HB Esch / Enes Agovic hat eine lange Leidenszeit beendet: „Der Ehrgeiz ist größer als die Vernunft“
Zwei Wochen nach dem verlorenen Pokalfinale kommt es am Samstag (18.00 Uhr) für Enes Agovic und den HB Esch in der Handball-Meisterschaft zum Wiedersehen mit den Red Boys. Für den 31-Jährigen ist es erst das fünfte Spiel in dieser Saison. Nach einem Achillessehnenriss und einer langen Zwangspause gab Agovic nämlich erst kürzlich ein fulminantes Comeback.
„Jetzt reicht es. Das war das letzte Mal“, beschreibt Enes Agovic die Gedanken, die ihm vor knapp einem Jahr durch den Kopf schwirrten. Er hatte sich gerade im Ligaspiel gegen Käerjeng einen Achillessehnenriss zugezogen. „Es passierte beim Versuch, eine Kreuzung zu machen“, erinnert sich der Spieler des HB Esch genau an die Aktion. Der 31-Jährige war am Boden zerstört. Er musste eine lange Pause einlegen. Zum wiederholten Mal. Denn der Achillessehnenriss war nicht seine erste große Verletzung. Agovic hat eine lange Historie von Blessuren, die schon in der Jugend begann. „Mit 16 kam der erste Kreuzbandriss im rechten Knie. Danach hatte ich einen Leistenbruch rechts, dann kam das linke Kreuzband 2016. Es folgte erneut ein Leistenbruch und jetzt zweimal nacheinander die Achillessehne“, erinnert sich Agovic, der heute mit einem kleinen Lächeln darauf zurückblicken kann. „Es ist eine schöne Ansammlung von Narben. Ich habe mir bei jeder Verletzung geschworen, dass es die letzte war, sonst würde ich aufhören. Was soll ich sagen – der Ehrgeiz ist größer als die Vernunft.“
Auf den Körper hören
Besonders nach dem letzten Achillessehnenriss dachte Agovic allerdings intensiv über ein Ende der Leidenszeit durch ein Karriereende nach. „Ich dachte am Anfang darüber nach, aufzuhören. Besonders die ersten drei Monate sind richtig schwer, wenn man den Stiefel tragen muss. Mann darf den Fuß nicht aufsetzen und es tut alles immens weh. Da habe ich mich schon gefragt: Soll ich das Risiko eingehen und mir das wirklich noch einmal antun?“, erinnert er sich. „Die Rehabilitation war schwer, da es nicht das erste Mal war, dass ich die Achillessehne gerissen hatte. Das machte meinen Weg nicht gerade leichter. Gott sei Dank hatte ich super Physiotherapeuten. Bei ihnen muss ich mich immer wieder bedanken, dass sie mich wieder aufgebaut und motiviert haben, alles zu geben.“
Spätestens mit der Rückkehr auf die Zuschauertribüne kam aber auch die Lust am Handball zurück. Es fiel dem Linksaußen-Spieler zunehmend schwer, sich die Spiele als Zuschauer anzuschauen und nicht selbst eingreifen zu können. „Ich bin ein Teamplayer und von der Tribüne aus zuzuschauen und nicht helfen zu können, ist sehr hart“, sagt Agovic, der sich nach den ersten Monaten wieder körperlich langsam besser fühlte. „Im Laufe der Rehabilitation habe ich gemerkt, dass es besser läuft, als ich es erwartet hatte. Ich spürte keine Schmerzen mehr und merkte, dass es wieder geht. Ich entschied mich also dafür, weiterzumachen – aber nur, solange ich keine Schmerzen spüre. Ich muss auf meinen Körper hören. Wenn der mir einmal sagt, dass es nicht mehr geht und ich wieder Schmerzen habe, werde ich aufhören.“
Mit 16 kam der erste Kreuzbandriss im rechten Knie. Danach hatte ich einen Leistenbruch rechts, dann kam das linke Kreuzband 2016. Es folgte erneut ein Leistenbruch und jetzt zweimal nacheinander die Achillessehne.über seine lange Verletzungshistorie
Nachdem Agovic im Mai 2022 operiert wurde und eine erfolgreiche Rehabilitation durchlaufen hatte, nahm er sieben Monate später, im Dezember, wieder intensiver am Mannschaftstraining teil. Drei Monate danach schnupperte er erstmals wieder AXA-League-Luft. Am 18. März in Berchem saß der Spieler, der von seinen Teamkollegen als „wahrer Kämpfer“ beschrieben wird, erstmals seit elf Monaten wieder auf der Escher Bank – wurde allerdings noch nicht eingewechselt. Der erste Einsatz kam eine Woche später in Käerjeng.
Glänzendes Comeback
Dass Agovic lange verletzt war, merkte man in dem Spiel nicht. Der 31-Jährige spielte so, als ob er nie weg gewesen wäre und schlug ein wie eine Bombe. Er erzielte nach seiner Einwechslung ganze acht Tore und hatte damit großen Anteil an der Escher Rückeroberung der Tabellenführung. „Ich hatte mich lange auf mein Comeback vorbereitet. Dass es so gut gelaufen ist, freut mich sehr“, blickt er auf das Spiel gegen Käerjeng zurück, das Esch am Ende deutlich mit 35:26 gewann. Nach dem langen Weg zurück aufs Spielfeld hatte sich Agovic im Vorfeld erhofft, „dass mein Comeback in diesem Stil verlaufen würde. Ich wusste, welche Leistung ich in der Lage bin, abzurufen. Dass es so gut lief, hat mich dann aber doch selbst ein bisschen überrascht.“
Nach dem Höhenflug gegen Käerjeng folgte für die Escher alllerdings eine Woche später in der Coque ein Dämpfer im Pokalfinale gegen die Red Boys. Mit einem 32:28-Sieg gegen Berchem waren die Escher souverän ins Finale der Coupe de Luxembourg eingezogen, im Endspiel musste man sich im Siebenmeterwerfen aber schließlich geschlagen geben. Dabei sah es zwischendurch gut für das Team von Trainer Danijel Grgic aus, denn 23 Minuten vor Schluss führte man noch mit fünf Toren.
„Es ist schwer, so ein Finale zu verlieren und zu verdauen, wenn man alles selbst in der Hand hatte, dann aber in den wichtigen Momenten einfach nicht da war“, blickt Agovic auf die 33:35-Niederlage zurück. „Da hatten die Red Boys mehr Glück. Es fühlt sich irgendwie nicht richtig an, aber so ist das nun mal im Sport.“ Am Samstag bekommen die Escher nun die Gelegenheit, sich zu revanchieren. In der AXA League treffen sie zwei Wochen nach dem verlorenen Endspiel wieder auf Differdingen.
Das verlorene Finale abhaken
„Das Finale ist verloren, wir müssen es abhaken. Am Samstag konzentrieren wir uns wieder auf die Meisterschaft, in der wir ein Spiel nach dem anderen nehmen“, sagt Agovic, der weiß, was in der AXA League besser laufen muss als vor zwei Wochen: „Wir haben in der Coque ein super Match gemacht und waren über einen längeren Zeitraum das bessere Team. In der Defensive waren wir richtig stark und auch im Angriff waren wir phasenweise richtig gut. Danach hat uns unsere Chancenverwertung aber das Genick gebrochen. Das hat die Red Boys zurück ins Spiel gebracht. Wir haben viele einfache Bälle nicht verwertet.“ Das will man am Samstag besser machen.
Mit einem Sieg gegen die Red Boys wollen Agovic und seine Teamkollegen nämlich endgültig Kurs auf die Titelverteidigung in der Meisterschaft nehmen. Sie führen die Tabelle aktuell mit einem Punkt Vorsprung auf Käerjeng an. Die zwei Punkte gegen Differdingen wären wichtig, um vor dem HBK zu bleiben, der am Wochenende vor einem Pflichtsieg in Diekirch steht.
„Mein klares Ziel ist es, den Meistertitel zu holen. Dafür haben wir uns während der ganzen Saison den Hintern aufgerissen“, sagt Agovic: „Mein zweites Ziel lautet, das Ganze verletzungsfrei zu überstehen, um am Ende der Saison in Ruhe feiern zu können.“ Weitermachen will er auf jeden Fall. Diese Saison und auch die nächste. Wie es danach weitergeht, entscheidet sein Körper.
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