Tennis / „Sehe, dass es möglich ist“: Chris Rodesch strebt nach dem College den Durchbruch als Profi an
Eine Mononukleose hatte Chris Rodesch Ende Mai außer Gefecht gesetzt. Er konnte deshalb seinem Team der University of Virginia nicht helfen, den Titel in der College-Meisterschaft NCAA zu verteidigen. Inzwischen hat sich der 22-Jährige erholt, sein Studium abgeschlossen und ist bereit, seine Profikarriere zu starten. Rodesch will schnell in der Weltrangliste nach oben klettern und möglichst bald an Grand-Slam-Qualifikationen teilnehmen. Mit dem Tageblatt sprach er über seine Ambitionen.
Tageblatt: Die College-Saison ging im Mai zu Ende. Danach sind Sie bei zwei ITF-Turnieren mit einer Final- und einer Halbfinalteilnahme in den Sommer gestartet. Sind Sie damit zufrieden?
Chris Rodesch: Am Ende meiner College-Saison war ich für einen Monat out. Ich musste mich zurückkämpfen, bin aber zufrieden mit den Fortschritten, die ich danach gemacht habe, und wie ich seitdem spiele.
Warum waren Sie am Ende der College-Saison out?
Ich hatte eine Mononukleose. Wenn ich damit weitergespielt hätte, hätte das sehr gefährlich werden können. Ich lag zwei Wochen nur im Bett. Während drei Wochen konnte ich gar keinen Sport machen. Auch danach habe ich mich auf dem Platz noch sehr schwach gefühlt. Mittlerweile fühle ich mich aber wieder fit.
Wie schwierig war es, sich nach drei Wochen ganz ohne Sport wieder zurückzukämpfen?
Ich habe mir dieses Virus während der Woche des NCAA-Turniers (in der der College-Champion der USA ermittelt wird; Anm. d. Red.) eingefangen. Das heißt, ich konnte meinem Team auch nicht mehr helfen. Das war besonders mental schwierig. Ich wollte bei meinem letzten NCAA-Turnier für meine Mannschaft kämpfen. Es ist sehr schade, dass ich das nicht konnte. Mittlerweile bin ich aber wieder sehr motiviert. Mein Körper hat sich ziemlich schnell erholt. Ich bin positiv überrascht, wie ich danach auf das intensive Training reagiert habe.
Wie blicken Sie bis zu diesem Moment auf Ihre letzte Saison am College zurück?
Ich blicke eigentlich ganz positiv darauf zurück. Ich war Kapitän des Teams – es war wie gesagt schade, dass ich als Nummer eins dann nicht mehr spielen konnte. Mein Team hat aber auch ohne mich ein gutes Ergebnis gemacht und das Viertelfinale erreicht. Leider konnten wir den Titel nicht verteidigen, das Viertelfinale ist aber auch eine großartige Leistung. Vor dem Virus war ich im College-Einzelranking die Nummer drei, am Ende der Saison war ich Siebter. Wenn man sieht, wie ehemalige College-Spieler mittlerweile auf der Profitour immer größeren Erfolg haben, ist das eine tolle Platzierung. Das Niveau des College-Tennis ist in den letzten Jahren sehr gestiegen, deswegen macht es mich stolz, dass ich in meiner Zeit dort so positive Ergebnisse und Fortschritte machen konnte. Insgesamt bin ich mit dem Team und mir individuell sehr zufrieden. (Rodesch hat 2022 und 2023 mit der University of Virginia die College-Meisterschaft NCAA gewonnen; Anm. d. Red.).
Ist es Ihr Ziel, jetzt Profispieler zu werden?
Ja, ich will jetzt Profi werden und die Chancen nutzen, die ich mir erarbeitet habe. Ich arbeite mit einer Agentur zusammen und habe mir in Amerika jetzt auch schon einen Namen gemacht. Ich will das nutzen und mein Bestes geben. In den letzten Jahren habe ich rechts und links immer ein paar Turniere gespielt – aber um sich auf der Tour beweisen zu können, muss man mindestens ein, zwei Jahre durchgehend spielen. Danach sieht man, wie das Niveau wirklich ist. Das motiviert mich. Dass ich jetzt Profi werde, ist ein Kindheitstraum, der wahr wird.
Wie schwierig ist der Übergang vom College-Tennis ins Profigeschäft?
Der Sport bleibt der gleiche. Es geht um Ergebnisse. Man muss in jedem Match alles geben. Man muss so kompetitiv wie möglich und in jedem Spiel bereit sein. Auch neben dem Platz muss man alles perfekt machen. Das ist kein Geheimnis. Es wird aber trotzdem anders werden. Man ist mehr auf sich alleine gestellt. Am College war ich immer Teil eines Teams. Das heißt, ich muss mir jetzt ein bisschen mein eigenes Team aufbauen. Ich habe da gute Unterstützung von Estess, einer Akademie, mit der ich in Luxemburg zusammenarbeite, und auch von meinem Trainer Anders (Johansson). Ich versuche es ein bisschen so zu machen wie am College und als Team zu arbeiten. Es ist wichtig für mich, das noch ein bisschen beizubehalten. Wenn man für etwas spielt, das größer ist als man selbst, fühlt man sich besser auf dem Platz.
Einige Spieler, die ich in den vergangenen Jahren am College geschlagen habe, spielen mittlerweile Grand-Slam-Qualis. Das motiviert mich und zeigt mir, dass ich das auch erreichen kann.über seine Ziele
Aufgrund Ihrer Einzelleistungen in der NCAA-Meisterschaft und Ihrer Position im College-Ranking wurden Sie in das „ATP Accelerator Programme“ aufgenommen, wodurch Sie Wildcards für die Teilnahme an ATP-Challenger-Turnieren erhalten. Vereinfacht das den Schritt ins Profileben?
Ja, ich habe acht Wildcards für das Hauptfeld von Challenger-Turnieren bekommen. Das ist eine Megachance. Ich werde diese in den nächsten Monaten nutzen. Das vereinfacht den Schritt – aber man muss auch Ergebnisse liefern. Dieses Programm wurde ins Leben gerufen, weil man gesehen hat, dass das College-Niveau gestiegen ist. Das kam alles ein bisschen mit dem Hype um Ben Shelton. Immer mehr Spieler kamen in die Top 100. Diesen Schritt wollte man mit diesem Programm vereinfachen. Man muss die Chance natürlich auch nutzen. Es ist schön und gut, dass ich die Wildcards bekommen habe – am Ende zählen aber die Ergebnisse.
Gibt es Etappenziele, die Sie in den kommenden Monaten nach und nach erreichen wollen?
Ich will so schnell wie möglich aus der Future-Tour (ITF-Turniere) heraus. Das ist sehr wichtig. Ich bin der Meinung, dass die Kultur bei ATP-Challengern einfach besser ist: die Spieler, die Stimmung. Das Umfeld ist einfach professioneller. Diese Stufe will ich so schnell wie möglich erreichen und dann größere Turniere spielen. Ich sehe, dass es möglich ist. Einige Spieler, die ich am College geschlagen habe, spielen mittlerweile Grand-Slam-Qualis. Das motiviert mich und zeigt mir, dass ich das auch erreichen kann. Es geht jetzt darum, Ergebnisse zu liefern und immer weiter zu arbeiten.
Ab Mittwoch schlagen Sie in Esch bei den Sudstroum Open vor Ihrem heimischen Publikum auf. Wie wichtig ist dieser Termin für Sie und was haben Sie sich vorgenommen?
Es ist immer toll, zu Hause zu spielen. Das macht auch Spaß, es ist eine tolle Atmosphäre und immer ein ganz anderes Erlebnis als üblich bei Turnieren im Ausland. Es wird sicher eine tolle Woche. Ich werde jetzt erst einmal schauen, wie es läuft, und nehme Spiel für Spiel. Das Ziel ist es, so weit wie möglich zu kommen – aber ich will mir nicht zu großen Druck machen.
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