Benfica-Akademie in Hamm / Die kleinen Adler und der rote Faden
Bernardo Silva, João Felix oder Nelson Semedo. Benfica Lissabon hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der besten Fußballschulen der Welt gemausert. RM Hamm Benfica will auf diesen Zug aufspringen und hat im vergangenem September seine eigene Benfica-Akademie ins Leben gerufen. Mit dem Wissen aus Portugal sollen in Zukunft die Talente aus Luxemburg eine hochwertigere Ausbildung erhalten.
Versuche, eine langfristige und fruchtbare Zusammenarbeit mit einem ausländischen Profiverein aufzubauen, gab es hierzulande schon einige. Sie haben eins gemeinsam: Sie sind alle gescheitert. Auch RM Hamm Benfica gehörte lange zu den Gescheiterten. Seit der Fusion 2005 versucht die Mannschaft aus der Hauptstadt, eine Verbindung zum „Mutterverein“ aufzubauen. Mehr als ein Testspiel gegen den portugiesischen Rekordmeister und ein paar Auftritte von sogenannten Botschaftern wie die des mittlerweile verstorbenen Weltstars Eusebio sprangen dabei aber nicht heraus.
Mit der Akademie soll nun alles anders werden. Tony da Costa, der immer mal wieder Sportdirektor beim BGL-Ligue-Verein war, Trainer Nelson Rodrigues und Scout Miguel Pinheiro haben sich zum Ziel gesetzt, die Verbindung zum Lissabonner Großklub zu stärken und träumen davon, „den nächsten Pjanic“ auszubilden.
RM Hamm Benfica hat seine Ausbildung des Nachwuchses quasi ausgegliedert. Die etwas mehr als 300 Jugendlichen und Kinder, die in zwölf Mannschaften antreten, sollen mit dem Wissen der Benfica-Fußballschule gefüttert werden. „Wir wollen die Methodik von Benfica übernehmen und damit für eine bessere Ausbildung sorgen. Mein Traum war es schon immer, eine Fußballschule zu eröffnen, es gibt so viel Talent in Luxemburg“, sagt Tony da Costa.
Verantwortlich für die Umsetzung dieser Philosophie ist Igor Santos. Finanziert wird der Koordinator vom „Mutterverein“. Weitere drei Trainer kamen vor ein paar Monaten aus Portugal nach Luxemburg. Alle anderen Übungsleiter sollen regelmäßig beim Verein aus der Primeira Liga eine einwöchige Ausbildung bekommen, um sich mit dem „roten Faden“ anzufreunden.
Die Strategie des portugiesischen Rekordmeisters besteht darin, sein Netzwerk auf der Welt zu vergrößern. Akademien gibt es bereits in den USA, Kanada, Ägypten, der Ukraine, Brasilien und den ehemaligen portugiesischen Kolonien wie Angola oder Macau. Bald wollen die „Aguias“ (portugiesisch für Adler) auch ihren Platz in Italien und Frankreich einnehmen.
Auch für die Nachwuchstalente aus Luxemburg wird sich die Welt öffnen. „Es ist deutlich einfacher, als Benfica-Akademie an einem Turnier teilzunehmen, als mit einem luxemburgischen Verein“, sagt Miguel Pinheiro. Im September wird der erste RMHB-Jugendspieler für ein Probetraining nach Lissabon reisen. „Dadurch, dass wir die Methoden aus Lissabon anwenden, haben unsere Spieler es leicht, sich bei einem solchen Test zu integrieren“, erklärt Nelson Rodrigues.
Über mangelnden Zuwachs können sich die kleinen „Adler“ nicht beschweren. In den vergangenen Wochen haben – trotz Corona-Krise – gleich 30 Kinder eine Lizenz beim Hauptstadtverein beantragt. Beschwerden, dass die Benfica-Akademie anderen Klubs die Talente abwerben würde, lassen die Verantwortlichen nicht gelten. „Wir interessieren uns für die Kinder und die Kinder interessieren sich für uns. Sie sehen unsere Akademie als Tür ins Ausland. Wir bieten ein seriöses Training an und das gefällt eben vielen Kindern“, glaubt Rodrigues. Pinheiro fügt an: „Die anderen Vereine müssen wissen, warum die Kinder sie verlassen. Wir werben jedenfalls keinen ab.“
Die Spieler, die auf dem neuen Kunstrasen in Hamm ihre Trainingseinheiten absolvieren, kommen aber nicht nur aus der Hauptstadt. „Wir haben Jungs aus Metz, Hosingen, Diekirch oder dem Süden des Landes. Es gibt sogar Spieler, die eigentlich Fans des FC Porto oder von Sporting Lissabon sind“, sagt da Costa.
Überzeugen sollen die neuen Mitglieder neben dem „roten Benfica-Faden“ auch die Rahmenbedingungen. Physiotherapeuten, Osteopathen und Ernährungsberatung gehören zum Konzept. Über erste Resultate wollen die Verantwortlichen noch nicht sprechen. „Das Programm läuft erst seit September und dazwischen war eine dreimonatige Corona-Pause. In drei oder vier Jahren werden wir hoffentlich die ersten Früchte unserer Arbeit ernten“, sagt Pinheiro.
Spätestens dann wird auch festehen, ob RM Hamm Benfica wieder zu den Gescheiterten gehört oder ob sie es als erster Verein in Luxemburg fertiggebracht haben, eine dauerhafte Verbindung mit einer der besten Fußballschulen Europas herzustellen.
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