Radsport / Roglic hat die Vuelta durchgespielt: Rosa, Rot - und nun Gelb?
Primoz Roglic zeigte bei der Spanien-Rundfahrt seine Klasse und ist mit seinem vierten Triumph zum Rekordsieger der Vuelta avanciert. Reicht diese, um im kommenden Jahr den Tour-Sieg anzugreifen?
Primoz Roglic sah mit Mütze, Maske und frischem Roten Trikot recht nikolausig aus, Geschenke verteilte er dann folgerichtig auch. Nachdem der slowenische Radstar auf der Königsetappe seinen historischen vierten Vuelta-Sieg praktisch perfekt gemacht hatte, gab es für Söhnchen eins die Tagestrophäe, für Söhnchen zwei das Plüschmaskottchen, für Ehefrau Lora eine innige Umarmung – und für Red-Bull-Bora-hansgrohe-Teamchef Ralph Denk die vorzeitige Gewissheit des ersten großen Rundfahrt-Triumphs seiner teuren Neuverpflichtung.
„Ich fühle mich gut, es ist wirklich ein schöner Tag“, sagte Roglic knapp, nachdem er am Samstag auf dem Picon Blanco im rauen spanischen Norden die letzten Bergangriffe seiner Kontrahenten souverän abgewehrt hatte. Das Zeitfahren am Sonntag in Madrid, das Roglic hinter dem Schweizer Stefan Küng auf Platz zwei beendete, war dann eine 24,6 km lange Triumphfahrt.
2:36 Minuten lag „Rogla“ letztlich vor dem Australier Ben O’Connor. Mit vier Siegen ist der ruhige Slowene nun gemeinsam mit dem Spanier Roberto Heras (2000, 2003 bis 2005) Rekordsieger der Vuelta – auch Roglic hatte diese von 2019 bis 2021 dreimal in Serie gewonnen.
Die Vuelta hat Roglic also durchgespielt. Den Giro und dessen Rosa Trikot hatte er bereits 2023 noch für Jumbo-Visma gewonnen. Bora-hansgrohe war 2022 mit dem Australier Jai Hindley Giro-Sieger. Dem Topstar wie auch dem Team fehlt also der Triumph bei der Tour de France.
Der stärkste Fahrer
Deshalb begleitete Roglic durch die Vuelta diese eine Frage: Kann der Radsport-König von Spanien auch Kaiser von Frankreich werden? Die Erwartungshaltung ist klar: „Das Gelbe Trikot ist mittelfristig das Ziel“, hatte Denk vor der 2024er-Tour gesagt, die für Roglic sturzbedingt früh endete.
In Spanien war Roglic – auch wenn er das Rote Leader-Trikot erst auf der drittletzten Etappe vom Australier Ben O’Connor zurückholte – mit Abstand der stärkste Fahrer. Jedoch: Giro und Vuelta, das zeigte 2024, sind etwas ganz anderes als die Tour.
Den Giro gewann Roglics Landsmann Tadej Pogacar lässig als Vorspeise zum Toursieg, wo er den Dänen Jonas Vingegaard, Tour-Champion 2022 und 2023, sowie den Belgier Remco Evenepoel auf die Plätze verwies. Alle drei fehlten bei der Vuelta.
Selbst in Vuelta-Form dürfte es für Roglic 2025 schwer werden, gegen die drei jüngeren Kontrahenten mitzuhalten. Roglic wird im Oktober 35, in einem solchen Alter gewann nur der Belgier Firmin Lambot die Tour – 1922!
„Natürlich bin ich schon 34, aber ich fühle mich jung“, sagte der frühere Skispringer Roglic, der sich erst als Mittzwanziger ganz auf den Radsport konzentrierte. Reicht das für Denk, auch 2025 auf Roglic zu setzen, der mit kolportierten 4,5 Millionen Euro Jahresgehalt nach Pogacar wohl der zweitbestbezahlte Profi ist? Oder denkt Denk um, auch weil der frisch eingestiegene Dosen-Namenssponsor Maximal-Erfolg sehen will? Gerüchte um Evenepoel halten sich jedenfalls hartnäckig.
Den wortkargen Roglic ficht das nicht an. Standardantwort: Er befasse sich nur mit sich selbst.
Im Überblick
20. Etappe: Villarcayo – Picon Blanco (172 km): 1. Eddie Dunbar (Irland/Jayco AlUla) 4:38:37 Stunden, 2. Enric Mas (Spanien/Movistar Team) 0:07 Minuten zurück, 3. Primoz Roglic (Slowenien/Red Bull-Bora-hansgrohe) 0:10, 4. Richard Carapaz (Ecuador/EF Education-EasyPost) 0:12, 5. Urko Berrade (Spanien/Equipo Kern Pharma) 0:14, 6. Ben O’Connor (Australien/Decathlon AG2R La Mondiale Team) gleiche Zeit, 7. David Gaudu (Frankreich/Groupama-FDJ) 0:21, 8. Mikel Landa (Spanien/Soudal Quick-Step) 0:23, 9. Florian Lipowitz (Deutschland/Red Bull-Bora-hansgrohe) 0:37, 10. Mattias Skjelmose (Dänemark/Lidl-Trek) gleiche Zeit
21. Etappe: Madrid – Madrid (24,6 km/Einzelzeitfahren): 1. Stefan Küng (Schweiz/Groupama-FDJ) 26:28 Minuten, 2. Roglic 0:30 Minuten zurück, 3. Mattia Cattaneo (Italien/Soudal Quick-Step) 0:41, 4. Filippo Baroncini (Italien/UAE Team Emirates) 0:43, 5. Mauro Schmid (Schweiz/Jayco AlUla) 0:46, 6. Mathias Vacek (Tschechien/Lidl-Trek) 0:52, 7. Victor Campenaerts (Belgien/Lotto Dstny) 0:54, 8. Skjelmose 1:01, 9. Harry Sweeny (Australien/EF Education-EasyPost) 1:02, 10. Bruno Armirail (Frankreich/Decathlon AG2R La Mondiale Team) 1:03
Stand in der Gesamtwertung nach 21 von 21 Etappen: 1. Roglic 81:49:18 Stunden, 2. O’Connor 2:36 Minuten zurück, 3. Mas 3:13, 4. Carapaz 4:02, 5. Skjelmose 5.49, 6. Gaudu 6:32, 7. Lipowitz 7:05, 8. Landa 8:48, 9. Pavel Sivakov (Frankreich/UAE Emirates) 10:04, 10. Carlos Rodriguez (Spanien/Ineos Grenadiers) 11:19
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