ITF-Präsident David Haggerty / „Luxemburg hat schon viele gute Spieler hervorgebracht“
David Haggerty, der seit September 2015 die Funktion des Präsidenten der International Tennis Federation (ITF) innehat und vor fünf Monaten für vier weitere Jahre wiedergewählt wurde, stattet dem Fed-Cup-Event in Esch/Alzette einen Besuch ab. Der 62-jährige US-Amerikaner gibt Auskünfte über den Luxemburger Tennis, die Reformen in den Mannschaftswettbewerben und zu der Diskrepanz zwischen dem Herren- und Damen-Tennis.
Tageblatt: Herr Haggerty, was wissen Sie über den Luxemburger Tennis?
David Haggerty: Der Name Gilles Muller ist mir ein Begriff. Luxemburg hat in der Vergangenheit viele gute Spieler hervorgebracht. Ich bin erstaunt, obwohl das Großherzogtum ein kleines Land ist, welche Leidenschaft die Leute hier für diese Sportart aufbringen können. Bei dieser Fed-Cup-Kampagne hat Luxemburg das große Pech, dass Topspielerin Mandy Minella fehlt. Doch Luxemburgs eigentliche Nummer zwei, Eléonora Molinaro, hat zwei starke Auftritte im Einzel hingelegt.
Welchen Stellenwert haben Mannschaftswettbewerbe wie der Fed Cup für die ITF?
Diese Teamwettbewerbe haben eine enorme Wichtigkeit. Die Spielerinnen haben die Möglichkeit, für ihr Land anzutreten. Einerseits liegt mehr Druck auf ihren Schultern, andererseits können sie zu Helden werden. Des Weiteren darf man nicht vergessen, dass die Spielerinnen im Fed Cup antreten müssen, um an den Olympischen Spielen teilnehmen zu dürfen.
Im letzten Jahr hat die ITF eine Reform des Davis-Cup-Wettbewerbs vollzogen. Warum wurde diese Änderung gemacht?
2019 wurde der Davis Cup bei den Herren bereits reformiert. In diesem Jahr haben wir den gleichen Schritt im Fed Cup bei den Damen gemacht. Vorher musste im Davis Cup vier Wochen gespielt werden, bevor letztendlich ein Sieger gefunden wurde. Bei den Damen waren es drei Wochen. Jetzt ist alles kompakter geworden. Bevor wir diesen Schritt taten, haben wir mit den Spielern und Spielerinnen Rücksprache gehalten. Uns war es wichtig, einen Weg zu finden, dass die Top-Spieler und -Spielerinnen bei diesem Wettbewerb dabei sein können. Des Weiteren macht der jetzige Modus auch mehr Sinn für Sponsoren, Fernsehübertragungen, Medien und Fans. So wissen die Zuschauer ganz genau, wann und wo ihr Team im Einsatz ist.
Sie haben das Sponsoring angesprochen. Können kleine Verbände wie Luxemburg von diesen finanziellen Zuschüssen profitieren?
Die kleinen Verbände sind extrem wichtig für die ITF. Diese organisieren nämlich viele ITF-, Challenger- oder Future-Turniere, wo die Stars der Zukunft an den Start gehen. Sie investieren viel in die Entwicklung des Tennissports.
Das Tennis hat eine große Tradition in der Sportwelt. Was muss getan werden, damit der Tennissport weiterhin seine Vormachtstellung behält?
Wir müssen Tennis weiterhin attraktiv gestalten können und Werbung dafür betreiben. Des Weiteren sollen wir versuchen, uns immer neue Ideen einfallen zu lassen, damit wir stets im Geist der Zeit bleiben. Die Sportart hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Die junge Generation hat eine andere Sichtweise auf den Sport als die ältere. Das müssen wir – also die traditionellen Sportarten – einfach akzeptieren. Deshalb haben wir schon diverse Anpassungen gemacht. Aus diesem Grund werden z.B. im Davis Cup nur noch drei Gewinnsätze anstelle von fünf gespielt. Somit kommt keine Langweile auf.
Die kleinen Verbände sind extrem wichtig für die ITF. Diese organisieren nämlich viele ITF-, Challenger- oder Future-Turniere, wo die Stars der Zukunft an den Start gehen. Sie investieren viel in die Entwicklung des Tennissports.ITF-Präsident
In den letzten Jahren greifen die Turniere immer mehr auf Überwachungssysteme wie z.B. das „Hawk-Eye“ zurück. Gehören diese Technologien mittlerweile zum Tennis dazu?
Ich finde es eine gute Sache. Das Challenge-System weckt Interesse bei allen Beteiligten. Wenn die Entscheidung hinterfragt wird, erscheint eine Animation auf dem Bildschirm, die aufklärt, ob der Ball im Aus war oder nicht. Es kreiert eine Art Spannung. Außerdem muss man wissen, dass nicht jeder perfekt ist und somit immer Fehler vorkommen. Mit den Überwachungssystemen wurden diese „Probleme“ aus der Welt geschafft. Im Tennis bin ich ein großer Fan davon, im Fußball gefällt mir das VAR-System nicht. Doch Fußball ist auch nicht meine Sportart. (lacht)
Sehen Sie von der Popularität her einen Unterschied zwischen dem Herren- und dem Damen-Tennis? Oft wird Tennis mit Roger Federer, Novak Djokovic und Rafael Nadal in Verbindung gebracht …
Nein, das würde ich nicht sagen. Für mich hängt das auch ein wenig davon ab, von wo man kommt. In einigen Ländern wird viel Wert auf das Damen-Tennis gelegt, in anderen mehr auf das Herren-Tennis. Oder es gibt sogar Verbände, die sowohl die Herren als auch die Damen gleichermaßen fördern. Und wenn ich mir das Damen-Finale der Australian Open anschaue, war dies sicherlich nicht weniger spannend als das Herren-Finale. Sowieso stehen wir für Gleichberechtigung. Aus diesem Grund haben wir auch die Reform im Fed Cup durchgezogen und verteilen die gleichen Preisgelder.
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