Olympia / Nancy Kemp-Arendt: „Es soll einzig und allein um die Sportler gehen“
Nancy Kemp-Arendt weiß, was Olympische Spiele für einen Sportler bedeuten. Die heutige CSV-Abgeordnete nahm 1988 als Schwimmerin über 100 und 200 m Brust an den Olympischen Spielen in Seoul teil sowie 2000 in Sydney, als sie im Triathlon 10. wurde. In diesem Jahr stehen die Spiele im Zeichen der Corona-Pandemie. Die Kritik an der Austragung ist groß. Kemp-Arendt kann sie absolut nachvollziehen und hätte sich eine weitere Verlegung gewünscht. Den Athleten rät sie dennoch, maximal von der Erfahrung zu profitieren.
Tageblatt: Nancy Kemp-Arendt, sollen die Olympischen Spiele in diesem Jahr stattfinden?
Nancy Kemp-Arendt: Es ist aktuell eine äußerst kritische Situation. Rund 60 Prozent der Länder haben noch keinen Zugang zur Impfung. Das macht die Durchführung der Spiele äußerst kompliziert. Persönlich hätte ich eine Verlegung auf 2022 bevorzugt. Für mich steht fest, dass die Spiele nur unter sehr strengen sanitären Maßnahmen stattfinden können, damit die Sicherheit garantiert ist. Die Spiele dürfen nicht zum Superspreader-Event werden.
Eine Garantie für sichere Spiele wird es aber wohl nicht geben.
Wenn die Spiele stattfinden, sollte es meiner Meinung nach ausschließlich um die Athleten gehen. Auf das ganze Drumherum, das Olympia normalerweise auch ausmacht, muss verzichtet werden. Ich kann mir zum Beispiel nicht vorstellen, dass Zuschauer an Olympia teilnehmen können. Es soll einzig und allein um die sportlichen Wettkämpfe gehen.
Diese Spiele werden sicherlich in die Geschichte eingehen
Machen solche Olympischen Spiele überhaupt Sinn?
Diese Spiele werden sicherlich in die Geschichte eingehen. Die werden noch spezieller als die Boykott-Spiele 1980 von Moskau (Als Reaktion auf den Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan blieben u.a. die USA, Kanada, die Bundesrepublik Deutschland, Japan, Norwegen und Kenia fern, d.Red.). Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass alle Athleten auch zu den Spielen reisen werden. Zum einen aufgrund der Pandemie, zum anderen aber auch vielleicht, weil sie monatelang nicht richtig trainieren konnten oder aber ihre Karriere beendet haben.
Was erwarten Sie von den sportlichen Leistungen?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass viele Rekorde fallen werden. Viele Athleten konnten über Monate nicht richtig trainieren und haben zudem nicht viele Wettkämpfe bestritten. Das wirkt sich auf die Leistungen aus, wie man zuletzt bei den deutschen Meisterschaften beobachten konnte. Die Leistungsdichte ist nicht mehr so vorhanden wie vor der Pandemie.
Sie haben selbst zweimal an Olympischen Spielen teilgenommen. Hätten Sie gerne an solchen außergewöhnlichen Spielen teilgenommen?
Sportler trainieren ein Leben lang, um sich den Traum von Olympischen Spielen zu erfüllen. Wer so viele Opfer bringen muss, der ist froh, wenn er sich seinen Traum endlich erfüllt hat, auch wenn es sicherlich nicht die gleiche Erfahrung ist wie während anderen Spielen. Letztendlich geht es ihnen aber darum, sich mit den Besten der Welt zu messen. Deshalb plädiere ich auch dafür, dass sich dieses Jahr einzig und allein auf die Athleten fokussiert wird.
Könnte ein Festhalten an den Spielen der Sportbewegung nicht dennoch schaden? Die Zustimmung für Olympia ist ja nicht gerade sehr groß.
Das glaube ich nicht unbedingt. Die Sportbewegung hat durch die Pandemie ganz andere Probleme, denen wir entgegenwirken müssen. Ich denke da an den drohenden Rückgang der Lizenzen, mit dem die Vereine wohl zu kämpfen haben werden, und mit dem pandemiebedingten Bewegungsmangel. Die neuesten Studien zeichnen ein erschreckendes Bild. Da müssen wir dagegen vorgehen.
Kommen wir noch einmal zurück auf die Olympischen Spiele. Was würden Sie als ehemalige Olympionikin den Athleten für Tokio mit auf den Weg geben?
Dass sie mit einer positiven Einstellung zu den Spielen reisen sollen. Sie können stolz darauf sein, es bis zum größten und wichtigsten Sport-Event der Welt geschafft zu haben. Die Stimmung wird vermutlich nicht so sein wie bei anderen Olympischen Spielen, dennoch wird es für die Sportler sicherlich eine einmalige Erfahrung werden. Sie haben ihr Leben lang darauf hingearbeitet und sollen versuchen, ein Maximum an Eindrücken und Erfahrungen mitzunehmen und ihr Land mit Stolz vertreten. Denn Sportler gehören immer noch zu den besten Botschaftern eines Landes.
„Bin immer noch schockiert“
Nancy Kemp-Arendt ist nicht nur Olympionikin und CSV-Abgeordnete, sondern war auch von 2008 bis 2014 Präsidentin des nationalen Schwimmverbandes. Über die rezente Entlassung von Nationaltrainer Ingolf Bender und Nachwuchstrainer Miroslav Rolko zeigt sie sich schockiert. Der deutsche Trainer Ingolf Bender hatte kurz vor Weihnachten sein Kündigungsschreiben auf Französisch erhalten, wohlwissend, dass er der Sprache nicht mächtig ist. „Für das Vorgehen der FLNS-Führung fehlen mir die Worte. So behandelt man keine Angestellten. Ingolf und Miroslav haben über Jahre großartige Arbeit geleistet und die erfolgreichste Ära aller Zeiten des Luxemburger Schwimmsports geprägt. Sie jetzt einfach so vor die Tür zu setzen, dafür habe ich absolut kein Verständnis. Vor allem, da Ingolf zwei Jahre vor der Pensionierung steht.“ Nancy Kemp-Arendt, deren Sohn ebenfalls zum Nationalkader der Schwimmer gehört, stellt sich auch die Frage, wie es jetzt weitergehen soll. Präsident Marco Stacchiotti hatte vor wenigen Wochen erklärt, dass man ein moderneres Arbeitsmodell aufbauen möchte, mit insgesamt drei Trainern. Bislang ist aber lediglich ein Posten besetzt, und zwar mit Christophe Audot, dem Trainer von Raphaël Stacchiotti. „Wie man erfolgreiche Trainer entlassen kann, ohne eine Alternative parat zu haben, das kann ich nicht nachvollziehen. Ich bin immer noch schockiert.“
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Gudden Mëtten,
d’Madam Arendt huet Recht. Wei kann een eng Federatioun esou feieren. Do geseit een wei egoistesch an asozial een mat den Leit emgeet wann een net fir dat groust Ganzt schafft.
Den Här Stacchiooti sollt zereck trieden an eng Equipe opbauen dei rem den richtegen Bléck op d’Schwammen huet an net nemmen deen Bleck op opt Leeschtung an Zefriddenhet vun sengem eegenen Jong.
Mat beschten Gréiss
Paul Moutschen
Lëtzebuerg ass ze kleng fir de Risiko vun Nepotismus auszeschléissen. Net eleng am Sport iwwregens.