/ Kopf des Tages: Clemens Tönnies, zwischen Rassismus und Ruhepause
Schalke-Boss Clemens Tönnies steht nach seinen rassistischen Äußerungen mit dem Rücken zur Wand. Der Ehrenrat der Königsblauen beschäftigte sich am Dienstag mit dem Vorfall. Clemens Tönnies gilt als Geheimtipp für jede Party. Zu vorgerückter Stunde schmettert der Boss gerne das eine oder andere Lied und beweist dabei durchaus Entertainer-Qualitäten. „Musik ist meine große Leidenschaft. Vielleicht hätte ich kein einziges Schwein geschlachtet, wenn ich da drangeblieben wäre“, sagte er einmal dem Westfalen-Blatt.
Das ist die eine Seite des 63 Jahre alten Fleisch-Großfabrikanten, dessen zweite Leidenschaft neben den Schlagern der Fußball-Bundesligist Schalke 04 ist. Das Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich dich“ singt Tönnies stets voller Inbrunst mit. Er gibt sich gerne volksnah, verfolgt Spiele seines Herzensklubs schon mal in der Fankurve. Und der Boss sucht auch demonstrativ die Nähe zu den Schalker Stars, gibt sich ihnen gegenüber jovial und integrierend. „Komma her, wat stehste inne Ecke“, rief Tönnies nach dem DFB-Pokal-Triumph gegen den MSV Duisburg im Jahr 2011 beispielsweise dem spanischen Weltstar Raul zu, der sich ein wenig abseits gehalten hatte.
Selbstbestrafung
Aber ausgerechnet Tönnies, der in seiner westfälischen Heimat Rheda-Wiedenbrück ein Imperium mit 16.500 Mitarbeitern leitet und dessen Privatvermögen von Forbes auf rund 2,2 Milliarden Euro taxiert wird, hat sich eine üble rassistische Entgleisung geleistet. Tönnies hatte am Donnerstag vergangener Woche bei der Festveranstaltung zum „Tag des Handwerks“ in Paderborn eine Rede zum Thema „Unternehmertum mit Verantwortung – Wege in die Zukunft der Lebensmittelerzeugung“ gehalten. Der Schalke-Boss empfahl dabei die Finanzierung von Kraftwerken in Afrika und sagte: „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren.“ Es folgte vergangenen Freitag eine öffentliche Entschuldigung von Tönnies, die allerdings nichts an dem Shitstorm, der auf ihm niederging, änderte. Am Dienstag beschäftigte sich der fünfköpfige Schalker Ehrenrat mit den skandalträchtigen Aussagen Tönnies‘.
Eine knappe Stunde vor Mitternacht brauste Tönnies in seinem silbergrauen Mercedes mit Fahrer davon. Der mächtige Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 kam bei der viereinhalbstündigen Sitzung des Ehrenrates mehr als glimpflich davon: Keine Rote Karte für den Klub-Patron, kein Vereinsausschluss, nur eine selbst gewählte mehr symbolische Sanktion. Der Rassismus-Vorwurf gegen Tönnies sei unbegründet, verkündete der Ehrenrat. Der 63-jährige Tönnies formulierte selbst das Ausmaß seiner „Bestrafung“: Er lässt seinen Posten drei Monate ruhen.
Er ist eben der Big Boss, er war es, der mit seinen persönlichen Kontakten zum russischen Präsidenten Wladimir Putin den Trikotsponsorvertrag mit Gazprom einfädelte. Und auch ansonsten steht er dem Traditionsverein mit Rat und Tat vor. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Tönnies auch schon mal Geld aus der Privatschatulle seinem nicht immer finanziell auf Rosen gebetteten Leib- und Magenklub zur Verfügung gestellt haben soll. Seit 1994 ist Tönnies im Schalker Aufsichtsrat, ist seit 2001 dessen Vorsitzender. Tönnies gilt als knallharter Geschäftsmann, der allerdings im Business Fußball-Bundesliga – so der Vorwurf – häufig zu spät eingegriffen hat.
(SID)
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