Bogenschießen / Jeff Henckels’ Achterbahnfahrt mit rosa Elefanten
Jeff Henckels versucht, seinen Sport mit 38 Jahren zu genießen. Immer gelingt ihm das allerdings nicht. Denn „im Moment läuft es allgemein nicht gut“, erklärt er nach seinem Aus bei den European Games in Krakau.
Jeff Henckels konnte es kaum glauben. Zwei Anfängerfehler haben ihn den Einzug in die Runde der 32 besten Recurve-Schützen in Krakau gekostet. Sein ungarischer Gegner Mátyás Balogh legte am Montag im zweiten Satz mit sechs Punkten vor – was eigentlich nicht viel war. „Ich dachte mir, okay, jetzt darfst du keine Dummheiten machen. Das ist dein Satz. Jetzt nur keinen Fehler machen. Was soll ich sagen? Es ist die Geschichte mit dem rosa Elefanten. So denkt nur ein Anfänger, und dafür wurde ich bestraft.“ Henckels zog schließlich nur mit vier Punkten nach. „In der letzten Runde ist mir dann etwas passiert, was mir im Leben noch nie geschehen ist. Ich griff versehentlich nach meinem Ersatz-Tab.“ Da die Schüsse innerhalb einer gewissen Zeit abgegeben werden müssen, blieb ihm nicht mehr genügend Zeit, um nach seinem gewohnten Griffleder zu greifen. Mit dem Ersatzteil folgte eine Sieben, womit die Niederlage besiegelt war. „Ich denke, es sind diese beiden Pfeile, die mich das Match gekostet haben“, sagte er nach der 3:7-Niederlage.
Henckels gibt aber auch zu, dass es „im Moment allgemein nicht gut läuft. Ich liefere nicht das ab, was ich kann.“ Er hat das Gefühl für seinen Bogen verloren. „Ich habe im Training an etwas gearbeitet, was nicht so gut geklappt hat“, erklärt er. „Ich war danach komplett verloren. Ich hatte gar kein Gefühl mehr dafür.“ Eigentlich dachte der 38-Jährige, dass dieses Gefühl kurz vor den European Games zurückgekehrt sei. „Ich versuche jetzt nicht, auf mordicus gut zu schießen, sondern locker zu bleiben, um dieses Gefühl zu wahren“, hatte er nach der Qualifikation am Freitag erklärt. „Die letzten beiden Tage war es aber wieder das Gegenteil. Es ist wie eine permanente Achterbahn im Moment. Ich weiß selbst nicht genau, wo ich im Moment dran bin.“
Den Sport genießen
Der Sieger des Recurve-Turniers in Krakau wird sich für Paris 2024 qualifizieren. Damit befassen wollte sich Henckels aber von Anfang an nicht. Bereits nach der Qualifikation hatte er gesagt: „Ganz ehrlich, ich denke überhaupt nicht daran. Natürlich würde ich nicht nein sagen. Aber es sind ein Haufen Leute da, die das Ticket wollen. Ich weiß nicht, was passieren müsste, damit ich das bekomme. Ich würde sagen, das ist ziemlich unrealistisch.“
Henckels nahm an den Spielen 2004 in Athen, 2012 in London und 2021 in Tokio teil. Dazwischen setzte er immer einmal aus. Diesmal will der 38-Jährige das nicht. „Ich habe keine Lust, Paris auszusetzen, weil es danach eine lange Zeit bis zu den nächsten Spielen ist. Los Angeles – ich glaube, da habe ich keine Lust mehr drauf“, erzählt er. „Das ist ein bisschen lang; ich glaube, das würde ich motivationsmäßig nicht mehr hinbekommen. Nicht, dass ich keine Lust habe – aber es ist einfach anstrengend, wenn man jeden Tag nach der Arbeit aufs Training gehen muss. Das kostet Energie.“
Eine Teilnahme in Paris wäre zwar „toll“, so Henckels. „Solange ich schieße, ist das auch im Hinterkopf. Ich denke aber, ehrlich gesagt, nicht drüber nach. In den 28 Jahren, seit ich Bogen schieße, waren mir die Olympischen Spiele immer wichtig. Ich will nicht sagen, dass sie mir jetzt egal sind – aber sie sind mir so egal wie noch nie.“
Im Vordergrund steht für ihn im Moment der Spaß an seinem Sport. „Ich mache mir keinen Druck. Ich bin froh, wenn es gut läuft und ich gut schieße. Ich versuche meinen Sport einfach mehr zu genießen, wie in den letzten 20 Jahren.“
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