Basketball / Die US-Amerikaner zeigen sich vom knappen Präsidentschaftsrennen wenig überrascht
In keiner anderen Sportart in Luxemburg sind so viele US-Amerikaner engagiert wie im Basketball. Das Tageblatt hat sich nach der Wahlnacht gestern mit mehreren US-Spielern unterhalten, die bereits seit Jahren in Luxemburg leben.
Miles Jackson-Cartwright: Seit 2018 steht der gebürtige Kalifornier Miles Jackson-Cartwright in Luxemburg als Profi-Basketballer auf dem Parkett, zuerst für den T71 Düdelingen, seit dem letzten Jahr nun für den Basket Esch. „Ich bin glücklich, dass ich meine Stimme auch von Luxemburg aus abgeben konnte“, betont der 28-Jährige, der bei der letzten Wahl 2016 noch in den USA lebte, erst kurz danach seinen ersten Profivertrag in Bulgarien unterschrieb und für den es das erste Mal war, dass er im Ausland wählte. „Das hat mich schon sehr nervös gemacht, denn für mich ist es sehr wichtig, wählen zu dürfen, vor allem wenn man selbst aus der ’black and brown community’ kommt, für die das nicht immer gegolten hat und somit auch nicht selbstverständlich ist.“ Für im Ausland lebende US-Amerikaner zählt der letzte Wohnort in den USA, dessen Wahlbüro dann für einen zuständig ist. Im Fall von Miles Jackson-Cartwright haben sich die Eltern darum gekümmert, ihm die Unterlagen aus Kalifornien zuzusenden. Er selbst hat sie ausgefüllt und anschließend direkt ans zuständige Wahlbüro geschickt: „Ich habe sogar eine Nachricht erhalten, dass sie angekommen sind“, zeigt er sich erleichtert und betont, dass er es sehr schätzt, dass sich seine Eltern sehr früh darum gekümmert haben: „Das haben sie auch für meinen Bruder getan, der gerade in Frankreich Basketball spielt. Sie haben uns immer schon zu verstehen gegeben, wie wichtig es ist, wählen zu gehen.“
Dass das Wahlrennen so knapp werden würde, überrascht Jackson-Cartwright nicht: „Auch 2016 war ich nicht überrascht, dass Trump gewonnen hat. Er steht für Rassismus, Homophobie und Misogynie, was leider noch immer in vielen Teilen der USA gut ankommt. Er hat zudem eine sogenannte stille Mehrheit, die nicht verrät, wen sie wählt. Denn wer will schon öffentlich zugeben, für Trump gestimmt zu haben?“ Jackson-Cartwright hat seine Stimme jedenfalls nicht dem aktuellen Präsidenten gegeben: „Alles andere wäre für das Land besser. Schon allein, wie er mit der Corona-Pandemie umgegangen ist, dass die Zahl der Infizierten und Toten für ihn unbedeutend ist, ist beängstigend und traurig zugleich und macht die US-Wahl nur noch stressiger. Meine Eltern sind froh, dass ich aus dem Ganzen raus und in Europa sicherer bin.“
Mit seinen Eltern ist der 28-Jährige die letzten Tage ständig in Kontakt: „Es geht ja nicht nur um die Präsidentschaft, sondern in Kalifornien wurde auch über Themen auf Bundesstaatsebene abgestimmt, wie die Legalisierung verschiedener Drogen oder den Schutz der LGBT-Community.“ Alle gehen davon aus, dass es noch Tage, Wochen oder sogar Monate dauern wird, bis das offizielle Wahlresultat feststeht: „And that’s the scariest part of it. Trump hat sich ja schon selbst als Kämpfer bezeichnet und ich bin überzeugt, dass sich noch viele Instanzen mit dem Wahlergebnis beschäftigen werden“, meint Jackson-Cartwright, der optimistisch ist, dass Biden in einigen der entscheidenden Swing-States mit der Auswertung der Briefwahl noch aufholen und die Staaten für sich entscheiden wird. Egal wie die Wahl ausgeht, für Miles Jackson-Cartwright steht ein Verlierer bereits jetzt schon fest, und das sind die USA: „Die USA werden immer den Makel haben, dass es erstens das Land ist, das einen Donald Trump zum Präsidenten gewählt hat und zweitens ihm noch immer so viel Unterstützung zukommen lässt und nach vier Jahren nichts daraus gelernt hat.“
„Nicht politisch“
Scott Morton: Seit fast zehn Jahren lebt Scott Morton nun schon in Luxemburg, während neun Jahren spielte er für den hauptstädtischen Racing Luxemburg, geht seit dieser Saison für den Zweitligisten Bascharage auf Korbjagd. Inzwischen ist der 33-Jährige mit einer Luxemburgerin verheiratet und Basketball ist für ihn nicht mehr nur die einzige berufliche Tätigkeit im Großherzogtum. Die US-Wahl verfolgt Morton dennoch ganz genau: „Als Unterstützer der Demokraten und US-Amerikaner, der im Ausland lebt, war es für mich traurig zu sehen, wie die Wahrnehmung der USA in Europa in den letzten Jahren immer schlechter wurde.“ Deshalb hat er es sich auch nicht nehmen lassen, selbst seine Stimme abzugeben, die in North Carolina, einem der wohl entscheidenden Staaten, gezählt wird. „Meine Eltern leben noch in North Carolina, mein Bruder in Pennsylvania und meine Schwester in Kalifornien“, erklärt der 33-Jährige, zwei von diesen Staaten sind Swing-States, bei denen gestern Nachmittag die Entscheidung noch ausstand. Die Familie von Morton hält sich nicht zuletzt wegen der aktuellen Covid-19-Situation von großen Menschenmassen fern und bekommt von der angespannten Stimmung nicht so viel mit.
Der knappe Wahlausgang überrascht unterdessen Morton nicht: „Man muss sich da auch die Frage stellen, ob Biden wirklich der richtige Kandidat war.“ Mit einem schnellen Wahlausgang rechnet der 33-Jährige jedenfalls nicht: „In Pennsylvania geht man ja schon davon aus, dass es drei Tage dauern könnte, bis überhaupt erst einmal alles ausgezählt ist.“
Nelly Stephens: „Um ehrlich zu sein, verfolge ich die Wahl jetzt nicht so genau, denn politisch interessiert bin ich nicht“, erklärt Nelly Stephens, der seit 2009 seine Zelte in Luxemburg aufgeschlagen hat, zuerst mit dem T71 Düdelingen etliche Titel gewinnen konnte und nun für die US Heffingen auf Korbjagd geht. „Ich kriege zwar schon mit, wie es steht, überraschen tut mich das Ganze auch nicht, denn die Wahl zeigt einmal mehr, wie gespalten das Land inzwischen wirklich ist.“ Zu sehen, wie die verschiedenen Seiten gegeneinander vorgehen, ist für Stephens auch genau einer der Gründe, warum er mit Politik nichts am Hut haben möchte und auch nicht gewählt hat.
Bei der Familie in den USA – die Mutter lebt in Pennsylvania, ein großer Teil in New York – sieht dies anders aus, wie Stephens betont: „Die haben Biden gewählt. Wir haben im Vorfeld aber vor allem über den Wahlprozess geredet und wie die Corona-Pandemie diesen beeinflusst.“ Von der angespannten Stimmung bekommt die Verwandtschaft schon einiges mit: „Man muss sich auch nur anschauen, wer zurzeit an der Macht ist und wie diese Person den Rassismus vorantreibt. Es ist traurig zu sehen, wie sich das Szenario wiederholt, dass schwarze Bürger durch Polizeigewalt immer wieder ums Leben kommen“, betont Stephens, dem diese Thematik sehr am Herzen liegt. Deshalb ist der 34-Jährige auch froh, dass sein Sohn die Chance hat, in Luxemburg aufzuwachsen. „Beide Kandidaten haben Standpunkte, mit denen ich nicht einverstanden bin, doch wenn es darum geht, dass in den USA anders mit der Rassismus-Problematik umgegangen wird, dann muss Donald Trump abgewählt werden.“ Auch wenn Stephens betont, dass unter einem Präsident Biden diese sicherlich nicht ganz verschwinden wird.
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