EM / Luis de la Fuente: Mehr als ein Überbleibsel der Rubiales-Ära?
Nach seiner Beförderung wurde Nationaltrainer Luis de la Fuente lange kritisch beäugt. Dennoch entwickelte er sich zum Architekten des spanischen Erfolgs.
Es ist gar nicht allzu lange her, da stand Luis de la Fuente noch im Kreuzfeuer der Kritik. Im August des Vorjahres, als sein skandalumwitterter damaliger Chef Luis Rubiales den spanischen Verband in eine tiefe Krise stürzte, war plötzlich auch der Nationalcoach mittendrin. Im Zuge des Kuss-Eklats hielt Rubiales eine höchst umstrittene Verteidigungsrede, in der er den „falschen Feminismus“ verurteilte – und de la Fuente spendete munter Beifall.
Das Verhalten stärkte keineswegs das Ansehen des Nationaltrainers, der seit Beginn seiner Amtszeit um die Gunst der spanischen Fans kämpfen muss. Nun aber, eine Entschuldigung sowie eine Distanzierung von Rubiales später, ist von den Zweifeln an de la Fuente vor dem Kracher gegen Deutschland im Viertelfinale am Freitag (18.00 Uhr) wenig übrig. Schließlich gilt er inzwischen als Architekt des spanischen EM-Erfolgs.
Der Weg bis dahin war jedoch alles andere als unbeschwert. Als Rubiales seinen Wegbegleiter de la Fuente nach der WM-Enttäuschung von Katar im Dezember 2022 als Nachfolger von Luis Enrique ins Amt hievte, löste dies zunächst wenig Begeisterung in Spanien aus. Nur einige Experten kannten den Namen des Mannes, der jahrelang spanische Jugendteams betreut hatte. Dies aber äußerst erfolgreich.
Mit der U19 und der U21 gewann der 63-Jährige, der kaum Erfahrung als Vereinscoach besitzt, jeweils den EM-Titel. Einige seiner heutigen Leistungsträger wie Dani Olmo, Fabian Ruiz oder Torhüter Unai Simon bildete er dabei selbst mit aus. Dass er Spaniens A-Nationalmannschaft 2023 zum Nations-League-Titel führte, verlieh ihm Aufwind.
Und dennoch schrieb die spanische Zeitung El Confidencial noch im Dezember, dass de la Fuente mit „einer gewissen Gleichgültigkeit“ betrachtet werde. Er wirkt mitunter mürrisch, streng, aber auch unnahbar, wenn er an der Seitenlinie steht oder seine Analysen in Interviews vorträgt. Laut El Confidencial habe de la Fuente zudem eine „chamäleonartige Persönlichkeit“.
Kritik aus der Heimat
Dieser Kritikpunkt dürfte vor allem mit seinem Verhältnis zu Rubiales zusammenhängen. In gewisser Weise ist de la Fuente ein Überbleibsel aus der Zeit des Ex-Präsidenten, der Weltmeisterin Jennifer Hermoso unvermittelt auf den Mund geküsst und damit für einen Sturm der Entrüstung gesorgt hatte. Nach starkem Gegenwind bat de la Fuente um Entschuldigung und gab zu, dass die Kritik an seinem Applaus für die Rubiales-Rede „völlig verdient“ gewesen sei.
Spanische Medien attestierten ihm lange Probleme mit der Glaubwürdigkeit und Akzeptanz – einige unterstellten ihm einen Aufstieg dank Rubiales. Er sei schon seit Jahren im Verband, „lange bevor Luis Rubiales kam“, sagte er im Vorjahr: „Ich bin glücklich, hier zu sein, und niemand hat mir etwas geschenkt, ich habe es mir verdient.“
Diese EM spricht jedenfalls für de la Fuente. Er formte ein Team, bei dem enorme Spielkontrolle, hohe Dominanz, aber auch die Freiheiten der Jungstars Lamine Yamal (16) und Nico Williams (21) im Vordergrund stehen. Nicht umsonst verlängerte der Verband seinen Vertrag bereits vor dem Turnier bis 2026.
Es sei „sehr schwer, einen solchen Wettbewerb zu gewinnen, aber ich denke, es gibt keine Mannschaft, die besser ist als wir“, sagt de la Fuente selbstbewusst, „und wir müssen einfach weiterarbeiten und so spielen wie bisher.“ Auch seinem Ansehen würde das sicherlich helfen.
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