Paris / Schwanger zu Gold oder riesig am Netz: Internationale Gesichter der Paralympics
Eine schwangere Goldmedaillengewinnerin, eine erfundene Haiattacke, ein wahrer Riese am Netz oder eine Bogenschützin, die mit dem Mund abfeuert: Viele der Athletinnen und Athleten bei den Paralympics in Paris haben interessante Geschichten zu erzählen.
Jodie Grinham (Großbritannien/Bogenschießen)
Die Präzisionskünstlerin gewann in Paris bereits Gold im Mixed-Team und Einzel-Bronze. So weit, so gut. Aber die 31-jährige Grinham ist schwanger, und das bereits im siebten Monat. Sie ist damit die erste schwangere Medaillengewinnerin in der Geschichte der Sommerspiele. Noch kurz vor ihrem ersten Auftritt musste sie zu einer Kontrolle in ein Krankenhaus in Paris, doch dem Baby geht es gut.
Jewhenij Korinez und Dmytro Melnyk (Ukraine/Sitzvolleyball)
Bis mindestens Mittwoch ist das Duo noch in Paris, dann geht es zurück in die Heimat. Melnyk zurück zu den Soldaten seiner Einheit an der Kriegsfront, von der Korinez nur zu gut weiß, was für gräuliche Dinge dort passieren können. Schließlich war er mal an Melnyks Stelle, bevor er sein Bein verlor. Dem Verteidigungskrieg gegen den russischen Aggressor konnten beide für ein paar Wochen entfliehen.
Anja Händen (Schweden/Tischtennis)
Die 20-Jährige verlor bei einem Haiangriff eine Hand. So erzählte sie es zumindest auf ihrem TikTok-Kanal. Das Video ging viral. Doch dann beichtete Händen: Alles nur ein Scherz, ein Freund hatte sie angestiftet. Tatsächlich ist Händen schon ohne die Hand auf die Welt gekommen.
Valentina Petrillo (Italien/Leichtathletik)
Die 51-Jährige wurde als Mann geboren, doch so fühlte sie sich nicht. 2019 begann sie mit einer geschlechtsangleichenden Hormontherapie. Noch als Mann gewann Petrillo elf nationale Titel, als Frau wurde sie zweimal WM-Dritte. Nun trat Petrillo über die 400 m als erst zweite Transfrau überhaupt bei den Paralympics an.
Bebe Vio (Italien/Rollstuhlfechten)
1,3 Millionen Menschen folgen bei Instagram der Influencerin, die im Alter von elf Jahren beide Unterarme und beide Beine wegen einer bakteriellen Hirnhautentzündung verlor. Nach nur drei Monaten intensiver Rehabilitation stand sie wieder auf der Planche. Sie ist die einzige Fechterin ohne Arme, das Florett wird mit einer Prothese an ihrem linken Ellenbogen befestigt. In Rio und Tokio gewann sie jeweils Gold.
Morteza Mehrzadselakjani (Iran/Sitzvolleyball)
Mit dem Schlafplatz ist es für den zweimaligen Paralympics-Champion so eine Sache. In Tokio bekam Mehrzadselakjani noch ein Spezialbett, in Paris wurde ihm dieses Bonbon verwehrt. Also muss der Iraner auf dem Boden liegen – denn er ist mit 2,46 Meter der zweitgrößte Mensch der Welt. Mit 15 Jahren erlitt er bei einem Fahrradunfall einen Beckenbruch, in Folge stoppte das Wachstum seines rechten Beins, es blieb 15 Zentimeter kürzer. Deshalb bewegt er sich nur mit Rollstuhl oder Krücken fort, im Sitzvolleyball ist er einer der Weltbesten.
Bruna Alexandre (Brasilien/Tischtennis)
Die 29-Jährige startete in diesem Sommer gleich doppelt in Paris. Denn bevor sie sich bei den Paralympischen Spielen Bronze in Doppel und Einzel sicherte, spielte sie bereits bei Olympia gegen die „Nicht-Behinderten“ – und das mit nur einem Arm. Bei den Olympischen Spielen schied sie mit Brasilien im Teamwettbettbewerb in der ersten Runde aus, doch das war Nebensache. Das wichtige war die Inklusionsbotschaft.
Sheetal Devi (Indien/Bogenschießen)
Die 17-Jährige sorgte am Invalidendom für erstaunliche Bilder. Denn als erste Person ohne Arme trat Devi bei den Paralympics im Bogenschießen an – und machte das außerordentlich gut: Mit dem indischen Mixed-Team reichte es im Compound für Bronze, im Einzel ging es bis ins Achtelfinale. Statt mit den Händen spannt sie den Bogen mit dem Fuß und mit dem Mund – und ihre einzigartige Technik ging viral: Ihr Video vom Wettbewerb in Paris wurde millionenfach geklickt.
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