Tageblatt-Serie / Rollstuhlbasketball: Die Lux Rollers und ein inklusiver Sport par excellence
1987 wurden die Lux Rollers – der einzige luxemburgische Rollstuhlbasketball-Verein – gegründet. Das Tageblatt blickt kurz vor dem Saisonauftakt am Wochenende genauer auf die Sportart, den Klub und beleuchtet die aktuellen Probleme.
Fast von Anfang an, die Gründung der Lux Rollers fand 1987 statt, ist der heutige Vereinspräsident Raymond Schintgen Mitglied der einzigen luxemburgischen Rollstuhlbasketball-Mannschaft. Sechs Monate nach seinem Autounfall und in seiner Rehabilitationsphase wurde Schintgen auf der Schobermesse von den Verantwortlichen der Lux Rollers, Sylvie und Eugène Trausch, angesprochen, doch einmal zu einem Probetraining vorbeizuschauen. „Ich hatte vorher nicht viel Sport betrieben, etwas Tischtennis, und war eher im musikalischen Bereich unterwegs“, erklärt er seinen Werdegang. „Es gab damals nicht viel Möglichkeiten, sich sonst als Rollstuhlfahrer aktiv zu betätigen. Rennrollstuhl und Handbike kamen erst später.“
Schintgen, der auch Vorsitzender der AVR („Association des victimes de la route“) war, weiß die Vorteile solcher Vereinigungen zu schätzen. „Hier kommen Leute zusammen, welche die gleichen Probleme kennen. Es besteht die Möglichkeit, sich über Alltagsprobleme auszutauschen.“ Dies kann auch der Schriftführer der Lux Rollers, Philippe Faber, der seit einem Autounfall im frühesten Kindesalter auf den Rollstuhl angewiesen ist, bestätigen. „Ich bin mit meinem Handicap aufgewachsen. Ich kenne das Leben nicht anders. In der Schule hat man zwar versucht, den Unterricht an mich anzupassen, aber meistens musste ich beim Sport zusehen. Bei den Lux Rollers konnte ich erstmals richtig teilnehmen. Außer Schwimmen als Freizeitsport hatte ich sonst nichts gekannt“, so der Gemeindebeamte aus Redingen.
Faber erzählt, dass er zwar als Zwölfjähriger mit den Erwachsenen trainieren musste, aber unterstreicht, dass er von da an mit seinen Problemen nicht mehr alleine war. „Ich habe die Entscheidung, zu den Lux Rollers zu gehen, nicht bereut. Sie sind zu meiner zweiten Familie geworden und haben meinen Charakter enorm geprägt. Vorher hatte ich keine Kollegen, die wie ich Rollstuhlfahrer waren.“ Und wie meistens bei den Para-Sportlern half auch hier einmal mehr der Zufall. Faber war vergebens auf der Suche nach einer Sportart für sich, ehe ein Radiospot Hilfe versprach. „Gut, dass mein Onkel einen Stift dabei hatte, als wir im Radio den Aufruf nach Nachwuchs von Pol Medernach, dem damaligen Trainer der Lux Rollers, hörten. So kam es 2003 zum Kontakt mit den Lux Rollers.“ Auch heute ist es noch nicht einfach, Informationen über Sportangebote für Körperbehinderte zu finden. Philippe Faber plädiert deswegen für das Schaffen einer allgemeinen Plattform, auf der sämtliche sportlichen Möglichkeiten in diesem Bereich aufgelistet wären.
Suche nach neuen Mitgliedern
Denn auch heute sucht der Verein weiter nach jungen Mitgliedern. Die Rekrutierung gestaltet sich schwierig, auch wenn augenblicklich, wohl unter dem positiven Eindruck der rezenten Paralympics in Paris, einige Neulinge im Team der Lux Rollers antreten. „Momentan können wir zwölf bis 14 Aktive beim Training zählen“, berichtet der Vorsitzende des Vereins. „Auch der Altersdurchschnitt nimmt durch die aktuellen Neuzugänge deutlich ab.“ Rollstuhlbasketball ist ein inklusiver Sport par excellence, da zu einem Team Spieler verschiedener Behindertengrade und sogar Fußgänger gehören. „Man braucht genügend Spieler der verschiedenen Segmente, wie ,Niedrigpunktespieler‘, ,Mittelpunktespieler‘ und ,Fußgänger‘. Man muss überall gut aufgestellt sein.“
Wir nehmen den Kindern die Angst vor dem Rollstuhl, erklären ihnen, wer wir sind, was wir machen und weshalb wir im Rollstuhl sitzenüber Sensibilisierungsaktionen der Lux Rollers
Es besteht also die Möglichkeit für Basketballer, mit zum Beispiel Kniebeschwerden, ihren Sport weiter bei und mit den Lux Rollers zu betreiben. Erstaunlicherweise kommen die Fußgänger im Team alle aus dem nahen Trier und keiner aus Luxemburg. Nach der Neuordnung der Ligen, mit einer doppelten 2. Bundesliga und einer Neueinteilung in den Regionalligen, steht für die Lux Rollers ein Übergangsjahr an. Philippe Faber sieht die Zukunft somit optimistisch. „Letztes Jahr beendeten wir die Meisterschaft auf dem siebten und somit zweitletzten Platz. Aber da die guten Teams in die zweiteilige 2. Bundesliga aufgestiegen sind, erhoffen wir uns einen Mittelrang. Wir spielen dabei gegen, für uns, unbekannte Mannschaften und starten diesmal in der Regionalliga Nord. Momentan ist an einen Aufstieg nicht zu denken, aber mit einem neuen, jungen Team wäre das vielleicht in einigen Jahren zu schaffen.“
Die Rekrutierung von neuen Spielern, aber auch von freiwilligen Helfern auf allen Ebenen bleibt ein ewiges Thema. Auch die Finanzierung der Aktivitäten des Vereins bereitet den beiden Verantwortlichen Sorgen. Erst kürzlich wurden zwei neue Sportrollstühle im Wert von 12.000 Euro angeschafft. Bei einem jährlichen Etat von 40.000 Euro macht man da keine großen Sprünge mehr, denn zu den üblichen Ausgaben gehören die Bustransfers zu den Auswärtsspielen, die Zuwendungen für die Schiedsrichter und die Trainer.
Wichtige Sensibilisierungsaktionen
Viel Zeit opfern die einzelnen Lux-Rollers-Vertreter mit ihren Auftritten in diversen Schulen. Gut und gerne kostet diese Herzensangelegenheit den einzelnen Aktiven bis zu acht Urlaubstage im Jahr. „Diese Sensibilisierungsaktionen gehören bereits seit jeher zu unseren Hauptaufgaben, neben dem eigentlichen Sportbetrieb“, unterstreicht Raymond Schintgen. „Hier geht es in Richtung Inklusion. Indem wir die neuen Generationen ansprechen, suchen wir Multiplikatoren in Richtung Inklusion.“ Und Philippe Faber fügt hinzu. „Wir nehmen den Kindern die Angst vor dem Rollstuhl, erklären ihnen, wer wir sind, was wir machen und weshalb wir im Rollstuhl sitzen.“
Für die beiden Lux-Rollers-Vertreter und Spieler ist eines ganz klar: dass man konkret zeigen kann, dass auch nach einem Unfall das Leben weiter geht und dass Sport für Personen mit einem Handicap die beste „ré-éducation“ bedeutet. Nur so kann man sich fit halten, um im Alltag zurechtzukommen. Im Basketball spielt zudem der soziale Aspekt im Teamgefüge.
Im Überblick
Der Spielkalender der Lux Rollers:
20. Oktober (11.00 Uhr): RRR Wiesbaden im Rehazenter
20. Oktober (15.00): RBC Köln 99ers 2 im Rehazenter
8. Dezember (13.00): SFD Bad Kreuznach in Dortmund
8. Dezember (15.00): RBG Dortmund in Dortmund
11. Januar (13.00): RBG Dortmund in Bonn
11. Januar (15.00): ASV Bonn in Bonn
19. Januar (11.00): RBC Köln 99ers 2 im Rehazenter
19. Januar (13.00): SGK Rolling Chocolate im Rehazenter
8. Februar (10.00): Rhine River Rhinos Wiesbaden 2 in Wiesbaden
8. Februar (12.00): SGK Rolling Chocolate in Wiesbaden
15. März (12.00): Hot Rolling Bears in Bad Kreuznach
15. März (14.00): SFD Bad Kreuznach in Bad Kreuznach
Die Grundregeln
Rollstuhlbasketball ist eine adaptierte Sportart, die sich fast gar nicht vom traditionellen Basketball unterscheidet. Größe des Basketballfeldes und Höhe des Korbes sind identisch, genau wie die Kennzeichnung der Drei-Punkte-Linie, die Beschaffenheit des Balles sowie die Dauer eines Matches. So darf ein Spieler in Ballbesitz die Seitenlinie nicht mit irgendeinem Teil seines Rollstuhls überschreiten, nur bei einem Freiwurf dürfen die Spieler mit ihren kleinen Rädern die Wurflinie berühren. Eine weitere Anpassung betrifft die „Schritte“ und „Doubles“. In Ballbesitz darf man nur zweimal seinen Rollstuhl anschieben, bevor der Ball gedribbelt, geworfen oder gepasst werden muss. Die Punktevergabe für die einzelnen Spieler hängt von den jeweiligen Behinderungen ab. Je nach Schweregrad der Behinderung kann die Zahl zwischen 1 und 4,5 schwanken. Im Spiel darf dieser Wert pro Team nie 14,5 Punkte überschreiten. Ziel dieses Systems ist es, kein Team aufgrund einer möglicherweise geringeren Mobilität zu benachteiligen.
Serie: Para-Sportler im Fokus
Seit April beschäftigt sich das Tageblatt in einer monatlichen Serie mit den verschiedensten luxemburgischen Para-Sportlern. Bisher wurden Einzelsportler, wie der sehbehinderte Judoka Roberto Lomba (18. April), die Tischtennisspieler Philippe Hein und Matteo Scuto (16. Mai), der Leichtathlet Massimo Saputo (20. Juni) sowie der Fahrradfahrer Amsal Redzepovic (17. Juli) vorgestellt. Nach einer Unterbrechung im Sommer durch die ausführliche Berichterstattung der Paralympics in Paris ist zum ersten Mal eine Kollektivsportart an der Reihe, dies mit den Rollstuhlbasketballern.
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