Kampfsportverband / FLAM: Judo, Karate und Taekwondo wollen sich vom großen Dachverband loslösen
Eine Neustrukturierung – so die offizielle Bezeichnung – wird den Mitgliedern der FLAM Mitte Juni vorgestellt. Konkret geht es darum, dass die drei größten Sportarten des Dachverbands in Zukunft auf eigenen Beinen stehen wollen. Judo, Karate und Taekwondo könnten zu eigenständigen Verbänden werden.
Tageblatt: Die Gerüchte, dass man sowohl im Karate als auch im Judo und Taekwondo in Zukunft auf eigenen Beinen stehen will, halten sich hartnäckig. Wie konkret sind die Pläne, drei neue, selbstständige Verbände zu gründen?
Serge Schaul (FLAM-Präsident): Es handelt sich um ein offenes Geheimnis. Die ersten Gespräche gab es schon vor vier Jahren, als ich FLAM-Präsident (er ist auch weiterhin Präsident der Judo-Sektion, d.Red.) geworden bin. Damals entstand diese Idee, sich von der FLAM zu lösen, gemeinsam mit den Leuten des Karate. Probleme tauchten beispielsweise bei der Postenverteilung im „Comité directeur“ auf. Zwei Jahre lang wurde zuletzt intensiv an diesem Dossier gearbeitet, Gespräche mit dem Sportministerium und dem COSL geführt. Anfangs wurde unsere Idee noch abgeblockt, aber inzwischen stoßen wir auf Verständnis. Trotzdem muss noch abgewartet werden, wie das Ministerium letztlich reagiert.
Karate und Judo haben Sie angesprochen. Wie sieht es mit dem Taekwondo als drittgrößte Sportart des Verbandes aus?
Der Taekwondo kam später zu den Diskussionen hinzu und ist mit in dieses Boot gesprungen. Es würde dann so aussehen, dass Judo, Karate, Taekwondo eigenständige Verbände wären und die FLAM mit ihren vielen kleinen Sportarten bestehen bleiben würde.
Sie haben die Probleme im „Comité directeur“ angesprochen. Das dürfte aber nicht der einzige Grund für so einen Schritt sein?
Derzeit sind 33 unterschiedliche Kampfsportarten in der FLAM vertreten. Das gibt es sonst nirgendwo auf der Welt. Allerdings sind wir alle unterschiedlich. Die drei Großen, sowie ein paar andere, bestreiten Wettkämpfe und sind olympisch, bei anderen handelt es sich um reine Kampfarten. Zudem hat jeder in diesem Verband andere Bedürfnisse. Das fängt schon bei den verschiedenen Bodenbelägen an. Dieses Problem war bereits bei der Verlegung der Matten in der Kampfsporthalle in Strassen aufgetreten. Warum sollten Fußball, Handball und Basketball nicht auch gemeinsam in einem Verband vereint sein – denn sie spielen ja auch alle mit einem Ball und in Shorts? Genauso erübrigt sich diese Frage bei uns: Jede der Kampfsportarten hat ihre Eigenschaften. Dort es gibt noch andere Argumente.
Zum Beispiel?
Die Organisation von Veranstaltungen in der Coque. Als Verband darf man jährlich eine gewisse Anzahl an Events dort organisieren. Wenn jeder von uns das Gymnase zwei bis drei Tage reserviert, sagt die Coque irgendwann, dass sie nicht nur für die FLAM zur Verfügung steht.
Es ändert doch nichts an der Belegung, wenn Karate, Judo und Co. die Coque später auf eigene Faust reservieren?
Das stimmt. Aber sie haben uns eben schon gesagt, dass die Belegung nicht nur für FLAM-Events vorgesehen wäre. Dieses Argument wäre also hinfällig.
Wie realistisch ist eine Umsetzung?
Im Artikel 2 des Gesetzes ist festgehalten, dass „ähnliche“ Sportarten in einem Verband vereint werden sollen. Das sind wir aber nicht.
Was wären die finanziellen Konsequenzen?
Bei Subsidien geht es in eine ähnliche Richtung wie bei der Coque. Dann heißt es: „Die FLAM hat ihren Anteil bekommen.“ Beim Personal sind wir auch beim Maximum von sechs Leuten angelangt, die uns das Ministerium finanziert. Aber wir bräuchten eigentlich mehr. Anderthalb Posten mehr bei den Nationaltrainern, ein weiterer „Directeur technique“ und ein halber Posten beim Sekretariat würden bei unseren Plänen einer Neuaufstellung alle Anfragen abdecken. Über diese Wünsche lässt sich noch diskutieren. Vielleicht gab es beim COSL und dem Sportministerium Ängste, dass zehn zusätzliche Leite eingestellt werden müssten, aber das ist absolut nicht der Fall. Die aktuellen Strukturen sind bereits sehr gut.
Der andere große Punkt, den man noch erwähnen muss, sind die juristischen Bedingungen. Die FLAM ist eine ASBL, die jeweiligen Sportarten aber nicht. Das bedeutet, dass automatisch der Präsident vor Gericht erscheinen muss, wenn es dazu kommt. Dann stellt sich wiederum die Frage, warum die FLAM als Ganzes beispielsweise für die Probleme des Karate aufkommen soll, wie es sie bereits gegeben hat. Zahlt die Allgemeinheit oder eine Sportart? Wir haben nach Lösungen gesucht, doch über das Budget ist es nicht möglich und eine spezielle Versicherung gibt es dafür auch nicht.
Das klingt eher nach dem Prinzip „zu viele Köche verderben den Brei“.
Unsere Entscheidungswege sind unheimlich lang, weil das „Comité directeur“ alles absegnen muss. Entscheidet man im Taekwondo, fortan eine andere Farbe für die Hosen zu wählen, dauert das Monate, bis das Thema abgehakt ist. Es stellt sich auch die Frage, warum spartenübergreifend Entscheidungen getroffen werden sollen. Unser Vorstand ist auf 25 Personen angewachsen. Es ist unmöglich, unter diesen Umständen eine Versammlung zu führen. Momentan sind nur noch zwei Vertreter pro Sportart bei den Versammlungen dabei. Trotzdem sitzen wir manchmal drei Stunden an einem Punkt der Tagesordnung.
Als Präsident ist es unmöglich, diesen Verband zu führen. Man muss bei jedem Einstellungsgespräch dabei sein – obwohl ich mich wirklich nicht mit den Bedürfnissen der anderen Sportarten auskenne. Wenn ich als Präsident nach Unterstützung beim Sportministerium frage – z.B. um einen weiteren Posten zu besetzen –, erwarten mich nur Probleme: Wer hat Anrecht auf diesen neu geschaffenen Posten? Die Leute aus deiner eigenen Sparte steinigen dich, wenn du dich nicht komplett für sie einsetzt – und genauso ist es bei den anderen eben auch.
Kann man bei Sponsoren nicht stärker auftreten, wenn man mit einer hohen Mitgliederzahl werben kann?
Das Karate bekommt für seine Topathleten Autos zur Verfügung gestellt. Da kocht jeder seine eigene Suppe. Wenn man für die FLAM angefragt hätte, wäre es vielleicht nur ein Wagen geworden. Wir sind einfach zu groß geworden. Anderes Beispiel, was die Finanzen angeht: Wir haben ein Programm für digitale Lizenzen gekauft. Jetzt beschweren sich die kleinen Sportarten, dass sie etwas mitfinanzieren, das sie nicht brauchen.
Was spricht gegen die Pläne?
Ich kann mir vorstellen, dass man beim COSL befürchtet, andere Verbände könnten nachziehen. Da gibt es allerdings Lösungen, wie klare Richtlinien, was die Lizenzzahlen angeht. Wenn man drei Sportarten aus der FLAM entfernt, bleiben noch 30 – mit immerhin 2.500 Lizenzen. Diese Leute hatten bislang nie eine Chance, mitzureden.
Wie schnell kann dieser Neubeginn umgesetzt werden?
Sämtliche Konventionen müssten neugeschrieben werden, was mit viel Arbeit verbunden ist. Das passiert nicht in drei Monaten. Die Statuten sind auf dem neuesten Stand der Dinge, was es vereinfacht, einen neuen Verband zu gründen. Am 15. Juni möchten wir unsere Mitglieder bei der Generalversammlung informieren und ihnen die Möglichkeit geben, Fragen zu stellen. Noch dieses Jahr soll es dann eine außerordentliche Sitzung mit einer Abstimmung geben. Die internen Gespräche verliefen bislang alle positiv. Ich bin bereit dazu, die FLAM weiter zu unterstützen. Ich lasse niemanden im Regen stehen.
Hat man als Judo, Karate oder Taekwondo später den gleichen Einfluss?
Jein. Du kannst auch 15.000 Lizenzen haben und niemanden zu einer WM bringen. Die 7.500 sagen nicht viel aus, denn viele identifizieren sich nicht mit der FLAM. Wie wäre es sonst möglich, dass wir bei einer AG nicht genug Menschen vereinen?
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