Radsport / Geniets über seine Rückkehr nach Luxemburg und wie es für ihn weitergehen wird
Kevin Geniets erlebt keine einfache Situation. Der 23-Jährige, der sich in seiner zweiten Profi-Saison befindet, reiste nach Luxemburg, um dort auf der Straße zu trainieren – und um sich von der Berichterstattung rund um das Coronavirus zu isolieren. Die ganze Situation habe ihn „mental sehr heruntergezogen“. Wie es sportlich in dieser Saison für ihn weitergeht, ist noch völlig offen.
Die Menschen, die nach 1995 geboren wurden, gehören zur Generation Z. Die erste Generation, die mit sozialen Medien und dem Internet aufgewachsen ist. Doch dass die modernen Medien einen negativen Einfluss auf das Lebensgefühl haben können, erlebte Kevin Geniets in den letzten Wochen. Der luxemburgische Radprofi lebt in Aix-les-Bains in den französischen Voralpen, das stark vom Coronavirus betroffen wurde. Mit einem ausgefüllten Formular durften die Menschen dort ihr Haus nur zum Spazierengehen verlassen und zum Einkaufen – das sahen die radikalen Freiheitsbeschränkungen des zuständigen Ministeriums vor. „Es war sehr kompliziert, die ganze Zeit auf dem Hometrainer zu fahren“, erklärt Geniets.
Der in Esch/Alzette geborene Radsportler reiste nach Luxemburg. „Ich habe Abstand gebraucht“, sagt Geniets. „Die Coronakrise ist für mich mental nicht so einfach zu verkraften. Auf der einen Seite ist die sanitäre Krise sehr beängstigend, auf der anderen Seite hat man keine Gewissheit im Radsport – der unser Beruf ist.“ Geniets isolierte sich in einem Haus, in dem es weder Internet noch einen Fernseher gab. „Ich wollte mich von sozialen Medien nicht noch mehr verrückt machen lassen. Das hat auch recht gut funktioniert. Ich kam sonst vom Training und war zufrieden. Als ich dann auf das Handy schaute, sah ich immer wieder schlechte Nachrichten: Viele Tote, abgesagte Rennen – das hat mich insgesamt sehr heruntergezogen.“
In Luxemburg habe er die Zeit außerdem genutzt, um auf der Straße zu trainieren. Nach den Lockerungen am 1. Mai in Frankreich fuhr er wieder zurück in seine Wahlheimat. Drei Tage später veröffentlichte die UCI den neuen Rennkalender. „Es ist gut, so haben die Fahrer wieder konkrete Ziele vor Augen“, sagt Geniets, der aber zugleich mahnt: „Es kann auch sein, dass keine Rennen mehr gefahren werden. Es sind die Ministerien, die das entscheiden werden, und nicht die UCI. Wenn die Infektionsrate nicht sinken wird und sich die allgemeine Situation nicht verbessert, kann die UCI machen, was sie will. Man kann sich auf das, was kommen könnte, freuen – aber man muss auch realistisch bleiben: Es kann sein, dass dieses Jahr gar nichts mehr laufen wird. Wenn man sich im Kopf darauf ein wenig vorbereitet, ist man, wenn es denn so kommen sollte, vielleicht nicht mehr so enttäuscht.“ Ähnlich wie der Luxemburger geht auch seine französische Mannschaft mit der Situation um. Die Equipe von Teammanager Marc Madiot hat sich noch nicht mit einer konkreten Zielsetzung oder mit der Planung des Rennkalenders beschäftigt. „Ich glaube, dass wir in drei bis vier Wochen mehr zu unseren Rennkalendern wissen werden.“
Vuelta 2020?
Für Geniets steht aber fest, dass, sollte die Saison wirklich fortgesetzt werden, der eine oder andere Klassiker ansteht. Zudem stand für den Luxemburger bereits vor dieser Saison im Raum, eine Grand Tour zu fahren. „Wir hatten zu dem Zeitpunkt über die Vuelta gesprochen. Wie es jetzt sein wird, weiß ich nicht. Es wäre aber schön, noch in diesem Jahr eine große Rundfahrt zu bestreiten.“ Ungewiss bleibt also auch, ob er in diesem Jahr, genau wie im letzten, die Rennen in Kanada bestreiten wird. Am 11. September soll der Grand Prix Cycliste de Québec über die Bühne gehen, zwei Tage später sollen die Fahrer in Montréal starten. „Ich habe keine Ahnung, wie das organisiert werden soll. Wenn wir dort hinkommen, müssen wir 14 Tage abgeschottet werden. Dasselbe gilt, wenn wir wieder zurückreisen.“
Doch auch wenn sich Geniets einige Gedanken um seinen Sport und die allgemeine Situation macht, sieht er die Corona-bedingte Zwangspause als Chance. „Wir haben als Profis nie die Möglichkeit, komplett abzuschalten. Im November haben wir zwar eine Pause, aber im Dezember geht es bereits ins Trainingslager. So vergehen die Jahre und man schaltet nie wirklich ab“, gesteht der Zweitplatzierte der letzten luxemburgischen Landesmeisterschaften. „Ich trainiere momentan zwar ordentlich, aber ich mache mir keinen Kopf, ob die Beine gut sind, ob ich mich gut erhole oder ob ich fit genug für das nächste Wochenende bin.“ Geniets gibt aber auch zu, dass ihm die Rennpraxis fehle – gerade zu einer Zeit, zu der er sich noch voll in der Entwicklungsphase befindet.
Über seinen auslaufenden Vertrag denkt er ebenfalls nicht zu sehr nach. „Ich habe dafür einen Agenten eingestellt, der daran arbeitet. Er macht gute Arbeit. So wie ich die letzte Saison aufgehört habe und diese begonnen habe, mache ich mir nicht zu viele Sorgen.“
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