Homeschooling / Mit Lappen und Klopapier: Wie Sportlehrer ihre Schüler in Zeiten von Corona motivieren wollen
Da die Schulen noch mindestens bis zum 4. Mai geschlossen bleiben, geht es noch eine Weile weiter mit dem Homeschooling. Auch für die Sportlehrer, die teilweise mit kreativen Mitteln versuchen, ihre Schüler zu körperlicher Betätigung zu animieren.
Gesellschaftsspiele können ganz schön anstrengend sein und zwar nicht bloß für die Nerven. Bei der Anpassung des bekannten Gänsespiels durch Alahe Abrahimia, Sportlehrerin im Lycée/International School Michel Lucius, kommt man richtig ins Schwitzen. Auf quasi sämtlichen Spielfeldern gilt es, sich körperlich zu betätigen. Ob Liegestütz, Sit-ups, oder auf der Stelle laufen, dieses Gesellschaftsspiel ist ein Ganzkörper-Workout. Abrahimia versucht, ihre Schüler auch während des Lockdowns zum Sporttreiben zu motivieren. „Gesellschaftsspiele sind ja etwas für die ganze Familie, das war der Hintergedanke bei meinem Gänsespiel.“
Sport ist nicht gerade das Schulfach mit der größten Lobby, dabei ist es gerade in der aktuellen Situation von Bedeutung. Körperliche Betätigung – wird sie nicht zu intensiv betrieben – hat viele positive Auswirkungen und kann sogar dafür sorgen, dass man weniger schnell krank wird. „Es ist wichtig, aktiv zu sein. Sport ist nicht nur gesund für den Körper, sondern tut auch der Psyche gut, was in der aktuellen Situation ebenfalls wichtig ist“, sagt Abrahimia, die mit viel Kreativität versucht, das Homeschooling umzusetzen. Sie unterrichtet sowohl in der Grundschule als auch im Gymnasium und wie in traditionellen Sportstunden in einer Turnhalle, versucht sie, ihren virtuellen Unterricht ebenfalls an das jeweilige Alter ihrer Schüler anzupassen.
Für ihre älteren Schüler hat Abrahimia eine Art Tagebuch in Auftrag gegeben. Sie sollen jeden Tag aufschreiben, wie lange sie geschlafen haben und auf einer Skala bewerten, wie erholsam ihr Schlaf war. Auch ihre Ernährung sollen sie bewerten. Hinzu kommt noch die Möglichkeit, drei körperliche Betätigungen pro Tag aufzuschreiben und die Intensität zu bewerten. „Das muss nicht unbedingt Sport im eigentlichen Sinne sein. Es kann Gartenarbeit oder sonstige Haushaltsarbeiten sein, genau wie ein Spaziergang mit dem Hund. Es geht darum, dass sie ihre körperliche Verfassung bewusster wahrnehmen. Und die Schüler geben sich teilweise richtig viel Mühe.“ Auch von den jüngeren Schülern erhält sie regelmäßig Rückmeldungen. „Einige schicken mir Fotos, wo sie gerade dabei sind, irgendwelche Übungen auszuführen. Als Sportlehrer tut es natürlich gut, so etwas zu sehen.“
Damit ihre Schüler ein paar Ideen bekommen, welche sportlichen Aktivitäten man ganz einfach zu Hause oder vor der Tür machen kann, hat Abrahimia sich entschlossen, ein paar Videos aufzunehmen. „Ich habe das erstmals bei Kollegen in Belgien gesehen und mir gedacht, dass ich es auch mal versuchen würde. Vielleicht motiviert es ja den einen oder anderen.“ In ihren Videos zeigt die Sportlehrerin, dass es nicht unbedingt teure Geräte braucht, es genügen auch schon mal zwei Lappen, mit denen man nicht nur den Fußboden polieren, sondern auch ein komplettes Training absolvieren kann.
Praxis und Theorie
Wer keinen Lappen zu Hause hat, kann auch ganz einfach auf – wie sollte es in diesen Zeiten auch anders sein – Klopapier zurückgreifen. So zeigen es jedenfalls die Sportlehrer aus dem „Lycée classique Diekirch“ (LCD). Auch sie produzieren, auf Initiative von Charel Gaspar, seit der Schließung der Schulen fleißig Videos und veröffentlichen sie auf ihrem YouTube-Kanal LCD Sport. Außerdem bieten die Sportlehrer des LCD alle zwei Tage ein Live-Workout auf ihrem Instagram-Account @lcdsportsektiounen an.
Gaspar fällt es allerdings leichter, Sport in einer Turnhalle als vor einer Kamera zu unterrichten. „Sport basiert auf sozialer Interaktion. Für mich ist es einfacher, einem Schüler etwas zu zeigen, wenn er physisch vor Ort ist, als bloß vor einem Bildschirm.“ Dennoch versucht er, so wie viele seiner Kollegen, das Beste aus der aktuellen Situation zu machen. Und auch ihren Schülern scheinen die Videos zu gefallen. „Wir haben einige positive Rückmeldungen erhalten“, so Gaspar. Ob die Schüler Workouts letztendlich selbst durchführen, können die Lehrer natürlich nicht kontrollieren. „Das Mitmachen beruht deswegen auch auf freiwilliger Basis“, sagt Gaspar. Damit sich seine Schüler in jedem Fall während der Schulschließung mit Sport beschäftigen, gibt er ihnen schriftliche Aufgaben.
So müssen die Schüler sich zum Beispiel Videos anschauen und Fragen dazu beantworten. „Es geht um Themen, die wir im Sportunterricht durchgenommen haben. Während der klassische Unterricht eher auf die Praxis abzielt, beschäftigen sich die Schüler nun vermehrt mit der Theorie.“ Am liebsten wäre es den Sportlehrern aber, wenn ihre Videos und andere Initiativen die Schüler dazu bringen, aktiv Sport zu treiben. Für das Wohl von Körper und Geist in diesen doch extremen Zeiten.
Apps und Links
Fitness-Apps und -Webseiten haben seit der Corona-Krise Hochkonjunktur. Alahe Abrahimia hat für das Tageblatt einige ihrer persönlichen Favoriten aufgezählt.
Apps:
Down Dog (Yoga und Fitness, wegen Corona-Krise gratis bis zum 1. Mai)
Crossrope (Fitness-Workout mit Springseil)
Tabata (Fitness)
Webseiten:
darebee.com (über 1.000 Fitness-Programme)
fitnessblender.com
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Die Idee mit dem Gänsespiel finde ich richtig gut. Ich arbeite in Konz an einer Schule und denke, das ist eine gute Möglichkeit die Kinder daheim zum Sporttreiben zu bringen..
Vielen Dank für die Anregung!