EM-Kolumne „Extrawurst“ / Die Festspiele: Fußball ist wie eine Oper
Neulich habe ich mir die Frage gestellt, wie es wohl so ist, wenn man rein gar nichts mit Fußball am Hut hat. Es gibt sie sehr wohl, die Menschen, die eine Europameisterschaft nicht interessiert oder gar nervt. Und ich kann sie durchaus verstehen. Ich wäre wohl auch nicht sonderlich amüsiert darüber, wenn unsere ganze Redaktion oder eine Gesellschaft in einer Kneipe während vier Wochen dauernd über die Wagner-Festspiele in Bayreuth reden würde.
Dabei haben beide Events mehr als nur eine Parallele. Wie die EM finden auch die Festspiele während eines Monats im Sommer statt. Es gibt die Chorsänger (die Fans), den Dirigenten (der Trainer), das Orchester (die Spieler) und die Souffleure (die Videoanalysten). Bei beiden Veranstaltungen kochen die Emotionen hoch. Es wird geliebt (im Fußball meist nach Toren), gestritten (mit Gegner und Schiedsrichter) und dirigiert (meist vom Abwehrchef, Spielmacher oder vom Torwart).
Die Zuschauer in den Stadien Deutschlands haben dem Publikum in Bayreuth aber schon mindestens etwas voraus. „Der fliegende Holländer“ wurde bereits in Leipzig aufgeführt. Oranje-Torwart Bart Verbruggen stahl den Franzosen mit seinen Paraden die Show.
Bühnenreif sind mit Sicherheit die Auftritte einiger Fußballstars, die sich trotz Super-Zeitlupe an den Kopf fassen, obwohl sie im Duell mit einem Gegenspieler nur am Trikot gezupft wurden. Eigentlich ist es unerklärlich, warum heutzutage – trotz modernster Überwachungstechnik – noch immer Spieler dazu neigen, Verletzungen zu simulieren. Dahinter kann eigentlich nur das Bedürfnis stecken, die Karriere nach dem Gekicke vorzubereiten und irgendwann doch noch auf der großen Bühne der Bayreuther Festspiele zu stehen.
Wie schon anfangs erwähnt, die Ähnlichkeit zwischen der EM und den Opern ist schon sehr verblüffend. Und trotzdem würde wohl keiner heterogenen Menschengruppe in den Sinn kommen, über die Wagner-Festspiele zu reden. Fußball ist und bleibt eines der universellsten Themen auf diesem Planeten. Wegen seiner auf den ersten Blick erscheinenden Einfachheit kann eigentlich jeder mitreden. Und das ist eine der schönsten Seiten an diesem menschenverbindenden Sport.
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