F91-Trainer Mika Pinto / „Eigentlich ist es ein sehr großes Risiko“
Vom Fitness- zum Cheftrainer. Der Werdegang des neuen F91-Trainers Mika Pinto ist unüblich. Der Zögling von Carlos Fangueiro weiß, dass die Aufgabe in Düdelingen ein gewisses Risiko birgt, geht aber sorgenlos an die neue Aufgabe heran.
Kurz vor Silvester überraschte der F91 Düdelingen die Luxemburger Fußballwelt mit der Entlassung von Trainer Marco Martino. Der 30-Jährige hatte mit dem Verein Platz zwei in der Hinrunde erreicht und damit alle sportlichen Erwartungen erfüllt. Neben dem Platz war die Stimmung aber nicht so gut, wie sich später herausstellte. Ein Nachfolger wurde schnell gefunden. Der F91-Vorstand entschied sich, Co- und Fitnesstrainer Mika Pinto eine Chance zu geben.
Der Franko-Portugiese ist nur zwei Jahre älter als Martino und war vor allem bekannt als Teil des Trainerstabs von Carlos Fangueiro. Der heutige Trainer des portugiesischen Zweitligisten Leixões holte ihn nach Düdelingen. Überzeugt von seiner Arbeit, durfte Pinto seinen Chef auch nach Hesperingen und nach Portugal folgen. „Er ist ein richtiger Profi, der den Fußball versteht. Ich hätte ihn gerne bei Leixões behalten, aber er musste zurückkehren“, sagt Fangueiro über seinen Schützling.
Er ist ein richtiger Profi, der den Fußball verstehtEx-Chef von Pinto
Auch wegen seiner Trainerausbildung führte sein Weg im Sommer zurück nach Luxemburg. Pinto schloss sich wieder dem F91 an. Dass er in dieser Saison noch die Chefrolle übernehmen würde, war eigentlich nicht geplant und kam für den Betroffenen auch überraschend. „Der Verein wollte die Kontinuität beibehalten, mit Leuten, die die Mannschaft kennen, und war davon überzeugt, dass der aktuelle Trainerstab die anstehenden Aufgaben lösen kann. Dass Marco (Martino) gehen musste, hat mich trotzdem überrascht. Von den Spannungen habe ich nichts mitbekommen.“
F91-Präsident Jerry Schintgen sah sich nicht lange nach einem externen Nachfolger um. Die Wahl fiel fast sofort auf Pinto: „Wir sind von ihm überzeugt. Er kennt die Mannschaft und die Liga, arbeitet hochprofessionell und versteht sich auch sehr gut mit Torwarttrainer Jonathan Joubert und Co-Trainer Claudio Lombardelli.“
Pinto ist nicht nur in Düdelingen so etwas wie ein Senkrechtstarter. Bereits mit sehr jungen Jahren widmete er sich der Traineraufgabe. „Noch vor meinem 20. Lebensjahr habe ich glücklicherweise festgestellt, dass ich ein besserer Trainer als Spieler sein kann“, sagt Pinto, der selbst nur bei kleinen Vereinen im Umland von Thionville kickte.
Zunächst war er Ausbilder beim FC Metz, danach arbeitete er sich als Fitnesstrainer bis zur ersten Mannschaft des Stade Reims vor. Nun soll er also mit dem F91 Düdelingen die erneute Teilnahme am Europapokal sichern.
Pinto ist sich bewusst, dass die Aufgabe ein gewisses Risiko birgt. Der F91 hat bisher alle Erwartungen erfüllt und steht nach 15 Spieltagen auf Platz zwei der Tabelle. „Eigentlich ist es ein sehr großes Risiko (lacht). Da es aber nie mein Ziel war, Cheftrainer zu werden, mache ich mir überhaupt keinen Druck. Ich habe diese Aufgabe angenommen, um dem Verein zu helfen.“
Bei diesem Vorhaben helfen ihm auch die Erfahrungen, die er während der dreijährigen Zusammenarbeit mit Carlos Fangueiro sammeln konnte. „Aus persönlicher Sicht ist er wie ein Teil meiner Familie. Auf dem Platz konnte ich mir so einiges abschauen. Wie man ein Spiel methodisch vorbereitet oder eine Mannschaft einstellt. So nervös wie er werde ich jedoch nicht sein. Ich bin eher ein ruhiger Typ“, sagt Pinto.
Ich habe mir nicht vorgenommen, ein spezieller Trainertyp zu sein. Ich will mich an Situationen anpassen können und den Spielern Lösungen an die Hand geben.F91-Trainer
Unter Fangueiro war Pinto weit mehr als nur ein Konditionstrainer. „Bei Leixões hat er mir die Mannschaft im Training teilweise komplett überlassen und mich in taktische Herangehensweisen eingebunden. Er hat eher wie ein Manager agiert. Durch diese Situationen habe ich sehr viel an Erfahrung hinzugewonnen“, sagt Pinto.
Viel Zeit hatte der Franko-Portugiese nicht, um sich an seine neue Rolle zu gewöhnen. Bereits am Montag nahm der F91 die Vorbereitung für die Rückrunde in der BGL Ligue auf. „Ich habe mir nicht vorgenommen, ein spezieller Trainertyp zu sein. Ich will mich an Situationen anpassen können und den Spielern Lösungen an die Hand geben.“
Um sein Alter und den Respekt macht sich Pinto keine Gedanken: „Ich muss Julian Nagelsmann anrufen, um zu fragen, wie er es gemacht hat. Aber im Ernst: Ob man respektiert wird, ist eine Frage der Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit. Wenn diese Voraussetzungen stimmen, dann spielt das Alter keine Rolle mehr.“
Marco Martino: „Das war ein Mangel an Klasse“
Etwas mehr als eine Woche ist es her, dass Marco Martino vom F91 Düdelingen vor die Tür gesetzt wurde. Zunächst wollte der 30-Jährige nicht auf die von seinem Ex-Verein genannten Gründe seines Rauswurfs eingehen. Am Dienstag entschloss sich der Trainer, sich jedoch an die Presse zu wenden, um seine Sicht der Dinge darzulegen.
„Die Äußerungen nach meiner Entlassung sind ein No-Go. Ein Mangel an Klasse. Eine Institution wie der F91 muss anders auftreten. Ich will mit meinen Aussagen nicht übel nachtreten, sondern einfach mal ein paar Dinge klarstellen“, so Martino, der bereits in den vergangenen Wochen ein komisches Gefühl hatte: „Es lag etwas in der Luft. Im Oktober gab es eine Unterredung mit dem Verein, da ein bestimmter Spieler nicht zum Einsatz kam. Ich habe während meiner Amtszeit immer im Interesse des Vereins gehandelt und aufgestellt. Wenn man dann ein paar Wochen gar nicht mehr vom Vorstand hört und man bei der ersten Videokonferenz kein Lachen auf den Gesichtern der Vorstandsmitglieder erkennt, dann weiß man, welche Stunde geschlagen hat“.
Martino ist mit keinem Kritikpunkt einverstanden und wundert sich auch über den Zeitpunkt der Entlassung: „Wenn etwas in einem Verein nicht so läuft, wie es laufen sollte, dann redet man darüber. Wenn ein Verein unzufrieden ist, dann trennt man sich auch normalerweise von einem Trainer nach dem letzten Spieltag der Hinrunde. Das ist nicht passiert und das ist sehr merkwürdig und deutet darauf hin, dass irgendetwas nicht stimmt.“
Der 30-Jährige versteht auch das öffentliche Auftreten seines Präsidenten nicht: „Es entspricht nicht dem Bild von Jerry Schintgen, wie ich ihn in den vergangenen Monaten kennengelernt habe. Ich hatte den Eindruck, dass er so kommunizieren musste, um diese Entscheidung zu rechtfertigen.“
Martino denkt, dass es ihm eigentlich nicht viel bringt, öffentlich auf dieses Thema einzugehen, wollte aber „die Wahrheit ans Tageslicht bringen“. (del)
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