Olympische Spiele / Ein etwas anderes Dorfleben: Hier wohnt die COSL-Delegation in Paris
Wer kann schon von sich behaupten, mit Tennisstar Alexander Zverev unter einem Dach zu leben? Der Deutsche ist im Olympischen Dorf zumindest für ein paar Tage Mitbewohner des Team Lëtzebuerg. Zimmeraufteilung, Medizinschrank und die Antwort auf die Frage, wer dem Großherzog die Schuhe schnürte: Das Tageblatt war am Sonntagmorgen zu Besuch im sportlichsten Dorf der Welt.
Perfekt aufgeräumt: Wenn sich großherzoglicher Besuch ankündigt, dann räumt man vorher besser noch schnell die Wohnung auf. Während die Ecke der Leichtathletinnen Patrizia Van der Weken und Vera Hoffmann auf deren Rückkehr ins Dorf wartet, war es in der direkt anliegenden Wohnung mit Doppelbelegung wesentlich lebendiger. Es waren die Zimmerkolleginnen Sarah De Nutte und Jeanne Lehair, die dem hochrangigen Besuch am Sonntagmorgen die Türen zu ihrem Domizil im Olympischen Dorf öffneten. Die beiden Athletinnen plauderten gegenüber der Luxemburger Besuchergruppe aus dem Nähkästchen: Von der Qualität der Kartonbetten und Matratzen bis hin zu der Anzahl an Gastgeschenken, die sie bei der Ankunft erwartet hatten. Etwa Pflegeprodukte, Sonder-Pins und Briefmarken. Dazu gehörte aber vor allem ein nagelneues Klapphandy des Sponsors der Sommerspiele. Die Tischtennisspielerin, die sich bereits 2021 für Tokio qualifiziert hatte, ist demnach jetzt stolze Besitzerin von zwei Sonderexemplaren. Die Zimmer sind ansonsten relativ klein und spartanisch eingerichtet. Neben dem Bett wurde ein kleiner Nachttisch platziert. Für Kleidung und Taschen ist jeweils ein schmaler Kleiderschrank vorgesehen. Die beiden Luxemburgerinnen hatten es sich in ihrer kleinen Wohnung ziemlich gemütlich gemacht und konnten nach den ersten Nächten im recycelbaren Bett ein positives Fazit vom Leben im Dorf ziehen.
Ein Foto mit der Rekordfrau: Im Olympischen Dorf tummelt sich bekanntlich die absolute Sportelite. Doch während der einstündigen Führung durch den Wohnungsblock gab es nur eine Person, mit der die meisten unbedingt ein Foto machen wollten: Ni Xia Lian. Die 61-Jährige ließ sich nach ihrem Kraftakt vom Vorabend nichts von der Müdigkeit anmerken. Wie ihr Ehemann und Trainer Tommy Danielsson berichtete, war sie aufgrund des Adrenalins erst Stunden nach der Rückkehr ins Dorf eingeschlafen. Doch die Powerfrau genoss das Rampenlicht im Sonnenschein von Saint-Denis. Nachdem der Fotowunsch von Premierminister Luc Frieden erfüllt worden war, posierte Ni noch mit weiteren Ehrengästen. Und selbst Danielsson ließ es sich nicht nehmen, den Moment mit der Kamera festzuhalten: Er selbst fotografierte seine Frau, die vor den olympischen Ringen von der erbgroßherzoglichen Familie umgeben war. Ihren Mutterinstinkt bekam übrigens der Großherzog höchstpersönlich zu spüren: Da sich einer seiner Schnürsenkel gelöst hatte, griff Ni ohne zu zögern ein. Danielsson jedenfalls lachte herzlich, als er das Beweisvideo zeigte.
„Wir haben mitgefiebert“: Die drei Tischtennisspieler Ni Xia Lian, Sarah De Nutte und Luka Mladenovic nahmen genau wie Bogenschütze Pit Klein und Triathletin Jeanne Lehair an dieser Visite für die Ehrengäste teil. Die Stimmung war bei herrlichem Wetter ausgelassen und heiter. Missionschef Raymond Conzemius hatte es sich nicht nehmen lassen, die Gruppe an den schönsten Ecken entlang zum Luxemburger Wohnungsblock zu geleiten. „Wir fühlen uns hier wohl“, berichtete er. Und das taten die Gäste auch. „Wir haben mit Ihnen mitgefiebert“, berichtete Premierminister Luc Frieden energisch, als er De Nutte auf dem Weg zu den Zimmern erblickte. Auch die großherzogliche Familie hatte das Tischtennis-Fieber gepackt – sehr zur Freude der Sportler. Entlang einer Allee mit viel Schatten ging es dann Richtung „zone résidentielle“ – dem abgetrennten Bereich, der nur für die Athleten und die Betreuer vorgesehen ist. Nur mit einem Sonderpass durfte die kleine Luxemburger Delegation überhaupt so weit ins Dorf (und den Wohnungsbereich) hinein.
Drei Stockwerke: Die ersten Räume, die man schon von außen aufgrund ihrer rot-weiß-blauen Dekoration im Luxemburger Wohnblock entdecken kann, befinden sich im Erdgeschoss. Raymond Conzemius leitet mit seinem Team von dort aus die Abläufe. Direkt nebenan hat Teamarzt Dr. Christian Nührenbörger seinen Behandlungsraum. „Bislang sind alle fit und gesund, wir hoffen, dass es so bleibt“, berichtete er und klopfte auf den Medizinschrank. Aus dem Office wurde vor wenigen Tagen auch die erste Video-Pressekonferenz geschaltet. Eine Etage höher befinden sich Wohnungen der Athleten sowie die Behandlungsräume des „Performance Team“. Gemeint sind damit alle Akteure des Stabs des COSL – vom Sportpsychologen bis hin zu den Physiotherapeuten. Ob Eisbad, Kryotherapie oder einen Ort für ein klärendes Gespräch: Für alles wurde Platz vorgesehen. Lediglich Dressurreiter Nicolas Wagner ist nicht in Saint-Denis, sondern in Versailles untergebracht – wie alle anderen Konkurrenten. Aufgrund der Distanz, aber auch um näher an den Tieren übernachten zu können, wurde ein separates Dorf für die Reiter geplant. Über den Luxemburgern wohnen übrigens noch deutsche und rumänische Sportler und Trainer.
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