Kleinere Sportvereine / Keine Angst um die Existenz, aber Anpassungsfähigkeit ist gefragt
Sportvereine sind ein wichtiger Bestandteil des sozialen Miteinanders. Wie ihre Zukunft nach der sanitären Krise aussehen wird, ist momentan unmöglich vorherzusagen. Das Tageblatt hat sich bei drei kleineren Vereinen umgehört, die sich so ihre Gedanken machen, aber nicht um ihre Existenz fürchten.
Ihre nächste sportliche Veranstaltung ist für den 26. September geplant. Dann soll die zweite Auflage des Urban CX-Night Cross stattfinden. Ein Konzept, in das der LC Tetingen sehr viel Zeit und Energie investiert. Man versucht den Cyclocross damit noch attraktiver zu machen. Ob das Event stattfinden kann, weiß zur Stunde allerdings niemand. Die Corona-Krise wirkt sich auch auf die Sportvereine aus. „Natürlich ist das schade, aber momentan gibt es Wichtigeres“, sagt Vereinspräsident Marco Lux. Man würde die Einnahmen aus Veranstaltungen, die nun abgesagt wurden, zwar vermissen, immerhin hatte man sie im Budget einkalkuliert. Im Falle des LC Tetingen sind es vor allem die „Fête de la musique“, wo der Klub mit einem Stand vertreten ist, und das bei Vereinen beliebte Grillen vor einem Supermarkt.
Die Existenz seines Klubs sieht Lux durch den Lockdown aber nicht gefährdet. „Die Corona-Krise trifft jeden, auch uns als Verein. Keiner weiß im Moment, wo er genau steht, wie es mit den Sponsoren weitergeht. Zum Glück sind wir relativ breit aufgestellt.“ Lux und sein Vorstand setzen seit Jahren auf viele kleine Sponsoren, um nicht allein von einem oder zwei Geldgebern abhängig zu sein. Momentan hat der LC Tetingen rund 15 kleinere Sponsoren. „Wobei klein relativ ist“, betont Lux. Als Verein sei man schließlich dankbar für jeden Euro, den man bekomme.
Die Sponsoren des LC Tetingen unterstützen den Verein mit 1.000 bis 5.000 Euro im Jahr. „Es würde uns sicherlich wehtun, wenn der eine oder andere Sponsor nun abspringen würde, und wir müssten vielleicht erst einmal kleinere Brötchen backen“, sagt Lux, dessen Verein auf ein Jahresbudget von rund 60.000 Euro kommt. Die Verträge mit den Sponsoren schließt der LC Tetingen über eine Dauer von drei Jahren ab. Das sorge für Planungssicherheit. Ende dieses Jahres laufen die Verträge aus. Lux ist sich bewusst, dass die Verhandlungen durch die aktuelle Krise schwieriger werden dürften. Er hofft aber, dass sich die Politik des Vereins auch hier auszahlt. „1.000 Euro sind sicherlich einfacher einzutreiben, als wenn man sich darauf verlässt, von einem einzigen Geldgeber 10.000 zu bekommen.“
Kostspielige Kleidung
Im ersten der drei Jahre fällt jeweils die größte Ausgabe des Vereins an. Der LC Tetingen stellt seinen rund 30 Fahrern nämlich die komplette Kleidung umsonst zur Verfügung. Das sind immerhin zwischen 15.000 und 20.000 Euro alle drei Jahre. Hinzu kommen noch die Kosten für den Vereinswagen, die 600 bis 1.000 Euro, die jährlich an den Verband gezahlt werden müssen, sowie die Prämien, die man als Veranstalter eines Straßen- oder Querfeldeinrennens an die Fahrer zahlen muss. Bei einem Straßenrennen kommen da gut und gerne 3.000 Euro zusammen. Für diese Saison hatten die Tetinger kein Straßenradrennen angemeldet, da sie neben dem Urban CX-Night Cross noch ihr traditionelles Querfeldeinrennen organisieren.
Im Vergleich zu anderen Sportarten werden im Radsport nicht viele Einnahmen durch Eintrittskarten generiert. „Die zählen wir gar nicht erst mit. Auch auf den Getränken und dem Essen verdient man nicht die Welt. Was da zusammenkommt, sehen wir als Bonus an. Das Budget für die Organisation unserer Rennen versuchen wir immer im Vorfeld zusammenzuhaben“, erklärt Lux.
Dass die Corona-Krise seinen Verein wohl nicht vor existenzielle Schwierigkeiten stelle, sieht Lux auch der Tatsache geschuldet, dass der Klub auf ehrenamtliche Trainer setzt. „Auch unsere Fahrer werden nicht bezahlt, bis halt auf die Prämien, die sie durch ihre Resultate einfahren.“ 2023 feiert der LC Tetingen 100-jähriges Jubiläum. „Unser Verein ist nicht umsonst so alt geworden. Ich denke, dass in der Vergangenheit einiges richtig gemacht wurde und wir auch die aktuelle Krise überstehen werden. Ich kann mir allerdings vorstellen, dass es für Vereine, die gerade erst am Anfang stehen, deutlich schwieriger ist.“
Standort ist ein größeres Problem als Corona
So ein Verein ist der Handballklub aus Bartringen, der erst im September den Spielbetrieb aufgenommen hat und zwischen 70 und 80 Mitglieder zählt. „Wir hätten unsere erste Saison schon gerne zu Ende gespielt, aber der Abbruch war die einzig richtige Entscheidung“, so Präsident Yann Gaasch. Der Bartringer Handballklub war diese Saison lediglich mit einer Herrenmannschaft in der nationalen Meisterschaft vertreten. Für die kommende Spielzeit sollte mit der Jugendarbeit begonnen werden. „Die Krise wird unsere Entwicklung sicherlich bremsen“, sagt Gaasch. Wobei die größte Hürde nichts mit der Krise zu tun hat: ausgelastete Sporthallen. „Wir sind momentan nach Leudelingen ausgewichen und hoffen, dass wir die Halle auch in Zukunft nutzen können. Wenn wir Jugendtraining organisieren wollen, brauchen wir öfters eine Halle. Das ist eine echte Herausforderung.“
Gaasch und sein Vorstand wissen momentan auch nicht, wie es mit den Sponsoren des Vereins weitergehen wird. „Darunter sind einige Cafés und Restaurants. Also die Betriebe, die besonders unter der aktuellen Situation zu leiden haben.“ Sollte es hart auf hart kommen, wird das Sponsoring wohl als erste Sparmaßnahme umgesetzt. „Verständlich“, findet auch Gaasch. Das Budget des Handball Bartringen liegt zwischen 10.000 und 12.000 Euro. Geld, das benötigt wird, um Trikots zu kaufen und den Schiedsrichtern ihre Aufwandsentschädigungen zu zahlen. Es ist ein sehr kleines Budget, mit dem der Verein nur auskommen kann, weil – anders als bei den größeren Klubs – die Spieler kein Geld bekommen. Für die kommende Spielzeit wollte sich das Team mit dem einen oder anderen Transfer verstärken. „Für uns ist die vom Verband geforderte Transfersumme bereits eine große Investition, während es für andere Vereine bloß eine Formalität darstellt.“ Wenngleich der Handball Bartringen seine Zukunftspläne wegen der Pandemie etwas langsamer umsetzen wird, denkt Gaasch, dass Vereine, die auf ein größeres Budget angewiesen sind, wohl vor größeren Herausforderungen stehen werden.
Die Folgen für 2021
Eine Einschätzung, die Boris Molitor teilt. „Ich kann mir vorstellen, dass es vor allem für die großen Fußballklubs, die teilweise Millionenbudgets verwalten, keine einfache Situation ist. Aber vielleicht führt die Corona-Krise ja auch zu einem Umdenken und es wird wieder vermehrt auf die eigene Jugend gesetzt.“ Für seinen Verein ist es auch keine einfache Situation, „aber es wird weitergehen. Auch diese Krise wird irgendwann überwunden sein“, so der Präsident des Boxclub Esch. Der Verein wurde 2016 gegründet und hat aktuell rund 110 Mitglieder.
Das Budget liegt zwischen 10.000 und 15.000 Euro. Wie Molitor erklärt, hat der Verein versucht, sich finanziell möglichst breit aufzustellen. Das Budget setzt sich zu jeweils einem Drittel aus Sponsorengeldern, Mitgliedsbeiträgen und Einnahmen aus Veranstaltungen zusammen. „Vor allem mit unserem Stand für Nationalfeiertag haben wir einiges eingenommen“, erzählt Molitor. „Das wird dieses Jahr ausfallen.“ Auch die Boxgala wird dieses Jahr wegen der Pandemie wohl nicht stattfinden. „Die Organisation eines Boxgalas kostet den Verein zwar Geld, doch für die Außendarstellung und somit für die weitere Entwicklung des Klubs und des Boxsports in Esch wäre es ein wichtiger Termin gewesen.“
Die Corona-Pandemie wird für den Escher Boxverein wohl auch noch kommendes Jahr zu spüren sein. „2021 feiern wir 100 Jahre Boxsport in Esch. Ob und wie es für uns möglich sein wird, das gebührend zu feiern, müssen wir nach der Krise beraten. Vielleicht ist ja die eine oder andere Veranstaltung in der zweiten Jahreshälfte möglich“, sagt Molitor.
Ob beim LC Tetingen, beim Handball Bartringen oder beim Boxclub Esch, momentan kann keiner die Frage beantworten, wie die Zukunft nach der Krise für den Verein aussehen wird. Dass es eine Zukunft gibt, daran zweifelt jedoch keiner.
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