European Games / Jenny Warling krönt Traum-Comeback mit Bronze
Karateka Jenny Warling stand bei den European Games erstmals nach langer Verletzungspause wieder auf dem Tatami. Ihr Comeback krönte sie mit der Bronzemedaille.
Jenny Warling kam am Donnerstagabend mit einem Lächeln auf den Lippen in den Pressebereich. Sie war gut gelaunt. Trotz der 0:2-Niederlage im Halbfinale der Karatekas war die Luxemburgerin zufrieden und freute sich über Bronze in ihrer Klasse (-55 kg). „Ich bin superfroh, dass es eine Medaille geworden ist“, platzte es gleich aus ihr heraus. In ihrer Stimme wirkte ein Hauch Mündigkeit mit. „Ich bin etwas erschöpft, da ich schon lange nicht mehr gekämpft habe“, sagte sie. Ganze sechs Monate stand sie vor den European Games nicht mehr auf dem Wettkampf-Tatami. Ein Kreuzbandriss im Training hatte sie im Dezember 2022 zurückgeworfen.
Der Leidensweg danach war lang. Es folgten eine Operation und eine lange Zwangspause. „Mein Meniskus musste ebenfalls wieder angenäht werden“, erinnert sich die 29-Jährige: „Ich war danach während der ersten sechs Wochen sehr eingeschränkt. Ich musste eine Schiene tragen, sodass ich nicht viel machen konnte.“ Es war eine frustrierende Zeit, doch „ich hatte immer fest in meinem Kopf, zu den Europaspielen zu fahren“.
Ihr Ziel, in Polen an den Start zu gehen, verlor Warling nie aus den Augen. Nach drei Monaten Erholung begann sie Anfang April wieder mit leichtem Lauftraining. Noch einige Wochen später war erst schonendes Karate wieder möglich. „Anfang Mai habe ich dann das Nationaltraining wieder aufgenommen“, erinnert sie sich: „Ich konnte nicht sofort wieder kämpfen, sondern hatte einen festen Plan, um mich Woche für Woche zu steigern. Das klappte gut. Die Arbeit mit dem Return-to-Sports, den Physios und dem Nationaltraining funktionierte einwandfrei.“ Die ehemalige Europameisterin gibt allerdings auch zu: „Es war anstrengend. Es gab nicht viele Pausen. Denn ich habe richtig hart trainiert, um rechtzeitig fit zu werden.“
Belohnung für harte Arbeit
Das Einzige, wofür die Zeit schließlich nicht mehr reichte, war ein Vorbereitungsturnier. „Ich habe zwar im Vorfeld Trainingskämpfe gemacht, das ist aber nicht mit einem richtigen Wettkampf zu vergleichen“, so Warling: „Es ist am Anfang komisch, aufs Tatami zu steigen, weil man nicht das Gefühl der Gewohnheit hat.“
Aufgrund ihrer Situation war sie ohne konkrete Erwartungen zu den Europaspielen gereist. „Ich sehe die European Games eher als Art Belohnung für die harte Arbeit der letzten Monate. Ich weiß nicht, wo ich im Vergleich zu meinen Konkurrentinnen stehe“, hatte sie vor dem Turnier, das in Bielsko-Biala ausgetragen wurde, gesagt.
Umso glücklicher war die Luxemburgerin mit ihrer „unerwarteten“ Medaille beim Comeback. Dass es im Halbfinale gegen die ukrainische Nummer eins der Welt und spätere Siegerin, Anzhelika Terliuga, nicht für das Goldmatch reichte, spielte keine Rolle. „Ich bin entspannt in den Kampf gegangen. Ich habe etwas defensiver gearbeitet und eher auf den Fehler von ihr gewartet. Aber sie ist halt eine der Besten“, so das Fazit nach dem Halbfinale. „Sie ist manchmal ein bisschen aus der Deckung gegangen, wo ich aber noch nicht wieder den Reflex hatte, den richtigen Schlag zu machen. Aber ich konnte gut mit ihr mithalten und bin jetzt einfach froh, dass alles gut gegangen ist – ohne ernsthafte Verletzung.“
Bereits in ihrem ersten Kampf in der Gruppenphase am Donnerstagmorgen hatte sich Warling gut gefühlt. „Ich bin gut reingekommen und habe den ersten Punkt gemacht. Ich kam dann immer besser rein. Mein erster Kampf war der leichteste, was ein Vorteil war. Denn so konnte ich mich danach von Kampf zu Kampf steigern.“ Auf den deutlichen 5:2-Sieg gegen die Polin Maria Kerner folgte ein 0:0 gegen die Bulgarin Ivet Goranova und schließlich ein knapper 3:2-Erfolg gegen Madina Sadigowa aus Aserbaidschan. Damit waren das Halbfinalticket und Bronze schon gesichert.
Für Warling waren die European Games auch eine Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft im Oktober. „Ich bin jetzt wieder dort angekommen, wo ich vor der Verletzung aufgehört hatte. Natürlich fehlen noch ein paar kleine Sachen.“ Daran wird sie in den kommenden Monaten arbeiten, um dann bei der WM erneut zuzuschlagen.
Schmerzhafte Erinnerung
Die Erinnerungen an die European Games waren für Jenny Warling bis zu ihrer Bronzemedaille am Donnerstag eher schmerzhafter Natur. 2019 hatte sie in Minsk zwar ebenfalls Bronze geholt, doch in ihrem Halbfinalkampf konnte die Luxemburgerin damals nicht mehr antreten. Sie war in ihrem letzten Gruppenmatch K.o. geschlagen worden „Ich hatte davor zwei Unentschieden geholt und rutschte deshalb ins Halbfinale nach. Da ich dort nicht mehr antreten konnte und das System so ist, dass die beiden Verlierer des Halbfinals Bronze bekommen, durfte ich mit einer Medaille nach Hause fahren“, erinnert sie sich. „Natürlich gewinne ich aber lieber auf der Matte.“
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