/ Radrennen Etoile de Bessèges: Ungleiches Trio aus Luxemburg startet in Südfrankreich
Der eine geht in seine zehnte Profi-Saison, der andere hat den Sprung in ein WorldTour-Team geschafft und der Dritte hat seinen ersten Profivertrag in der Tasche. Mit Ben Gastauer, Alex Kirsch und Tom Wirtgen starten heute drei Luxemburger bei der Etoile de Bessèges in die Straßensaison.
Das luxemburgische Profi-Trio geht dabei heute in Bellegarde mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen an den Start des viertägigen französischen Etappenrennens der Kategorie 2.1.
Der Routinier
Ben Gastauer nimmt bereits seine zehnte Saison bei Ag2r – La Mondiale in Angriff. „Damit bin ich der Fahrer, der am zweitlängsten dabei ist. Nur Hubert Dupont war schon vor mir bei Ag2r unter Vertrag“, sagt Gastauer, der es selbst fast nicht glauben kann, dass er schon so lange im Profigeschäft ist. „Dass ich zu den älteren Fahrern gehöre, merke ich daran, dass die jüngeren mich um Rat fragen. Aber ich finde es schön, ihnen behilflich sein zu können“, so der 31-Jährige, der zuletzt 2015 bei der Etoile de Bessèges an den Start ging. „Die letzten Jahre bin ich immer in Australien in die Saison gestartet. Da ging es bei der Tour Down Under gleich mit einem WorldTour-Rennen los. Ich freue mich aber jetzt, mit einem kleineren Rennen zu beginnen. Das ist zwar um einiges nervöser, dafür hat man aber größere Freiheiten.“ Und auch dem Familienleben kommt der Saisonstart in Frankreich entgegen. Gastauer ist mittlerweile zweifacher Vater, weshalb ihm das viele Reisen nicht mehr so leicht fällt. „Das ist jetzt schon etwas anderes als zu Beginn meiner Profizeit. Aber ich versuche mein Rennprogramm in Blöcken aufzubauen, um dazwischen Zeit mit meiner Familie verbringen zu können.“
Diese begleitet den Radprofi allerdings auch teilweise bei den Rennen und Trainingslagern. „Aus dem Grund komme ich jetzt vor Tirreno-Adriatico und der Katalonien-Rundfahrt (Mitte März, d.Red.) nicht zurück nach Luxemburg, sondern bleibe in Südfrankreich zum Trainieren.“ Gastauers erste Saisonhälfte ist ganz auf den Giro d’Italia im Mai ausgerichtet. Bei der Etoile de Bessèges geht es ihm vor allem darum, den Rennrhythmus wiederzufinden.
Der Aufsteiger
Auf der Suche nach dem Rennrhythmus ist auch Alex Kirsch bei der Etoile de Bessèges. Es wird das erste Rennen des 26-Jährigen für sein neues Team Trek-Segafredo. Kirsch hat im Winter seinen ersten Vertrag bei einer WorldTour-Mannschaft unterschrieben und sich damit den Lohn der letzten Jahre abgeholt. „Ich wurde sehr gut aufgenommen bei Trek-Segafredo. Das war alles sehr unkompliziert“, so Kirsch. Der Unterschied von einem ProContinental-Team zu einer WorldTour-Mannschaft machte sich dennoch bemerkbar. „Was das Training betrifft, gibt es keine großen Unterschiede. Ich arbeite eigentlich auf die gleiche Art und Weise wie zuvor. Allerdings ist die ganze Betreuung umfangreicher und professioneller. Man verbringt zum Beispiel mehr Zeit in der Massage als bei einem kleineren Team. Es wird auf jedes Detail geachtet.“
So reibungslos die Eingliederung auf menschlicher Ebene auch war, der Materialwechsel, der mit so einem Mannschaftswechsel einhergeht, gestaltete sich etwas mühseliger. „Es hat sich einfach alles geändert, was sich ändern konnte: neuer Rahmen, neuer Sattel, neue Pedale, neue Schuhe und so weiter. Da weiß man dann am Anfang auch nicht so recht, an was es liegt, wenn die Position auf dem Rad nicht zu 100 Prozent stimmt. Es hat ein wenig gedauert, aber jetzt ist alles perfekt eingestellt.“
Dabei hat es geholfen, dass Kirsch bereits zu seiner Zeit bei Leopard auf einer Trek-Maschine gefahren ist. Bei seinem neuen Rennstall gehört Kirsch zum Team der Klassiker-Spezialisten um den Deutschen John Degenkolb. „Er ist ein richtig sympathischer Kerl, von dem ich noch einiges lernen kann“, erzählt Kirsch.
Für die Etoile de Bessèges sind die Erwartungen beim Luxemburger noch nicht zu hoch. „Man will bei jedem Rennen etwas zeigen, aber ich weiß, dass auch wenn ich mich gut fühle, die Form nie so wirklich da ist.“
Was aber auch nicht weiter tragisch ist, denn der erste Saisonhöhepunkt kommt erst. „Es geht los am 2. März mit dem Omloop Het Nieuwsblad und am Tag darauf folgt schon Kuurne-Brüssel-Kuurne.“ Es ist der Auftakt der Klassikerkampagne, die sich bis zum 14. April hinziehen wird, wenn es bei Paris-Roubaix durch die Hölle des Nordens geht.
Der Rookie
Auf den Kopfsteinpflastern in Nordfrankreich sieht sich auch Tom Wirtgen. Allerdings muss er sich noch etwas gedulden, denn seine Mannschaft Wallonie-Bruxelles hat keine Einladung für Paris-Roubaix erhalten.
Dafür freut sich Wirtgen aber bereits auf den Omloop Het Nieuwsblad. Der 22-Jährige hat für diese Saison seinen ersten Profivertrag beim belgischen Rennstall unterschrieben und ist sozusagen ein Neuling im Profigeschäft.
In der vergangenen Saison fuhr Wirtgen für das Farmteam von Wallonie-Bruxelles und erhielt im Sommer einen Vertrag als Stagiaire. Er hat das Management überzeugen können und ist nun fester Bestandteil der ProContinental-Mannschaft, für die Alex Kirsch noch im vergangenen Jahr fuhr. „Damit ist mein größtes sportliches Ziel in Erfüllung gegangen. Ich habe es bis zu den Profis geschafft“, freut sich Wirtgen. Zurücklehnen wird er sich allerdings nicht. „Ich bin natürlich hochmotiviert und habe im Winter noch nie so hart gearbeitet wie jetzt.“
In welche Richtung sich die Karriere von Tom Wirtgen entwickeln wird, ist momentan schwer zu sagen. „Es wird sich in den nächsten Jahren zeigen, ob ich eher ein Fahrer werde, der sich in den Dienst eines Leaders stellt, oder einer, der auch mal selbst ein Resultat herausfahren kann.“ Am liebsten würde Wirtgen – dessen jüngerer Bruder Luc übrigens in diesem Jahr den Platz von Tom im Development Team von Wallonie-Bruxelles einnimmt – bereits bei der Etoile de Bessèges zeigen, was er kann.
„Vom Profil her kommt mir das Rennen entgegen, vor allem durch das Zeitfahren zum Abschluss. Aber mal sehen, welche Rolle ich in unserer Mannschaft einnehmen werde.“ Vielleicht kann er sich ja in den kommenden Tagen auch noch den einen oder anderen Rat bei seinen beiden erfahreneren Landsleuten abholen.
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