Cyclocross / Jempy Drucker über Schreibers EM-Silber: „Es gewinnt nicht immer die Stärkste“
Jempy Drucker zieht nach Marie Schreibers Silbermedaille bei der Cyclocross-EM mehr positive als negative Schlüsse. Die 21-Jährige habe laut dem FSCL-Nationaltrainer den Plan gut umgesetzt, doch am Ende gelte es, solche Rennen im Radsport zu akzeptieren. Im Tageblatt-Interview kommt er auf das Rennen der Espoirs zurück.
Tageblatt: Jempy Drucker, wie war die Stimmung im luxemburgischen Lager nach der Silbermedaille von Marie Schreiber?
Jempy Drucker: Die Stimmung war gut. Natürlich wollte sie gewinnen und sie hat auch das Potenzial dazu. Aber die Französin ist vielleicht cleverer gefahren. Sie hatte einen Plan und an diesem Tag war es der richtige.
Schreiber ist das ganze Rennen vorneweg gefahren. War es die Taktik, das Rennen so schwer wie möglich zu machen?
Wir haben gesagt, dass sie in den ersten drei Runden ein schnelles Tempo vorgeben soll, damit die Konkurrentinnen leiden und Löcher entstehen. Danach wollten wir schauen, wie die Situation ist. Das hat sie auch sehr gut umgesetzt. Sie war nur noch mit Bentveld und Gery vorne, die Niederländerin war dann später immer wieder am Wackeln. Marie hat weiter Druck gemacht. Sie kann das Rennen nur gewinnen, wenn es schwer wird. Und das Tempo musste sie selbst bestimmen. Die anderen waren nur an ihrem Hinterrad dran. Ihre einzige Chance, zu gewinnen, war so wie sie gefahren ist. Leider ist es für uns nicht so ausgegangen, wie wir uns das erhofft haben. Aber technisch und taktisch kann man ihr keinen Vorwurf machen. Sie hat mich nach dem Rennen auch gefragt, was sie hätte besser machen sollen. Ich konnte es ihr nicht sagen.
Wie kam Schreiber die schnelle Strecke entgegen?
Sie konnte ihre Qualitäten auf dieser Strecke nicht voll ausspielen. Man hat gesehen, dass es ein sehr schnelles Rennen war. Über die Treppe war sie die Stärkste und hat jedes Mal versucht, zu attackieren. Sie hat dort immer wieder ein Loch gerissen, doch die Konkurrentinnen kamen im technischen Teil immer wieder zurück. Das Loch war nicht groß genug.
Zeigt dieses Rennen, wie bitter Radsport sein kann? Man führt ein ganzes Rennen und wird auf der Ziellinie überholt.
Ja, aber auch diese Erfahrung ist eine Erfahrung mehr. Wenn ich dieses Rennen mit dem WM-Rennen von Tabor in diesem Jahr vergleiche (Schreiber wurde Fünfte; Anm.d.Red.), dann ist die Enttäuschung dort größer gewesen. In Tschechien war sie nicht auf ihrem Niveau. Hier hat sie aber abgeliefert. Sie ging als Favoritin ins Rennen, war präsent und hat Verantwortung übernommen. Es gibt mehr Positives als Negatives, das wir von hier mitnehmen. Das einzig Negative ist, dass es nicht zum Sieg gereicht hat. Bei der WM in Tabor kam sie mit dem Druck nicht klar, das hat sich sehr verbessert. Man sieht, dass sie aus Erfahrungen lernt.
Welche Lehren zieht Schreiber aus diesem Rennen?
Wenn eine andere Radsportlerin besser ist, muss man das akzeptieren. Natürlich hat Marie das Zeug gehabt, um zu gewinnen. Das wusste jeder und das hat auch jeder gesehen, der das Rennen verfolgt hat. Sie war die Stärkste. Aber am Ende gewinnt nicht immer die Stärkste. Die Französin hat sich am Hinterrad von ihr festgebissen.
Wer hat denn gewonnen? Diejenige, die das „cleverste“ Rennen gefahren ist?
Das ist schwierig. Marie ist ja auch kein dummes Rennen gefahren. Jede hatte ihren Plan. Vielleicht war der der Französin einfach besser. Aber was hätten wir besser machen können? Wenn wir das Rennen langsamer machen und mehr mit taktischen Spielereien angehen, dann kann Zemanova vielleicht auch vorne mitfahren. Nachher ist man immer schlauer. Marie hat unseren Plan sehr gut umgesetzt. Sie ist natürlich enttäuscht, aber nicht allzu sehr. So ein Rennen gilt es im Radsport einfach zu akzeptieren.
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