US Open / Fragen um Djokovic - Frühes US-Open-Aus als Ende der Ära?
Knapp einen Monat nach seinem Olympia-Triumph scheitert Novak Djokovic bei den US Open so früh wie seit 2006 nicht mehr. Der energielose Auftritt lässt Zweifel aufkommen.
Novak Djokovic sah müde aus. Gegen Mitternacht strich der 37 Jahre alte Superstar nach dem schmerzhaft frühen Aus bei den US Open immer wieder mit den Fingern über seine Augen und ging schonungslos mit sich ins Gericht. „Es war ein schreckliches Match von mir“, sagte der erfolgreichste Profi der Tennis-Geschichte. „Ich habe teils mein schlechtestes Tennis jemals gespielt, so schlecht aufgeschlagen wie nie.“
Die Außergewöhnlichkeit der 4:6, 4:6, 6:2, 4:6-Niederlage in der dritten Runde gegen den Australier Alexei Popyrin lässt sich am einfachsten mit einigen historischen Wegmarken einordnen: Djokovic scheiterte so früh bei den US Open wie seit 2006 nicht mehr. Erstmals seit 2017 wird der Rekord-Grand-Slam-Turniersieger eine Saison ohne Triumph bei einem der vier größten Turniere beenden. Und es könnte für ihn sogar das erste Jahr ohne Titel auf der ATP-Tour seit 2005 werden. „Ich hatte kein Benzin mehr im Tank“, resümierte Djokovic.
Dies überraschte auch die Konkurrenz. So auch Alexander Zverev, als er bei seinem eigenen Achtelfinaleinzug auf der riesigen Leinwand im Louis Armstrong Stadium das Aus von Djokovic sah. „Er war während seiner ganzen Karriere immer einer der fittesten auf der Tour“, sagte der Deutsche, der nach dem Aus von Djokovic und zuvor Alcaraz nun als einer der Favoriten auf den Titel zählt.
„Nachdenken, was ich als Nächstes tue“
Die New York Times umschrieb die unvermeidliche Frage, die man sich angesichts des energielosen Auftritts stellen muss: „Vater Zeit ist ungeschlagen. Im Alter von 37 könnte es vielleicht der Moment sein, der immer kommen musste.“ Wird die Ära von Djokovic als jahrelangem Dominator der Tennisszene bald enden? Und damit endgültig auch die Zeit der großen Drei des modernen Tennissports, mit dem längst zurückgetretenen Roger Federer und Rafael Nadal, der kurz vor der Rente steht? Gemeinsam holte das Trio 66 Grand-Slam-Titel.
Djokovic verlor diese Saison bei den Australian Open im Halbfinale, zog vor dem Viertelfinale der French Open zurück, um sich am rechten Knie operieren zu lassen, und unterlag anschließend Carlos Alcaraz im Wimbledon-Endspiel.
Vor nicht einmal einem Monat hatte Djokovic jedoch mit dem erstmaligen Olympia-Triumph in Paris noch die Vollendung seiner unvergleichlichen Karriere gefeiert – und das wichtigste Ziel seiner Saison erreicht. „Falls das das Jahr ist, in dem ich nur Gold gewinne, akzeptiere ich das – ich habe mein ganzes Leben darauf gewartet“, sagte Djokovic in New York. „Es fühlt sich an wie die schwächste Saison mit Blick auf meine Resultate seit 15 Jahren, aber so ist es nun mal.“
Die Rekord-Zahl der 24 Titelgewinne bei Grand-Slam-Turnieren wird fürs Erste unerreicht bleiben. Ob noch Nummer 25 dazukommen wird? „Es ist schwierig, gerade das große Bild anzuschauen“, sagte Djokovic auf die Frage nach der Würdigung seiner Errungenschaften. „Morgen ist ein neuer Tag und ich werde darüber nachdenken, was ich als Nächstes tue.“
„Dieser Sport ist unvorhersehbar“
Nach ein paar Tagen Pause in Belgrad steht dort Mitte September das Duell im Davis Cup mit Griechenland an. Dazu wird sich Djokovic einen Auftritt beim Show-Turnier Six Kings Slam in Saudi-Arabien im Oktober gut bezahlen lassen. Um die Qualifikation für die ATP Finals wird er ungewohnter Weise zittern müssen.
Die Teilnahme für den Jahresabschluss der acht besten Profis der Saison im November in Turin hat der Spanier Carlos Alcaraz bereits fast sicher. Doch auch der 21-Jährige – in Paris gegen Djokovic im Olympia-Finale unterlegen – scheiterte bei den US Open sensationell in der zweiten Runde und sprach ebenfalls über fehlende Energie.
„Das zeigt, dass dieser Sport unvorhersehbar ist“, sagte der Weltranglistenerste Jannik Sinner aus Italien über das Scheitern der beiden Favoriten. „Wenn du nur ein kleines bisschen nachlässt, ob mental, physisch oder in deinem Tennisspiel, hat das am Ende einen großen Einfluss auf das Resultat.“ (dpa)
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