Das Interview / Petz Lahure verrät, was man für die 15. Teilnahme an Olympischen Spielen erhält
Er ist der nationale Mister Olympia der Sportjournalisten: Petz Lahure, Präsident von sportspress.lu, wurde am Dienstag dafür geehrt, zum 15. Mal bei Olympischen Spielen im Einsatz zu sein. Wie er Paris erlebte, wie Künstliche Intelligenz den Beruf verändern wird und wem er den großen Coup 2028 in Los Angeles zutraut – das Interview.
Tageblatt: Sie wurden am Dienstag hier in Paris anlässlich des 100-jährigen Jubiläums des internationalen Sportpresse-Verbandes AIPS für Ihre 15. Olympiade geehrt. Wie sah das Geschenk aus, dass man Ihnen dort auf der Bühne überreicht hat?
Petz Lahure: Es gab ein persönliches Geschenk, zudem ein Diplom für diese 15 Teilnahmen sowie die Biografie von Maître François Carrard, der am 9. Januar 2022 verstorben ist. Er war Anwalt des Internationalen Olympischen Komitees IOC und danach auch als Anwalt der AIPS tätig. Er war u.a. in der Ethikkommission des Internationales Sportpresse-Verbandes vertreten, bei der ich auch Mitglied bin. Die Biografie trägt den Titel „By the way“ und erzählt demnach seinen Lebensweg. Ich habe allerdings noch nicht mit der Lektüre begonnen.
Und wie sah das persönliche Geschenk aus?
Sagen wir so: Es ist etwas sehr Kleines.
Seit 1998 sind Sie als Präsident der Luxemburger Sportpresse im Einsatz und somit das Bindeglied zwischen dem Olympischen Komitee und den Journalisten. Wie funktionierte die Kommunikation zwischen beiden Seiten in Paris?
Ganz gut. Es gab ein paar kleine Probleme, wie sie immer mal vorkommen. Im Großen und Ganzen können wir aber zufrieden sein, was die Zusammenarbeit mit dem COSL angeht, aber auch speziell mit den Journalisten vor Ort. Ich selbst hatte zunächst verschiedene Probleme mit der Zustellung für Sondertickets, die gebraucht wurden, um Zulass zu „high demand“-Arenen zu bekommen. Das hat sich aber im Laufe der Spiele verbessert und zum Schluss perfekt geklappt. Der COSL hat diesmal selbst eine Kommunikationsbeauftragte im Team, die jeden Tag ein Programm des Tages verschickt hat. Dem COSL war es wichtig, dass sämtliche Anliegen der Journalisten über mich laufen würden, um den Druck von den Athleten zu nehmen, damit sie sich konzentrieren können. Von meiner Seite aus begrüße ich deshalb, dass sich die meisten Journalisten im Vorfeld organisiert haben und viele Interventionen vor Ort überflüssig waren.
Sie haben 1972 in München Ihre ersten Olympischen Spiele vor Ort miterlebt. Wie hat sich Paris 2024 im Vergleich mit den Vorgängern geschlagen?
Paris war ganz anders als die Vorgänger-Ausgaben. Was die Bilder im Fernsehen angeht, waren diese Spiele sicherlich für die Zuschauer fantastisch. Hier vor Ort war es für die Redakteure und Fotografen allerdings schwer, zu arbeiten. Zwischen den Sportstätten gab es große Distanzen. Die vielen weiten Wege unter schweren Bedingungen, etwa mit den Fotoapparaten im Metro, waren nicht einfach. In Rio, Peking oder München – um die zu nennen – lag alles nah beieinander und der Journalist konnte am Tag mehrere Wettbewerbe für sein Radio oder seine Zeitung abdecken. Das war hier nicht der Fall.
Wäre es anders möglich gewesen?
Das hätte zu einer Kostenexplosion geführt. Paris hatte sich damit beworben, von existierender Sportinfrastruktur zu profitieren. Es wäre auch überflüssig gewesen, ein völlig neues Olympia-Gelände aufzubauen.
Welcher Artikel von 1972 ist Ihnen bis heute im Gedächtnis geblieben?
München waren für mich die schönsten und traurigsten Olympischen Spiele zugleich. Mir blieb der Überfall auf die israelische Delegation natürlich im Gedächtnis. Wir waren damals praktisch anderthalb Tage im Pressezentrum. Hans Dietrich Genscher (Bundesminister des Inneren) oder Polizeichefs wechselten sich bei ständigen Pressekonferenzen ab. Damals wurde die Zeitung ja erst viel später gedruckt und kam noch morgens raus. Ich habe einen Kommentar für die letzte Seite geliefert und eine Reportage aus dem Olympischen Dorf, aus der Sicht der Luxemburger Delegation. Das lief alles über Telefon. Die Luxemburger logierten gegenüber der israelischen Delegation und hatten ständigen Blick auf die Entwicklungen. Robert Schiel (Fechter) und Marcel Balthasar (Bogenschießen) haben uns laufend Informationen darüber geliefert, was vor sich ging.
Wie sah das Verhältnis von Athleten und Redakteuren damals aus?
Damals war alles anders. Zwischen den Sportler und den Journalisten waren die Kontakte wesentlich enger. Die Sportler waren noch nicht so abgeschirmt, wie man das heute kennt. Wir sind früher nach jedem Spiel mit in die Fußballkabine gegangen und haben erst in den frühen Morgenstunden damit begonnen, zu schreiben. Der menschliche Kontakt zwischen den Sportlern und Journalisten war früher viel näher.
Wer hat Ihnen bei diesen 15. Olympischen Spielen das beste Interview gegeben?
Ich würde sagen, dass das 1972 Mark Spitz (US-amerikanischer Schwimmer) gewesen ist, gleich, nachdem er seine siebte Goldmedaille gewonnen hatte. Man muss das in den Kontext setzen: Ich war als junger Journalist dabei und erlebte die Olympischen Spiele zum ersten Mal. Es war alles neu. Die Begeisterung über das Phänomen Spitz ist übrigens bis heute erhalten geblieben.
Wie sah der Alltag des Sportjournalisten damals aus?
Wie bereits erwähnt, erschien die Zeitung morgens. Wir hatten also mehr Zeit. Die Seiten mussten um 4.00 Uhr fertig sein. Wenn also ein Wettbewerb zur Mittagsstunde stattfand, konnte man noch in aller Ruhe essen gehen und sich viel Zeit lassen. Im Journalistenberuf ist es generell so, dass man alles erst zum letzten Moment erledigt. Das hatte immer schon Vorteile – aber nicht nur, da man sich immer selbst unter Druck setzte. Auch nach Fußballspielen haben wir nie gleich losgeschrieben. Wir sind noch, um es so zu formulieren, „e puer Humpen drénke gaangen“ und dann erst in die Redaktion. Mit den sozialen Medien kam die große Veränderung. Damals wusste aber noch niemand, wie die Spiele ausgegangen waren. Man hatte also immer eine Art „Scoop“.
Heute wird sich bereits mit nächsten Neuheiten wie Künstlicher Intelligenz oder ChatGPT auseinandergesetzt. Inwiefern wird das Digitale den Sportjournalisten ersetzen?
Ersetzt werden kann ein guter Journalist nie. Da kann so viel Information in ChatGPT reingepumpt werden, wie es nur geht. Aber der Computer kann den Menschen, den Journalisten und dessen Überlegungen nicht ersetzen. ChatGTP beobachtet ja keinen Spielverlauf, sondern kennt nur das Ergebnis.
Wie geht die AIPS an das Thema heran?
Die AIPS hat Angst um den Beruf des Sportjournalisten. Es gibt sicherlich Arbeitgeber, die nur nach dem finanziellen Aspekt schauen und meinen, künstliche Intelligenz einzusetzen, um das Gehalt des Journalisten einsparen zu können. Deshalb engagiert sich die AIPS extrem im Nachwuchsbereich und will junge Reporter auf diesen schönen Beruf vorbereiten. Die AIPS steht in Kontakt mit allen großen Verbänden und Organisationen. Es gibt etliche Projekte, um junge Einsteiger aller Nationen auf AIPS- oder Organisatorenkosten einzuladen, damit sie den Beruf auf dem Terrain erleben. Mein Motto lautet: Journalismus macht man nicht in der Redaktion. Um besser zu arbeiten, muss man die Welt erkunden. Auch wenn der Arbeitgeber das manchmal anders sieht … Um eine bessre Zeitung zu machen, braucht es gute Journalisten. Das geht über die Ergebnisse hinaus, die jeder kennt.
Welche anderen Themen beschäftigen die AIPS?
Den Frauensport zu unterstützen, ist ein Punkt. Daneben gibt es noch immer Länder, in denen nicht jedem Journalisten Zugang zu den gleichen Informationen gewährt wird. Einige Reporter dürfen beispielsweise nicht ins Stadion. Vor zwei Jahren haben wir einem Mann dabei geholfen, aus einem afrikanischen Gefängnis befreit zu werden. Er hat seine Geschichte bei einem Kongress erzählt. Zudem geht die AIPS gegen Wettanbieter vor und will die illegalen Netzwerke aufdecken.
Was sind die größten nationalen Sorgen?
Persönlich denke ich da an das Überleben der Printmedien. Internationalen Berechnungen zufolge hat man vor 15 Jahren behauptet, dass 2026 die letzte Printausgabe in Luxemburg erscheinen würde. Glücklicherweise stellte sich heraus, dass das nicht der Fall ist. Wir hoffen, dass der Staat oder die Regierung den Ernst der Lage erkannt hat und alles dafür tut, dass die Luxemburger Print-Presse überleben kann. Es gibt nichts Schöneres, als eine Zeitung zu lesen, wenn man sie in den Händen hält.
Um bei der Zukunft zu bleiben: Denken Sie bereits an 2028? Welcher Luxemburger Athlet wird uns dort überraschen?
Patrizia van der Weken wird nicht weit von einer Medaille entfernt sein.
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