COSL / Ein ganz besonderes Kopf-Tetris: Bei Marie-Jo Ries laufen alle Olympia-Fäden zusammen
Während sich Patrizia van der Weken seit rund einem Jahr auf die Olympischen Spiele vorbereiten kann, ist Marie-Jo Ries schon viel länger gefordert. Seit mehr als zwei Jahren ist die Verantwortliche des „Games Management“ des COSL mit den konkreten Olympia-Planungen des Team Lëtzebuerg beschäftigt, und da kommen eine ganze Reihe an verschiedensten Bausteinen zusammen: von Kleidung über Akkreditierungen bis hin zum Transport nach Paris. Gemeinsam mit dem Tageblatt wirft Ries einen Blick hinter die Kulissen.
Navy- oder hellblau? Das richtige Outfit finden
Wie unterscheidet sich eine Delegation bei einem Mammut-Event wie den Olympischen Spielen am besten von den anderen? Natürlich durch das Outift. Für Marie-Jo Ries war schnell klar, dass sie weg vom Navyblau wollte, das man in den letzten vier Jahren getragen hatte. „Ich habe mir angeschaut, wie viele Nationen in Tokio die Farben Rot, Weiß und Navyblau in ihrer Kleidung hatten, und das waren wirklich sehr viele. Kaum eine Delegation trug hingegen Hellblau.“ Mit diesem Argument konnte sie schließlich auch den Verwaltungsrat des COSL vom Farbenwechsel hin zum deutlich auffälligeren Hellblau überzeugen. „Ich glaube, es ist die richtige Entscheidung, auf den Fotos sieht man, dass es vor allem gut wirkt, wenn wir als Mannschaft zusammenstehen.“ So zieht sich das neue Blau in der aktuellen Kollektion an Jogginganzügen, Shirts und Jacken wie ein roter Faden durch die luxemburgische Delegation. Die Sportler werden sich auf jeden Fall daran gewöhnen müssen, denn das COSL wird seine Athleten bis zu den kommenden Olympischen Spielen mit genau dieser Kleidung ausstatten. „Wichtig war es, aufzupassen, dass die Kollektion bis zu den nächsten Spielen auch erhältlich ist. Diese hier ist bis 2027 verfügbar, für Olympia in Los Angeles gibt es dann eine neue.“ Anders als große Nationen, wie etwa Deutschland, bestellt man beim COSL nämlich von der Stange.
Neben dem sportlichen Teil der Garderobe erhalten die Athleten und Betreuer für die Olympischen Spiele auch ein festlicheres Outfit, das sie bei der Eröffnungsfeier tragen werden. Und auch hier setzt man beim COSL in diesem Jahr auf die Farben Hellblau – für die Sakkos der Herren – und Rot – für die Röcke der Damen. „Als wir es zum ersten Mal gesehen haben, dachten wir schon: ‚Oh, dieser rote Rock!’ Doch auch hier muss ich sagen, wenn man zusammensteht, hat es eine ganz andere Wirkung.“ Doch wer hat bei dieser Auswahl eigentlich das letzte Wort? „Der Missionschef ist eigentlich immer dabei und auf jeden Fall auch eine Frau. Meistens werden auch die Athleten mit einbezogen, aber mit ihrem vollen Programm ist dies, so wie in diesem Jahr, nicht immer möglich.“
Für die Kleidung gibt es übrigens kein vorgeschriebenes Budget. „Ich mache eine Aufstellung und dann entscheidet der Verwaltungsrat. Es ergibt aber keinen Sinn, eine Obergrenze festzulegen, da man nicht weiß, wie viele Athleten mitgehen werden und man fängt früh an zu planen.“ So würde in Sachen T-Shirts auch einfach eine Reserve bestellt, ohne das Paris-Logo, das noch schnell aufgedruckt werden kann. Das, was hier übrig bleibt, kann so nämlich noch für andere Events, wie die Spiele der Kleinen Staaten, verwendet werden.
Was ist in der Tasche drin?
Für Sportler und Betreuer des Team Lëtzebuerg gibt es einen Koffer mit allem, was man in Sachen Kleidung für Olympia so braucht. Hierzu gehören die klassischen Sachen wie Jogging, Shorts, T-Shirts, Polo-Shirts, aber auch Hoodie, Daunenweste, Regenjacke, Käppi und zwei Paar Sneaker (eins für das festlichere Outfit sowie eins aus der Olympia-Kollektion von On). Des Weiteren gibt es einen Rucksack, eine Trinkflasche und eine Hygiene-Bauchtasche, in der es einen Mund-Nasen-Schutz, Desinfektionsmittel, eine Schlafmaske, aber auch Ohrstöpsel gibt. Für einen ungestörten Schlaf hat man bei den Sportlern etwas mehr investiert, sie bekommen sogenannte „Loop Earplugs“. Die Athleten dürfen frei entscheiden, was sie wann tragen wollen. Nur bei offiziellen Anlässen wird das Outfit vorgeschrieben, damit man als Mannschaft ein einheitliches Erscheinungsbild vorweisen kann.
Auch auf Tipps hat man gehört, wie Marie-Jo Ries betont: „Wir sind dem Wunsch der Sportler nachgekommen und es gab mehr T-Shirts.“ Und auch der Koffer fällt dieses Mal größer aus, dies auf Empfehlung des stellvertretenden Technischen Direktors Laurent Carnol, der sich genau das bei seinen Olympia-Teilnahmen gewünscht hätte.
Die große Unbekannte: Wie viele Athleten qualifizieren sich?
Es ist das, was Marie-Jo Ries die ganzen Olympia-Planungen am meisten erschwert hat: die Ungewissheit. Die letzten Athleten im Team Lëtzebuerg qualifizierten sich nämlich erst Anfang Juli, also vor rund drei Wochen. Pro qualifiziertem Athleten wächst die Delegation weiter, denn dieser bringt auch noch einen Trainer mit. Bei 15 Sportlern erhält man noch einmal eine Reihe mehr Akkreditierungen. Auch wie viele „Offices“ und „Medical Rooms“ einer Delegation zur Verfügung stehen, entscheidet sich über die Anzahl der Sportler. Inzwischen hat man Gewissheit, dass es 13 sind.
Doch viele Reservierungen mussten bereits vor über zwei Jahren gemacht werden. So etwa das Buchen der Hotelzimmer. Denn nicht jeder, der zur luxemburgischen Delegation gehört, darf auch im Olympischen Dorf übernachten. Und genau für diese Leute können im Vorfeld Zimmer reserviert werden, die von den Hotels vertraglich speziell für das Organisationskommittee zur Verfügung gestellt werden. „Ich musste unseren Bedarf bereits im Juni 2022 mitteilen. Zu diesem Zeitpunkt konnte sich noch niemand wirklich qualifiziert haben. Man kann also nur eine Idee haben, was gebraucht wird. Und für mich war es dieses Mal besonders schwer, weil mir hier die Erfahrung fehlte und es vor drei Jahren in Tokio wegen Covid ganz anders war.“
Hier hat die Verantwortliche für das „Games Management“ viel dazugelernt: „Beim nächsten Mal würde ich im größeren Stil denken und für jede Sportart, die infrage kommt, auch Zimmer an der jeweiligen Sportstätte reservieren.“ Denn was Ries nicht wusste, war, dass man die Zimmer noch bis September 2023 ohne Gebühren zurückgeben konnte. Auch das Reservieren der „Family and Friends“-Karten erfolgte schon im November 2022. „Auch hier wusste man noch nicht, wer sich qualifiziert und es ist auch ein finanzieller Punkt, denn die Karten kosten viel und man muss das Geld vorstrecken.“ Das Weitergeben dieser Tickets ist nämlich streng geregelt. Man darf sie nicht für mehr Geld verkaufen und muss genau darauf aufpassen, dass sie auch nicht teurer weiterverkauft oder für Gewinnspiele genutzt werden.
Akkreditierungen: Ein Jonglier-Spiel
Früh musste man sich beim COSL auch schon den Kopf über die Akkreditierungen zerbrechen, was am Ende einem Jonglier-Spiel gleichkam. Denn sie müssen nicht nur für Sportler, Betreuer sowie das COSL-Team beantragt werden, sondern auch für die Fortbewegungsmittel.
In diesem Fall ist Teamwork gefragt, denn Missionschef Raymond Conzemius und sein Stellvertreter Laurent Carnol entscheiden im Endeffekt, wer welche Akkreditierung bekommt. So gibt es Hauptakkreditierungen, die für die Athleten und den „Primary Team Official“ sind. „Als kleines Land sind wir bei Letzterem enorm eingeschränkt und wenn man eine solche zurückgibt, bekommt man stattdessen zwei ‚Additional Team Official’-Akkreditierungen.“ Und hier wird es dann interessant. „Die haben zwar kein Bett im Dorf, doch man hat dadurch eine Akkreditierung mehr und so kann man mehr Betreuer mitnehmen. Hier sind dann die Hotelzimmer wichtig, die man im Vorfeld buchen muss.“ Eine komplexe Sache, wie Marie-Jo Ries betont: „Da hat mein Kopf manchmal doch schon ganz schön geraucht. Es ist ein eigenes kleines Tetris.“
Für die Autos oder Transporter, die das COSL mitbringt, musste im Vorfeld dann auch noch ein „Vehicle Access Pass“ bestellt werden. Und auch hier gibt es Unterschiede, so sind „All Access“-Pässe zu haben, aber auch welche, die nur für bestimmte Sportarten gelten. „Uns war klar, dass die VAPS nicht wie Kuchen verteilt werden, weil es in Paris schon so eng ist.“ Dennoch war man überrascht, als man statt der beantragten drei nur zwei zugesprochen bekam. „Aber Länder wie Deutschland oder die USA, die wegen der Größe der Mannschaft viele angefragt haben, haben nur einen Bruchteil bekommen.“
Sogar für die Fahrräder im Olympischen Dorf sind Akkreditierungen nötig, denn einfach so damit rumfahren, darf man hier nicht. „Ich hatte drei bestellt und wir haben zwei bekommen. Da wir aber gute Beziehungen zu unseren deutschen Kollegen haben, die mehr als genug davon erhalten haben, haben sie uns gerne einige abgegeben.“
Was muss mit nach Paris?
Am 17. Juli machten sich Missionschef Raymond Conzemius und sein Team auf den Weg nach Paris. Neben den Medizinkisten und den Tischen der Physiotherapeuten hatte man beim COSL auch so einiges an Büromaterial, wie etwa Bildschirme für die Computer, im Gepäck. Auch an ein Wi-Fi-Netz hat man gedacht, für den Fall, dass das im Olympischen Dorf zu langsam sein wird, wenn erst mal alle Delegationen angereist sind. Damit man sich im Olympischen Dorf etwas wohler fühlt, wurden auch Liegestühle eingepackt sowie Fahnen, Sticker mit dem Roten Löwen oder Namensschilder für die Zimmer der Athleten. Das Olympische Dorf ist groß, da kommen pro Tag so einige Kilometer zusammen. Aus diesem Grund greift man beim COSL auf Fahrräder zurück, um die Distanzen hier schneller bewältigen zu können.
Auch wenn Paris nah ist, hat das COSL darauf verzichtet, alles selbst mit nach Paris zu nehmen. Bei Olympia gibt es für die Delegationen nämlich eine Rate-Card, mit der man Sachen bestellen kann. „Wir haben uns so zum Beispiel entschieden, keinen Fernseher mitzunehmen, sondern den über dieses System zu mieten. Auch haben wir einen Internet-Anschluss bestellt, falls das mit dem Wi-Fi-Netz überhaupt nicht klappen sollte.“
Marie-Jo Ries kommt es entgegen, dass ihre ersten Spiele, die sie alleine verwaltet, nicht etwa in Tokio sind, sondern fast vor der Haustür in Paris. So geht es dann auch nicht mit Flugzeug oder Zug in die französische Hauptstadt, sondern mit dem Crafter der Kollegen vom nationalen Radsportverband. „Hier können wir dann auch die Fahrräder schön sauber aufhängen.“ Zudem fuhren noch ein offizielles Auto des COSL sowie zwei Transporter mit – einer für die Botschaft und einer für das COSL-Team selbst. „Für den Fall, dass der Transport vor Ort nicht optimal funktionieren sollte, oder falls man schnell woanders hin muss.“
Arrival und Departure
Im Paris-System müssen die Ankunft und die Abreise jedes Athleten genau eingetragen werden. „So wird garantiert, dass jeder vom Bahnhof oder Flughafen abgeholt und auch wieder dorthin gebracht wird.“ Somit wird auch genau Buch darüber geführt, welcher Athlet wann im Olympischen Dorf anwesend ist. Patrizia van der Weken wird zum Beispiel für die Eröffnungsfeier anreisen, da ihr erster Einsatz aber erst eine Woche später ist, danach noch einmal nach Luxemburg zurückkehren, um unter ihren gewohnten Bedingungen trainieren zu können. Im Olympischen Dorf werden übrigens zuerst die großen Nationen verteilt, dann wird geschaut, wo die kleineren ihren Platz bekommen.
DOSB: Wenn Rat benötigt wird
Das luxemburgische Olympische Komitee hat eine gute Beziehung zu seinen Kollegen des Deutschen Olympischen Sportbundes, mit denen man sich regelmäßig austauscht. So kam es in der Vorbereitung dann auch immer wieder vor, dass Marie-Jo Ries hier um Rat fragte: „Es ist ein Team, das schon bei vielen Olympischen Spielen dabei war und demnach auch den Erfahrungswert besitzt. Es ist zwar eine andere Größenordnung, doch man kann es eigentlich gut auf Luxemburg herunterbrechen.“ Auch für einfache Fragen, etwa ob eine Truhe für Eis benötigt wird, konnte sich Ries an die Kollegen wenden. In diesem Fall gibt es diese vor Ort und sie muss nicht extra mitgenommen oder gemietet werden.
Paris: Vor der Haustür
Dass Olympia fast vor der eigenen Haustür stattfindet, macht es auch dem Team Lëtzebuerg um einiges einfacher. „Die Anreise ist leichter, die Währung ist die gleiche und auch die Mentalität, man funktioniert viel mehr auf einer Wellenlänge. Bei den Japanern wurde zum Beispiel nie direkt gesagt, wenn es ein Problem gab. Ein Vorteil ist auch, dass man die gleiche Sprache spricht.“ Auch „Quater Back Junior“, das Pferd von Nicolas Wagner, muss dieses Mal keinen langen Transport über sich ergehen lassen, sondern wird mit seinem Reiter kurz vor dem Medizin-Check anreisen. Der Rest der Sportler wird übrigens den TGV nutzen.
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