Kopf des Tages / Seit Jahren auf allerhöchstem Niveau: Radprofi Christine Majerus ist die Konstanz in Person
Radprofi Christine Majerus fährt seit Jahren auf höchstem Niveau
Mit ihrem 10. Platz bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft in Ostende hat Christine Majerus sogar sich selbst etwas überrascht. Auf diesem Parcours hatte sie eigentlich nicht mit einem solchen Ergebnis gerechnet. Die sechsfache Sportlerin des Jahres, die über Tennis und Leichtathletik zum Radsport kam, ist seit Jahren der Inbegriff von Konstanz auf höchstem Niveau, ganz gleich, ob es um Straßenrennen – ihren eigentlichen Job – oder Querfeldein – ihre Leidenschaft – geht.
Majerus fährt seit Jahren in beiden Disziplinen in der Weltspitze. Lange Zeit hat sie hierfür aber nicht die Anerkennung bekommen, die sie eigentlich verdient hatte, vor allem in den Medien. Das Tageblatt war da keine Ausnahme. Obwohl Majerus dafür bekannt ist, ihren Weg zu gehen und sich dabei nichts daraus zu machen, was andere davon halten, hat es sie doch irgendwie geprägt. Verständlich, wenn man bei der Flandern-Rundfahrt, einem der größten Tagesrennen im Radsport, Achte wird und das in den Medien bloß eine Randnotiz wert ist. Zugleich wird aber groß über das Rennen der Männer berichtet, das ohne Luxemburger Beteiligung stattfindet. „Christine ist nie Rad gefahren, um Anerkennung zu bekommen. Aber natürlich hat sie diese geringe Wertschätzung gewurmt“, sagte ihr langjähriger Trainer Michel Zangerlé einmal gegenüber dem Tageblatt.
Kein Blatt vor den Mund
Es ist nicht nur diese geringe Wertschätzung der eigenen Leistung, sondern die große Diskrepanz zwischen Männern und Frauen, die gegen Majerus’ Gerechtigkeitssinn gehen. Und wenn es ihrer Meinung nach Ungerechtigkeiten gibt, nimmt sie kein Blatt vor den Mund. Dann wird schon mal der nationale Radsportverband FSCL wegen mangelnder Förderung des Damenradsports kritisiert. „Es ist nicht immer leicht mit Christine, aber das meine ich im positiven Sinne. Sie steht für ihre Überzeugungen ein und das rechne ich ihr sehr hoch an“, sagte FSCL-Präsident Camille Dahm im Rahmen der Cyclocross-Weltmeisterschaft 2020 gegenüber dem Tageblatt.
Seit der Flandern-Rundfahrt 2012 hat sich die Situation wenigstens für Majerus etwas verändert. Seitdem hat sie ihr Sportstudium abgeschlossen, die Grundausbildung in der Armee hinter sich gebracht und sich voll und ganz auf den Radsport konzentriert. Ihre Leistungen entgehen der Öffentlichkeit schon lange nicht mehr. „Sie ist in den vergangenen Jahren definitiv gelassener geworden“, sagt Zangerlé zu ihrer persönlichen Entwicklung. Obwohl die mit ihrer Freundin Fabienne bei Paris lebende Profisportlerin nach außen hin nicht mehr so verbissen wirkt, hat sie nichts von ihrem Ehrgeiz eingebüßt. „Sie hat einen starken Charakter, das weiß sie selbst“, so Zangerlé, der seinen Schützling eher bremsen als motivieren musste.
Wendepunkt Beles 2017
Ihr Charakter ist ein Grund dafür, dass sie seit Jahren in zwei Disziplinen zur Weltspitze gehört. „Ich habe keinen anderen Menschen getroffen, der so professionell arbeitet wie Christine. Sie ist einfach ein Musterathlet“, hatte Chantal Hoffmann vor gut einem Jahr gegenüber dem Tageblatt gesagt. Die mittlerweile zurückgetretene Radfahrerin war jahrelang Teamkollegin von Majerus in der Nationalmannschaft. Beide verbindet eine gute Freundschaft. „Christine ist zugleich einer der witzigsten Menschen, die ich kenne. Es hat immer unglaublich viel Spaß gemacht, mit ihr unterwegs zu sein“, so Hoffmann.
Spätestens seit der Cyclocross-Weltmeisterschaft in Beles hat sich die öffentliche Wahrnehmung stark verändert. Majerus ist das Aushängeschild schlechthin des Luxemburger Sports geworden. Ihre Popularität versucht sie für den Kampf der Gleichberechtigung wie für soziale Zwecke zu nutzen. Den Blick für das Leben außerhalb des Profisports hat sie nie verloren. „Mit ihr kann man über alles reden, sie ist ein sehr interessanter Mensch“, sagt ihr Trainer. Am 25. Februar feiert Majerus ihren 34. Geburtstag. Bei ihrem Team SD Worx hat sie noch einen Vertrag bis Ende 2022. Wie lange ihre Karriere noch dauern wird, ist momentan noch offen. Der Anerkennung wegen muss sie jedenfalls nicht fahren, die hat sie sich bereits mühselig erarbeitet.
- Wie der Ochse vorm Weinberg: Die Tageblatt-Redaktion versucht sich als Winzer - 20. November 2024.
- Auf der Suche nach besseren Zeiten - 9. November 2024.
- Wie die Lokaljournalisten Kayla und Micah gegen die Polarisierung ankämpfen - 3. November 2024.
Gratulatioun Christine. Alt nees eng super Leeschtung. Chapeau!