Die ungewöhnliche Karriere des Bruno Moura / Von Lorentzweiler nach Moldawien
Vergangene Saison kämpfte Bruno Moura noch um ein paar Minuten Spielzeit bei Erstdivisionär FC Lorentzweiler, seit diesem Sommer steht der 27-Jährige beim moldawischen Traditionsverein Zimbru Chisinau unter Vertrag. Gestern feierte er sein Debüt als Profi.
Es sind diese Geschichten, welche die Faszination Fußball ausmachen. Als Bruno Moura 2011 mit seiner Familie von Portugal nach Luxemburg zog, hätte er wohl kaum damit gerechnet, irgendwann einen Profivertrag zu erhalten. In seiner Heimat kickte der Defensiv-Allrounder für den unterklassigen Verein SR Catujalense in der Peripherie von Lissabon. Im Großherzogtum angekommen, unterschrieb er seine erste Lizenz beim Racing Luxemburg und kam dort bei den Junioren zum Einsatz.
Nach ein paar Jahren in der Jugend des Racing Luxemburg wurde er zunächst an den damaligen Ehrenpromotionär Sandweiler ausgeliehen. Dort bestritt er nur fünf Spiele. Weiter ging es zum Zweitdivisionär Les Aiglons Dalheim. Es folgte eine Saison bei Erstdivisionär Résidence Walferdingen.
Im Sommer 2019 wechselte Moura ein erstes Mal ins Ausland. „Ich bin nach Lüttich gezogen und habe ein Studium begonnen, um später Ingenieur für erneuerbare Energien zu werden. Mir hat jedoch die Basis in Mathematik gefehlt, weshalb ich relativ schnell aufgehört habe und ein Sportstudium anfing“, sagt Moura rückblickend. Sein Hobby setzte er bei der zweiten Mannschaft von UCE Liège fort – in der siebten belgischen Liga.
Im vergangenen Sommer kehrte Moura nach Luxemburg zurück und schloss sich Lorentzweiler an. Beim ambitionierten Erstdivisionär kam er jedoch nicht über die Rolle des Ersatzspielers hinaus. Kein Wunder: Dort bildeten Ex-Nationalspieler Eric Hoffmann und der ehemalige Jeunesse-Akteur Adrien Portier die Innenverteidigung. „Ich bin eigentlich defensiver Mittelfeldspieler, wurde aber als Innenverteidiger geholt. Leider konnte ich mich gegen dieses Duo nicht durchsetzen. Ich habe aber immer alles für die Mannschaft gegeben und war bei den physischen Tests immer der Erste“, sagt Moura.
Als Lorentzweiler ihm keine Vertragsverlängerung anbot, machte er sich wieder auf Klubsuche. „Mein Berater fragte auf einmal, ob mich auch ein Abenteuer reizen würde. Ich sagte Ja, und kurz darauf durfte ich bei Zimbru Chisinau vorspielen.“ Das war im Juni. Zwei Einheiten reichten und der Verein war von seinen Fähigkeiten überzeugt. Kurz darauf wurde der Traum wahr und Moura unterschrieb seinen ersten Profivertrag. „Das ist schon unglaublich, diesen Sprung zu schaffen. Berufsfußballer zu werden war schon immer mein Traum und auf einmal wurde er Realität“, sagt Moura. Von dem Wechsel nach Chisinau konnte ihn auch seine Freundin nicht abhalten. „Sie meinte, dass Moldawien ein gefährliches Land sei. Aber für mich ist es eine Chance, die sich mir wohl nur einmal im Leben bieten wird.“
Fotos und Boykott
Seit Sommer lebt Moura nun in dem ihm fremden Land. Untergebracht ist er im Drei-Sterne-Hotel „Zimbru“, nur ein paar Schritte vom Stadion entfernt, wo auch die Nationalmannschaft ihre Länderspiele austrägt. Zimbru ist in Moldawien nicht irgendein Verein. Bevor Sheriff Tiraspol aus dem De-facto-Regime Transnistrien zu jeder Menge Geld kam, war Zimbru der Vorzeigeverein des kleinen osteuropäischen Landes. Mouras neuer Klub holte zwischen 1992 und 2000 acht Meistertitel. „Der Verein ist sehr beliebt. Wenn wir auf die Straße gehen, werden wir oft angesprochen und um Fotos gebeten. Im Stadion spürt man, dass die Menschen hinter dem Klub stehen. Wenn es allerdings nicht so gut läuft, wendet sich das Blatt schnell. In dieser Saison drohten die Anhänger bereits mit dem Boykott.“
Zimbru kämpft derzeit gegen den erstmaligen Abstieg aus der Divizia Nationala. Moura konnte seinen Teil auf dem Platz noch nicht beisteuern. Seitdem er im September seine Papiere bekommen hat, steht er zwar regelmäßig im Kader, wartet aber noch auf seinen ersten Einsatz in der Meisterschaft. Seine Premiere im Pokal feierte er gestern bei der 0:1-Niederlage gegen den Ligakonkurrenen FC Floresti. „Eigentlich hätte ich mich über mein Debüt freuen müssen, aber wegen der Niederlage ist meine Stimmung eher getrübt“, so Moura, der gestern als Innenverteidiger in einer Dreier-Abwehrkette zum Einsatz kam.
Seine Premiere verleitet ihn jedoch zum Träumen. „Aktuell bin ich noch portugiesischer Staatsbürger, aber ich werde bald die luxemburgische Nationalität beantragen. Und wer weiß: Vielleicht kann ich eines Tages für die luxemburgische Nationalmannschaft spielen und ein zweites Mal in meinem Leben das Unmögliche wahr machen.“
Ein berühmtes Vorbild hat er jedenfalls. Gerson Rodrigues stand von Januar 2018 bis Januar 2019 bei Sheriff Tiraspol unter Vertag und bestritt gestern Abend sein zweites Champions-League-Gruppenspiel mit Dynamo Kiew. Auch das hätte vor ein paar Jahren keiner für möglich gehalten.
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Wie heisst ein französisches Sprichwort? “ Nul n’est prophète dans son propre pays „. Aber das dürfte mittlerweile vielen Lorentzweilern hinlänglich bekannt sein.