Fussball / Sieg über Tschechien: Türkeis EM-Party geht weiter
Die Türkei müht sich in Überzahl zu einem späten Sieg gegen Tschechien. Hakan Calhanoglu und Cenk Tosun bewahren ihre Mannschaft in Hamburg vor dem Aus, das den Rivalen ereilt.
Die EM-Party geht weiter, jetzt warten Ralf Rangnicks Österreicher: Hakan Calhanoglu hat die Türkei erstmals seit 16 Jahren in die K.o.-Runde eines großen Turniers geschossen. Ausgerechnet der Ex-Hamburger traf in seinem alten Wohnzimmer und führte sein Team zu einem 2:1 (0:0) gegen Tschechien – für den dezimierten Vize-Europameister von 1996 ist das Turnier dagegen schon beendet.
Nach einer glanzlosen ersten Hälfte traf Calhanoglu kurz nach der Pause mit einem satten Rechtsschuss (51.) und ließ die vielen türkischen Fans im Volksparkstadion jubeln. Die Tschechen, die nach der frühen Gelb-Roten Karte für Antonin Barak (20.) über 70 Minuten in Unterzahl agierten, glichen zwar durch Tomas Soucek (66.) aus. Am Ende fehlte ihnen neben der Power aber auch das notwendige Spielglück. Cenk Tosun (90.+4) machte in einer wilden Schlussphase für die Türken alles klar, die Arena bebte.
Tschechien hätte einen Sieg benötigt, um ins Achtelfinale einzuziehen. Dort stehen nun die „Ay-Yildizlilar“ (die Halbmond-Sterne), die sich mit sechs Punkten Platz zwei in Gruppe F sicherten. Am kommenden Dienstag geht es in Leipzig gegen Österreich. Tschechien, noch vor drei Jahren Viertelfinalist, erlebte dagegen eine herbe Enttäuschung. „Wir wollen nicht nur unsere Fans glücklich machen, sondern die gesamte Türkei“, hatte Calhanoglu vor dem Spiel gesagt und betont: „Jeder will Erfolg sehen.“
Die immense Erwartungshaltung wurde auch in Hamburg begleitet von einer unglaublichen EM-Euphorie. Bei traumhaftem Wetter zogen nach Polizeiangaben über 20.000 Anhänger auf gleich drei Fanmärschen durch die Stadt, zündeten Bengalos und feierten schon vor dem Anpfiff eine riesige rot-weiße Party – die sich im Volksparkstadion nahtlos fortsetzte.
Calhanoglu führt Türkei an
Zwar gehörte den Tschechen die Anfangsphase, sie suchten auch ohne ihren EM-Rekordtorjäger Patrik Schick (Wadenverletzung) sofort den Vorwärtsgang. Doch zu nennenswerten Chancen kamen sie nicht, die Türken standen sicher. Und wenn doch etwas durchkam, war Mert Günok zur Stelle.
Der abgefälschte Schuss von Lukas Provod (2.) stellte den türkischen Keeper ebensowenig vor Probleme wie der Fernschuss von David Jurasek (15.). Brenzliger wurde es, als der Hoffenheimer Sekunden vor dem Seitenwechsel plötzlich allein vor dem türkischen Tor auftauchte. Günok parierte mit dem Oberkörper.
Dennoch: Die Türken hatten deutlich mehr vom Spiel – scheuten aber zunächst das Risiko. Während die Tschechen nach dem berechtigten Platzverweis früh in den Seilen hingen, fehlte es bei Calhanoglu und Co. an der letzten Konsequenz. Mehr als einen 25-Meter-Versuch (13.) und einen abgeblockten Seitfallzieher (27.) jeweils von Supertalent Arda Güler bekamen die Türken vorne im ersten Abschnitt nichts zustande.
Doch dann drehte Calhanoglu auf. Der Spielmacher schoss die Türkei gleich mit seinem ersten Abschluss ins Glück. Weil die Türken in der Folge aber zu sorglos mit ihren Chancen umgingen, kam Tschechien zurück ins Spiel. Soucek profitierte bei seinem Treffer von einem Fehler Günoks, der eine Flanke aus den Fingern flutschen ließ und so den Ausgleichstreffer erst ermöglichte. In der Folge rannte Tschechien wie wild an, die Türken wankten – und jubelten am Ende doch über den Siegtreffer.
Georgien überrascht Portugal
Der krasse Außenseiter Georgien hat mit einem Coup gegen Portugal und Rekordjäger Cristiano Ronaldo sein Fußball-Märchen fortgeschrieben. Mit einem 2:0 (1:0) gegen den Ex-Europameister und dessen Altstar zog der EM-Neuling ins Achtelfinale ein und sorgte damit für die bislang größte Überraschung der EURO. Ein Blitztor von Chwitscha Kwarazchelia nach 94 Sekunden und ein Elfmeter nach Videobeweis verdarben Ronaldo ein historisches Jubiläum: Der 39-Jährige bestritt sein 50. Spiel bei einem großen Turnier – als erster Europäer.
Den ersten EM-Sieg der Georgier machte Georges Mikautadse perfekt, der vom Elfmeterpunkt sein schon drittes Turniertor erzielte (57.). Danach gab es kein Halten mehr: Alle Ersatzspieler stürmten auf den Platz. Schiedsrichter Sandro Schärer aus der Schweiz hatte erst nach Ansicht der Videobilder auf Strafstoß entschieden: Antonio Silva hatte Luka Lochoschwili zu Fall gebracht.
Die unglaubliche Geschichte der EM-Novizen geht am Sonntag (21.00 Uhr) weiter, wenn in der ersten K.o.-Runde in Köln der Titelfavorit Spanien der Gegner ist. Ronaldo und Co., die bereits vor der Partie als Erster der Gruppe F festgestanden hatten und weitgehend mit der zweiten Garde spielten, treffen am Montag (21.00 Uhr) in Frankfurt auf Slowenien.
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