Ein zweites Leben / Jugendkommission des F91 und „Lycée Guillaume Kroll“ (LGK) sammeln Trikots und Fußballschuhe für die Kapverden
Für die meisten Luxemburger Nachwuchskicker beginnt in ein paar Tagen offiziell die Sommerpause. Zu klein gewordene Fußballschuhe oder Trikots könnten auf den Kapverden aber noch einen zweiten Frühling erleben. Wie das geht, erklärte Camille Weber, Gründungsmitglied und Präsident von „1 Kand 1 Laachen“: Er wird im Oktober ein weiteres Mal auf die afrikanische Insel reisen, um Sportprojekte an Schulen und in Kinderheimen voranzutreiben.
Mehrere Monate verbringt Camille Weber jedes Jahr auf den Kapverden. Der 50-Jährige, der seine Person während des gesamten Gesprächs nie in den Vordergrund drängen wollte, erklärte erst ganz am Schluss, wieso er sich fünf Jahre gezielt für die junge Bevölkerung der afrikanischen Insel einsetzt. Der Adoptivsohn eines Luxemburger Vaters und einer kapverdischen Mutter will deren Herkunftsland „etwas zurückgeben“. Manchmal würde er vor Ort noch verdutzt angeschaut werden, da er die Sprache fließend beherrscht. Doch inzwischen ist Weber für die meisten zur Lokalberühmtheit avanciert: „Vergangenes Jahr war ich im Nationalfernsehen zu sehen und im Radio zu hören. Seitdem werde ich auf der Straße angesprochen.“
Wir finden es als Organisation wichtig, diesen Kindern mit einem Fußballtrikot Perspektiven und Ablenkung zu schenkenPräsident von „1 Kand.1 Laachen“
Etwa von Fußballtrainern. Denn sechs Tonnen Sachspenden aus Luxemburg bleiben nicht unbemerkt. Spielzeug, Schulmaterial – aber eben auch jede Menge Fußballtrikots und Sportschuhe zog er 2023 aus den Transportfässern, um sie in Schulen und Kinderheimen zu verteilen. „Besonders die Sportartikel sind gefragt. Wir finden es als Organisation wichtig, diesen Kindern mit einem Fußballtrikot Perspektiven und Ablenkung zu schenken.“ Über 40 Fußbälle, Handbälle, Basketbälle und Volleybälle hatte er bei seiner letzten Reise im Gepäck.
Ein Kapverdianer, der inzwischen in Luxemburg lebt, wird auch im anstehenden Herbst sämtliche Kisten und Fässer im Transporter nach Rotterdam und Antwerpen bringen, von wo aus die Spenden dann mit dem Schiff ihre nächste Reise antreten. „Letztes Jahr lagen die Kosten für den Transport bei 4.000 Euro“, erinnerte sich Weber. Das Budget der Geldspenden war etwa doppelt so hoch. „Mir ist es wichtig, selbst dort zu sein, wenn die Spenden verteilt werden. Ich fahre im Oktober und werde dann drei bis vier Monate bleiben.“ Seine Mutter wird ihn ein weiteres Mal begleiten. Denn die Liste an Projekten, die Weber umsetzen will, ist lang.
Angefangen mit der nötigen Fußball-Ausstattung für die „Escola José Duarte Lopes“ in Chà de Igreja (Santao Antao). Die Schule, die man erst nach drei bis vier Stunden Fahrt durch das „Hinterland“ erreicht, wirkte für Weber fast, als sei sie „von der Welt abgeschnitten“. Doch die enorme Begeisterung für Bewegung – insbesondere Fußball – sei bei seiner Visite im letzten Jahr riesig gewesen. „Wir werden sie mit Schachteln und Co. für die Schule und Trainingsmaterial für den Sport versorgen.“ Hütchen für den Fußballplatz, Trikots und die passenden Schuhe inklusive. „In den Dörfern spielen die Kinder jeden Tag bis 23 Uhr Fußball. Sie sind immer draußen. Viel mehr, als es in Luxemburg der Fall ist. Das ist auch einer der Gründe, warum ich ihnen diese Wünsche sehr gerne erfülle: Für diese Kinder gibt es nichts Schöneres, als ein Trikot in den Händen zu halten. Sie schätzen diese Dinge sehr.“
Eine persönliche Geschichte ist ihm besonders in Erinnerung geblieben: „Letztes Jahr sprach mich ein Junge an, dessen Vater gestorben war. Die Freude über das Bayern-München-Trikot war trotz dieses Schicksalsschlags einfach nur groß. Einzelaktionen wie diese sind aber eher die Ausnahme. Meist handelt es sich um Schulen oder Heime, denen wir helfen wollen. Wenn mich dann mal ein Trainer anspricht, schaue ich mir erst einmal alles genau an, um abzuwägen, ob diese Kinder wirklich in Not sind.“ Weber besteht auch darauf, die Sachspenden persönlich zu verteilen – und diese Momente festzuhalten. „Erst vor kurzem hat mir eine Dame geschrieben, dass sie ihre Jacke wiedererkannt hat, die sie gespendet hat. Wir machen vor Ort jede Menge Fotos, damit die Leute sehen, wo genau ihre Spenden ankommen.“
In diesem Herbst steht dann eine weitere Visite unter dem Zeichen des Sports: „Wir wollen einem Therapiezentrum für alkoholsüchtige Jugendliche Sportgeräte zur Verfügung stellen. Sie sollen sich damit von ihren Problemen ablenken können und sich in ihrer Freizeit beschäftigen.“
Man merkt Weber sein Engagement mit jeder Anekdote und jedem Blick in die Zukunft an. Denn der 50-Jährige stand vor zwei Jahren selbst schon einmal mit leeren Händen da, als er bei den schweren Überschwemmungen im Osten des Landes sein Haus verlor. „Ich hatte nichts mehr.“ Über die Facebook-Gruppe „Mir hellëfen an Nout“ von Martine Loullingen wurde ihm damals schnell geholfen: Kleidung, Küchenmöbel und eine Kaffeemaschine für die Übergangsbleibe – eine Aktion, die Weber nie vergessen wird. Auch, da daraus eine enge Freundschaft entstand. „Er sieht eigentlich nicht so aus, aber er ist eigentlich ein Teddybär. Er würde sein letztes Hemd geben, um jemandem zu helfen“, scherzte die Lehrerin.
Heute folgen seiner Organisation „1 Kand 1 Laachen“ 500 Menschen auf Facebook: „So einen Erfolg hätte ich nicht erwartet. Es werden jeden Tag mehr. Vielleicht sehe ich etwas groß, aber es könnten sich ja Vereine anschließen, die Spenden sammeln würden. Dann könnte man auf den Kapverden noch mit mehreren Dörfern und Schulen kooperieren …“
LGK und Jugendkommission des F91 sammeln
Beim ersten FLF-Fußballklub, der spontan auf den Helferzug aufgesprungen ist, handelt es sich um den F91. Die Jugendkommission der Düdelinger wird am Samstag beim Erny-Brenner-Jugendcup Schuhe und Trikots sammeln – um Weber auf seiner Mission zu unterstützen. Und hier schließt sich dann ein Kreis: Martine Loullingen ist dort eine treibende Kraft. Vergangene Woche habe ihr Weber beim Kaffee auf der Terrasse erzählt, dass er noch ein paar Fußbälle in einem Sportgeschäft abholen müsse, da auf den Kapverden fußballbegeisterte Kicker nur mit der richtigen Ausstattung im Verein aufgenommen werden dürften. Es sei für sie eine Selbstverständlichkeit, gleich zu handeln, um zu helfen: „Mit solchen Aktionen wie dem Spendenaufruf beim Turnier können wir den Jugendlichen zeigen, dass man sich sozial engagieren und sich gleichzeitig damit auseinandersetzen soll, dass nicht jeder im Überfluss lebt.“
Der Lehrerin fielen aber noch andere Wege ein: Ihre Schüler der Mosaïk-Klasse des Escher „Lycée Guillaume Kroll“ haben spontan beschlossen, einen Spendenkarton zu dekorieren. Das Interesse an der Person Camille Weber war so groß, dass er ihnen am Freitag im LGK über seine Reisen auf die Kapverden berichten wird. „So verbinden wir den Deutschunterricht mit Recherche und sozialem Engagement. Es ist toll, was aus einer privaten Verbindung entstehen kann. Vor allem die Arbeit mit kleineren Hilfsorganisationen gefällt mir, da sie genau dokumentieren, wo ihre Sachen hingehen. Letztlich hatte das Ganze einen Schneeballeffekt: Unsere Jugendkommission mobilisiert sich, die Schüler und Arbeitskollegen engagieren sich. Es ist manchmal leicht, sich ohne große Umstände für den guten Zweck einzusetzen.“
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