – fallen mit 40 Punkten ins Gewicht. Für das kommende Jahr liegt die Bewertung also allein bei den Verbänden. Die müssen sich allerdings auch erst einmal an die neue Situation anpassen. Der Radsport-Verband hat in den vergangenen Jahren jeweils einen Trainingstag abgehalten, zu dem sämtliche Nachwuchstalente kamen, die Interesse am Sportlycée hatten. Dort konnten sich die Verbandstrainer dann ein Bild von den einzelnen Fahrern machen. „Dieser Trainingstag fällt diesmal aus“, so Christian Helmig, der als Technischer Direktor der FSCL an der Videokonferenz mit dem Sportlycée teilnahm. „Wir werden unsere Nachwuchsfahrer und unsere Vereine anschreiben und sie wohl bitten, uns eine kleine Zusammenfassung zukommen zu lassen über ihre sportlichen Leistungen und darüber, wie sie zum Radsport kamen. Sämtliche Interessenten sind willkommen.“
Dass der Trainingstag nicht stattfinden kann, ist laut Helmig aber kein größeres Problem. „Der Radsport ist eine Sportart, in der man sich recht spät spezialisiert. Aus dem Grund ist es für uns immer schwierig, vorauszusagen, wie sich unser Nachwuchs entwickeln wird. Zum anderen ist Luxemburg klein und der Radsport noch kleiner, sodass unsere Trainer schon sämtliche Talente auf dem Radar haben.“ Auch das Risiko, dass sich auf einmal übermäßig viele Kinder melden würden, fürchtet Helmig nicht. „Dieses Problem hatten wir auch in den vergangenen Jahren nicht. Bislang waren es immer um die zehn Kinder. Sollte es nun aber einen großen Andrang geben, müssten wir uns natürlich Auswahlkriterien überlegen.“
Ohne Masken geht es nicht
Neben dem Problem der sportlichen Aufnahmekriterien steht das Sportgymnasium durch die angekündigte Wiederaufnahme des Schulbetriebs für Anfang Mai vor den gleichen Herausforderungen wie andere Schulen. Das fängt bereits mit dem Aufteilen der Klassen in zwei Gruppen an. „Bei Klassen von 27 oder 28 Schülern wären das Gruppen von 13 oder 14 Jugendlichen plus Lehrer. Ein Sicherheitsabstand von zwei Metern ist allerdings nur möglich bei maximal zehn oder elf Leuten. Ohne Masken werden wir also nicht auskommen“, so Conzemius.
Was die Stundenpläne angeht, so hofft der Direktor, dass nicht zu viele Anpassungen notwendig sind. Das hängt allerdings auch davon ab, wie viele Lehrer zur Verfügung stehen. „Das ist nicht so einfach. Auch unter dem Lehrpersonal gibt es welche, die zu Hause bleiben müssen, weil die Betreuungseinrichtungen für Kinder noch nicht geöffnet haben oder sie zur Risikogruppe gehören.“ Dennoch ist Conzemius optimistisch. „Es ist erfreulich, zu sehen, wie gut unser ganzes Team zusammenarbeitet, um diese spezielle Rentrée möglichst reibungslos hinzubekommen.“ Die Entscheidung der Regierung, die Schulen wieder zu öffnen, begrüßt Conzemius. „Ich habe absolutes Vertrauen in unsere Regierung, dass sie diese Entscheidung in Absprache mit den nötigen Experten getroffen hat. Ich meine, dass es den Kindern auch guttun wird, wenn sie wieder zur Schule gehen können.“
Was Conzemius allerdings bedauert, ist die Tatsache, dass der Sportunterricht nicht wieder aufgenommen wird. „Im Sportlycée hätten wir die nötigen Möglichkeiten und Ressourcen, in kleinen Gruppen und im Einklang mit sämtlichen Sicherheitsvorkehrungen Sport zu treiben. Körperliche Betätigung ist immer wichtig und in diesen besonderen Zeiten umso mehr.“ Die Sportlehrer im Sportlycée werden mit den Schülern über ihre Trainingsprogramme reden und eine „theoretischere Arbeit erledigen“, wie Conzemius es ausdrückt. Die Hoffnung, dass es bald wieder möglich sein wird, unter den gegebenen Sicherheitsbedingungen Sport zu treiben, hat Conzemius nicht aufgegegeben. „ Wenn nicht für den Schulsport, dann vielleicht für den Vereinssport. Vielleicht öffnet sich ja noch ein kleines Türchen in dieser Hinsicht.“
„Porte ouverte“ digital
Da die Schulen momentan keine „Porte ouverte“ organisieren können, wird das Sportlycée eine Powerpoint-Präsentation anfertigen, in der die Schule vorgestellt wird. Sollten hierdurch nicht alle Fragen der potenziellen Schüler beantwortet werden, wird das Sportlycée noch Videokonferenzen veranstalten. Alle Informationen werden zu gegebenem Zeitpunkt auf der Homepage sportlycee.lu erhältlich sein.
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