Fußball / BGL Ligue: Ein Trio für die Krone
Spannender geht’s nicht: Drei Teams haben zwei Spieltage vor Saisonschluss noch die Möglichkeit, sich die Krone aufzusetzen und das Champions-League-Ticket zu lösen. Ein Blick auf unterschiedliche Saisonverläufe, Formkurven und das Restprogramm des F91 Düdelingen, Swift Hesperingen und Fola Esch.
So richtig klar und deutlich hat sich in der zweiten Corona-Saison niemand die Mission Titelgewinn auf die Fahne geschrieben – zumindest außerhalb der Kabine. Alle drei Vereine hatten aus diversen Gründen eine Qualifikation für den Europapokal als Ziel ausgegeben und inzwischen auch erreicht. Fakt ist aber auch, dass wohl niemand, der zehn Tage vor Saisonende so nah dran ist, nicht gerne auf Platz eins abschließen würde. Inmitten von hartnäckigen Transfergerüchten und einem sich drehenden Trainerkarussell geht es jetzt ums Ganze. Besonders aus finanzieller Sicht ist das Ticket für die Champions League nämlich interessant: Eine zweite Runde (sei es in der Königsklasse oder in der Conference League/Meisterweg) ist garantiert.
Dass Swift Hesperingen ein Titelkandidat war (und ist), daran zweifelte schon vor Beginn dieser Saison niemand. Die von Investor Flavio Becca neu formierte Truppe wurde nämlich mit genau diesem Gedanken zusammengestellt. Die einzige Frage war, wie schnell die hochkarätige Besetzung sich als geschlossene und eingespielte Einheit präsentierte könnte. Doch aller Anfang ist schwer – und stürmisch. Im Oktober endete die Zusammenarbeit mit Jeff Strasser, der wiederum von Pascal Carzaniga ersetzt wurde. Wirbel gab es bereits eine Woche später, als der neue Coach das Handtuch geworfen haben soll und Gerüchte über ausgebliebene Lohnzahlungen die Runde machen.
Mittlerweile dürfte auf dem „Holleschbierg“ niemand mehr verneinen, dass die lange Corona-Winterpause zum günstigsten Zeitpunkt kam. 2021 präsentierte sich nämlich ein komplett anderes Bild. Der Swift fuhr satte 50 von möglichen 60 Punkten ein. Die Carzaniga-Elf (dessen Nachfolger übrigens noch nicht bekannt ist) wäre nach der Spora (1957) erst das zweite Team, das als Aufsteiger auch Meister wird.
Auf dem Programm stehen ein Heimspiel gegen Rodange sowie eine Auswärtspartie in Differdingen. Dass keiner dieser beiden Vereine sich trostlos in die Sommerpause verabschieden will, wurde in den vergangenen Tagen deutlich: Kellerkind Rodange fügte der Fola die dritte schmerzhafte Niederlage in drei Wochen zu, Déifferdeng 03 nutzte sein Nachholspiel, um am Mittwoch an Wiltz vorbeizuziehen.
Ein Sieg mehr
Deutlich weniger Spannungen und Turbulenzen als auf dem „Holleschbierg“ erlebten die beiden anderen Titelkandidaten – obschon man zu diesem späten Zeitpunkt der Meisterschaft nicht mehr unbedingt mit dem F91 Düdelingen an Platz eins gerechnet hätte. Der Gürtel musste im vergangenen Sommer finanziell enger geschnallt werden und die Rede war eher von Umbruch und Conference League als von Königsklasse. Für diese neue Post-Becca-Ära holte man sich Carlos Fangueiro ins Boot, der mit seiner „Kriegermentalität“ gleich sieben Siege in Serie einfuhr, inklusive einer einwöchigen Quarantäne.
Mit vier Saisonniederlagen, darunter einem Schiffbruch beim 0:5 gegen Fola Esch und einem 2:3 gegen Hesperingen in der Rückrunde, bleibt dieser eigentlich unerwartete Titel dennoch in Reichweite. Mehr als das: Der Leader hat einen Sieg mehr als die Hesperinger eingefahren, was in der Endabrechnung von großer Bedeutung sein könnte (siehe Kasten).
Am Samstag werden die „guerriers“ im „Pëtz“ erwartet, zum Abschluss gastiert RM Hamm Benfica in Düdelingen. Neben den verletzungsbedingten Ausfällen (Muratovic, Morren, Agovic) muss der F91 heute auch auf Stürmer Adel Bettaieb verzichten, der gesperrt ist. Der 24-Jährige war in den letzten Wochen zur Hochform aufgelaufen und hatte am Sonntag einen Dreierpack zum Erfolg in Strassen beigesteuert.
Ein Derby zum Schluss
Nummer drei der erfolgshungrigen Kandidaten ist die Fola Esch, allen voran Zachary Hadji. Der aktuelle Topscorer der BGL Ligue hat die Bestmarke von Samir längst geknackt und die Rolle des „kleinen Bruders“ abgelegt. Die Trophäe des besten Torschützen der Saison dürfte ihm nicht mehr zu nehmen sein. Lange sah es auch so aus, als könnten die Escher nach dem „Covid-Titel“ eine Wiederholung (mit offiziellem Titel) hinlegen: Noch am 23. Spieltag lag die Fola mit vier Punkten (und einem Spiel weniger) in Front. Mondorf, Etzella und Rodange, drei Teams aus dem Tabellenkeller, feierten nicht eingeplante Erfolge gegen die Mannschaft von Sébastien Grandjean, die damit innerhalb des Monats Mai alle Joker verprasst hat.
Davor gab es allerdings eine stattliche Serie: Vom 23. September bis zum 2. Mai waren die Escher ungeschlagen. Es war wohl die beste Reaktion, die sich Trainer Sébastien Grandjean im Spätsommer nach dem traumatischen Erlebnis bei Ararat-Armenia eine Woche zuvor hätte wünschen können. Der neue Mann an der Seitenlinie stand dabei vor einer schweren Aufgabe, denn Leistungsträger wie Ken Corral, Corentin Koçur oder Gérard Mersch waren transferiert worden. Doch der Erfolg bei seiner Strasser-Nachfolge gab ihm recht. Inzwischen hat Hadji eingeschlagen wie eine Bombe, Dejvid Sinani feiert seine erfolgreichste Saison als Torschütze und Diogo Pimentel hat nach seiner ersten Station bei einem Titelkandidaten gleich das Interesse von Greuther Fürth geweckt.
Den Eschern ist im Schlussspurt die Luft ausgegangen ist, für den belgischen Coach gibt es aber keine Gründe für Schwarzmalerei. Auch die Fola kann im Optimalfall noch Meister werden, hat aber mit Déifferdeng 03, Wiltz und zum Abschluss einem Derby beim Rivalen Jeunesse ein brutal schweres Restprogramm. Wie es sich anfühlt, einen Champion-Titel auf der „Grenz“ zu feiern, wissen Thomas Hym, Billy Bernard, Julien Klein und Stefano Bensi aber bereits: Das haben sie 2013 bekanntlich am vorletzten Spieltag schon einmal erlebt …
Jedenfalls kann man sich bereits jetzt darauf einstellen, dass die Smartphones und Live-Ticker am letzten Spieltag heißlaufen werden.
Rechenspiele ohne Ende
Halten Sie Ihre Taschenrechner bereit … Man stelle sich nämlich jetzt vor – was immerhin nicht ganz abwegig ist –, dass sowohl Swift als auch F91 und Fola in ihren zwei verbleibenden Spielen (bzw. drei für die Escher) Siege einfahren würden: Dies hätte zur Folge, dass am nächsten Wochenende gleich drei Teams mit 68 Punkten an der Tabellenspitze stehen würden. Der Titel geht in diesem Fall an die Mannschaft mit dem besten Torverhältnis. Doch auch hier herrscht noch absolute Spannung: Hesperingen und Düdelingen stehen derzeit mit +40 da, die Escher mit +41 (und haben noch ein Nachholspiel, um diese Statistik aufzupolieren). Kann noch immer kein Meister ausgemacht werden, folgt als nächster Schritt die Anzahl der Siege – was wie im Moment ein Nachteil für die Swift-Elf bleiben würde.
Restprogramm
F91: Wiltz (A, 22.5.), RM Hamm B. (H, 30.5.)
Swift: Rodange (H, 22.5.), Déifferdeng 03 (A, 30.5.)
Fola: Déifferdeng 03 (H, 22.5.), Wiltz (H, 26.5.), Jeunesse (A, 30.5.)
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