Fußball-Europapokal / (K)ein Geldregen?
Eine Teilnahme an der Champions und Europa League ist für die Vereine aus der BGL Ligue mit einem Geldregen gleichzusetzen. Das Prämiensystem der Europäischen Fußball-Union UEFA steht derzeit jedoch wegen ausstehender Einnahmen auf der Kippe.
Am Dienstagmittag teilte der nationale Fußballverband FLF der UEFA mit, dass Fola Esch, Progrès Niederkorn, FC Déifferdeng 03 und Union Titus Petingen den luxemburgischen Fußball in der kommenden Saison im Europapokal vertreten werden. In Folge der Corona-Krise war eine Fortsetzung der Meisterschaft nicht mehr möglich, weshalb die vier bestplatzierten Teams für die Champions und Europa League ausgewählt wurden.
Tabellenführer Fola Esch wird zwar in der Königsklasse antreten, bekam den Titel als Meister jedoch nicht zugesprochen. Der „Doyenne“ droht aber auch eine kleinere Antrittsprämie als in den Jahren zuvor. Laut Einnahmeverteilung für die Saison 2019/20 hätte der Verein von Präsident Mauro Mariani in der ersten Qualifikationsrunde eine Solidaritätszahlung von 280.000 Euro und eine sogenannte Meisterprämie (nur bei Nicht-Erreichen der Gruppenphase) in Höhe von 230.000 Euro kassiert. In der Europa League gibt es in der ersten Runde 240.000 Euro für jeden Teilnehmer. Die Meisterprämie droht laut FLF-Generalsekretär Joël Wolff nicht wegzufallen, obwohl die Fola nicht offiziell zum Titelträger Luxemburgs ernannt wurde: „Wir haben die Fola für die Champions League angemeldet und die UEFA fragt nicht danach, wer Meister ist. Die Teilnahme ist ausschlaggebend. Allerdings weiß derzeit keiner, ob diese Gelder auch in der bisher bekannten Höhe ausgezahlt werden können.“
Schuld daran ist die Corona-Krise. Die Endphase der internationalen Wettbewerbe droht auszufallen und dies hinterlässt ein großes Loch in den Kassen des Kontinentalverbandes. Die Bruttoeinnahmen aus allen europäischen Wettbewerben beliefen sich vergangene Saison auf rund 3,25 Milliarden Euro. Davon sollten im laufenden Fußballjahr 2,55 Milliarden Euro an die teilnehmenden Vereine ausgeschüttet werden. Der Löwenanteil dieser Einnahmen wird durch die Vermarktung der Topspiele in den jeweiligen Wettbewerben erzielt – die in diesem Jahr noch ausstehen. Die Europameisterschaft 2020 – die bereits auf Sommer 2021 verschoben wurde – sollte rund 2,1 Milliarden Euro einbringen. „Keiner weiß so recht, wie es weitergeht, der finanzielle Verlust durch den möglichen Ausfall des Europapokals wäre enorm“, sagt Joël Wolff, der in den vergangenen Wochen ständig mit der UEFA in Kontakt stand. Der FLF-Generalsekretär geht sogar von schlimmeren Folgen aus: „An den UEFA-Geldern hängt ein riesiger Rattenschwanz. Wenn die UEFA finanzielle Probleme bekommen sollte, dann werden auch verschiedene Verbände und Vereine mit leeren Händen dastehen. Der Bankrott droht.“
An den UEFA-Geldern hängt ein riesiger Rattenschwanz. Wenn die UEFA finanzielle Probleme bekommen sollte, dann werden auch verschiedene Verbände und Vereine mit leeren Händen dastehen. Der Bankrott droht.FLF-Generalsekretär
Die UEFA hatte ihren 55 Mitgliedsverbänden zuletzt dringend empfohlen, die derzeit ausgesetzte Saison zu beenden. Bis zum 25. Mai haben die Verbände Zeit, über die Fortsetzung der Saison zu entscheiden. Wegen der aussichtslosen Situation hat die FLF bekanntlich bereits am Dienstag entschieden, die Saison 2019/20 für beendet zu erklären. Allerdings muss dies noch von der UEFA bestätigt werden. Die französische Ligue 1 steht kurz davor, abgebrochen zu werden, während die deutsche Bundesliga – die mit einem Verlust von 750 Millionen Euro bei Abbruch rechnet – derzeit eher über eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs diskutiert. Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat bereits den Beschluss gefasst, dass am 9. Mai in der 2. Bundesliga wieder der Ball rollen soll.
Abspeckung möglich
Auch die Teilnahme der luxemburgischen Vereine am Europapokal ist noch nicht endgültig gesichert. Das Dossier mit den vier Vereinen wurde von der Europäischen Fußball-Union zwar angenommen, wie die Wettbewerbe aussehen werden, entscheidet sich aber wohl erst in den kommenden Wochen. Die UEFA will unbedingt noch die Champions und Europa League zu Ende spielen. Auch und vor allem wegen des finanziellen Aspekts. Zwangsläufig verschieben sich alle anderen Wettbewerbe nach hinten. Sollte der Ball später als erwartet wieder rollen, wäre auch ein Abspecken der Europapokalwettbewerbe 2020/21 möglich. Dies könnte bedeuten, dass die ersten Qualifikationsrunden gestrichen werden und nur die besser platzierten Nationen in den Genuss der internationalen Spiele kommen. Nach aktuellem Stand der Dinge soll die erste Qualifikationsrunde der Europa League am 28. Juli beginnen. „Das werden wir aber wohl kaum hinbekommen“, sagt Joël Wolff. In den Jahren davor fand der Auftakt der internationalen Saison immer Ende Juni statt.
Sondergenehmigung beantragt
Bei der FLF wird derzeit noch nicht für kommende Saison geplant. „Es hat keinen Sinn, Woche für Woche neue Entscheidungen mitzuteilen. Derzeit weiß keiner, wann wieder gespielt werden kann“, erklärt Wolff. Der BGL-Ligue-Auftakt findet traditionell in der ersten Augustwoche statt. Vor einer Woche hatte Sportminister Dan Kersch jedoch mitgeteilt, dass alle Sportstätten bis zum 31. Juli geschlossen bleiben. Bleibt es bei dieser Entscheidung, könnte die BGL Ligue erst Anfang bis Mitte September angepfiffen werden, denn die Vereine werden wohl kaum freiwillig ohne eine vernünftige Vorbereitungsphase (sechs bis acht Wochen) in die Saison starten wollen.
Zu einem Engpass im Kalender würde dies nicht führen – obwohl in der kommenden Saison 16 statt bisher 14 Mannschaften in der Eliteklasse antreten werden. Bedingt durch die Corona-Krise gibt es keinen Absteiger und Hesperingen sowie Wiltz stoßen aus der Ehrenpromotion hinzu. „Unsere Winterpause dauert drei Monate. Es wäre kein Problem, genügend Termine zu finden“, sagt Wolff. Die FLF erwägt, in den kommenden Wochen eine Sondergenehmigung zu beantragen, damit die Fußballvereine den Trainingsbetrieb noch vor dem 31. Juli aufnehmen können.
Dass die ersten Spiele ohne Zuschauer ausgetragen werden könnten, ist derzeit sehr wahrscheinlich. Auch die Nations League im Herbst, in der Luxemburg gegen Montenegro, Aserbaidschan und Zypern antreten soll, könnte vor leeren Rängen ausgetragen werden. „Es ist eine Frage der Verantwortung“, sagt Wolff.
In schlechter Erinnerung bleibt die Partie in der Königsklasse zwischen Atalanta Bergamo und dem FC Valencia am 19. Februar. Das Duell gilt als „partita zero – Spiel null“ und soll zu einer Explosion des Coronavirus in Italien geführt haben. Ein weiteres Szenario mit gleichem Ausmaß soll in den kommenden Wochen und Monaten mit aller Macht verhindert werden.
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