Der Spielermarkt im Basketball / Spielervermittler Rui Nunes berichtet über die Lage auf dem Transfermarkt: „Eine Katastrophe“
Keine einfache Zeit für Profispieler im Basketball: Nicht nur in Luxemburg hat es bereits einige US-Spieler getroffen, deren Verträge aufgrund der aktuellen Unterbrechung der Saison aufgelöst wurden. Auch international steht der Spielermarkt aktuell weitestgehend still. Das Tageblatt unterhielt sich mit Rui Nunes, der sich in Luxemburg als Spielervermittler in den letzten Jahren einen Namen gemacht hat, über die aktuell schwierige Situation.
Corona hat den internationalen Spielermarkt hart getroffen. „Es ist schon eine Katastrophe“, fasst Rui Nunes die aktuelle Situation nüchtern zusammen. Der 34-Jährige, der nach einem letzten Meisterschaftseinsatz im Januar dieses Jahres seine aktive Basketballkarriere endgültig beendet hat, hat sich in den vergangenen Jahren in Luxemburg ebenfalls einen Namen als Spielervermittler gemacht. Im Jahr 2013 gründete der vom Weltverband FIBA zertifizierte Agent die Agentur Coast to Coast, ist dennoch froh, dass dies aktuell nicht sein hauptberufliches Standbein ist. „Natürlich hofft man, dass man aus seiner Leidenschaft irgendwann einmal einen Fulltime-Job machen kann“, doch aufgrund der Corona-Pandemie ist Nunes – der ebenfalls im Bildungsbereich angestellt ist – hier aktuell weit entfernt. „Ich könnte noch heute zehn Vereine anrufen, doch bringen würde es rein gar nichts.“
Denn bereits in normalen Zeiten ist der Profimarkt im Basketball hart umkämpft, das Angebot an Spielern ist stets viel größer als die Nachfrage. Nun kommt jedoch noch hinzu, dass zurzeit in vielen Ländern der Spielbetrieb stillsteht. In Luxemburg ruht die Basketballmeisterschaft in sämtlichen Klassen beispielsweise bereits seit Ende Oktober, eine Wiederaufnahme vor Februar ist unrealistisch, da durch die Verlängerung des aktuell gültigen Gesetzes ein normales Mannschaftstraining vorerst bis zum 15. Januar nicht möglich sein wird. International wird in den höchsten Ligen zwar weitestgehend weitergespielt, das Problem sind laut Nunes jedoch die unteren Spielklassen, in denen fast überall eine Zwangspause herrscht. „In Deutschland etwa werden auch in der Regionalliga US-Spieler verpflichtet, so sieht es in vielen Ländern aus, und gerade hier, in den unteren Divisionen, fehlt durch Corona zurzeit die Nachfrage.“ So bleiben aktuell viele Profis auf ihren gepackten Koffern sitzen und die, die das Glück hatten, doch einen Vertrag zu ergattern, verdienen inzwischen deutlich weniger als noch im vergangenen Jahr, denn die finanziellen Konsequenzen der Pandemie haben die Klubs quer durch Europa zu spüren bekommen. „Weniger Geld heißt gleichzeitig auch weniger verfügbare Plätze für Profispieler“, fasst der 34-Jährige die Lage zusammen.
Corona-Klausel
„Ein weiteres Problem ist die G-League, die hat noch gar nicht angefangen“, erklärt Nunes weiter. Diese nordamerikanische Liga, in der die sogenannten Farmteams der NBA-Mannschaften gegeneinander antreten, ist für viele ein Sprungbrett für eine Verpflichtung in der stärksten Basketball-Liga der Welt. Aktuell versuchen jedoch gerade viele dieser Spieler, ebenfalls international einen Profivertrag zu bekommen, und die Topklubs, etwa in Europa, haben somit die Qual der Wahl. Verlierer sind somit die Profis, die zu schwach für eine der Topligen sind, aber auch viele Rookies, die direkt vom College kommen. „Sonst haben 50 Prozent der Rookies einen Vertrag in Europa erhalten, dies hat sich geschätzt um noch einmal 50 Prozent reduziert.“
Auch ein weiteres Detail bereitet Spielern, Trainern und Agenten – die allesamt betroffen sind – zurzeit große Sorgen: die Corona-Klausel. „Es gibt kaum einen Vertrag, der in diesem Jahr unterschrieben wurde, in dem keine Corona-Klausel vorhanden ist“, betont Nunes. Die Vereine haben sich abgesichert und somit ist es für die Klubs im Falle einer Zwangspause oder eines Abbruchs der Saison deutlich einfacher, die Verträge mit den Spielern ohne finanziellen Mehraufwand aufzulösen. „Das Risiko, dass der Verein dich von heute auf morgen nach Hause schickt, ist somit allgegenwärtig.“
Für Nunes und seine Spieler bedeutet es zurzeit vor allem abwarten: „Einige sitzen zu Hause und wollen zurzeit aufgrund von Sicherheitsbedenken nicht weg, andere würden gerne irgendwo unterkommen, kriegen aber keinen Vertrag.“ Mit Antonio Bivins, der in Luxemburg etwa bereits für die Kordall Steelers und die Résidence Walferdingen auf dem Parkett stand, ist ein Spieler, den Nunes betreut, in Finnland untergekommen, zwei weitere Profis laufen aktuell in der zweiten deutschen Liga auf, wo der Spielbetrieb ebenfalls läuft. Der 34-Jährige ist jedoch auch froh, dass er in dieser Saison nur zwei Profispieler – Clay Guillozet in Mondorf und Faison Brock in Zolver – in Luxemburg unterbekommen hat, denn wann und wie es mit der Saison weitergeht, ist zurzeit ungewiss. Da ist es von Vorteil, wenn sich Spieler wie der Felser Duane Johnson, dem er ebenfalls mit Rat und Tat zur Seite steht, bereits einen Namen in Luxemburg gemacht haben und im Land schon in gewisser Weise verwurzelt sind. Bei Johnson weiß man etwa, dass man einen kompletten und mannschaftsdienlichen Spielertypen im Kader hat, der auch bei einem Lockdown ohne Probleme im Land klarkommt. Somit ist es auch kein Wunder, dass die Arantia weiter an ihrem US-Spieler festhält, der zurzeit auch noch in Luxemburg ist. „Das Problem ist aktuell einfach die fehlende Planungssicherheit – da bin ich wirklich froh, wenn die Vereine auch das Gespräch mit den Profis suchen und sie mitentscheiden lassen, ob sie bleiben wollen oder nicht.“
Etwas Positives gibt es dann aber, wie Rui Nunes erklärt: „Beim Rekrutierungsprozess hatte jeder in diesem Jahr die gleichen Karten.“ Da Reisen zu Colleges in die USA und somit auch persönliche Treffen aufgrund der Pandemie nicht möglich waren, hatten kleinere Agenturen wie eben die von Nunes keinen Nachteil. „In diesem Jahr konnte ich wirklich mehr Spieler für meine Agentur gewinnen, doch im Sommer war noch nicht abzusehen, dass die Corona-Pandemie so lange andauern wird.“ Einen Vorteil konnte er somit bisher hieraus nicht schlagen.
Und so trifft die aktuelle sanitäre Lage den Spielermarkt härter, als es die Finanzkrise tat: „Das hier ist einfach schlimmer, weil rein gar nichts läuft. Die Finanzkrise hat man zwar in finanzieller Hinsicht gespürt, aber dennoch wurden Spieler verpflichtet.“ Und so wird der Pool an verfügbaren Profis immer größer und der Markt umkämpfter. „Der Druck ist überall zu spüren und dürfte in der nächsten Saison noch schlimmer werden.“ Denn im Sommer werden weitere College-Absolventen auf den Markt strömen, hinzu kommen die Rookies, die in dieser Saison keinen Vertrag bekommen haben und bei denen niemand weiß, was sie in den vergangenen Monaten überhaupt getan haben. Der Profimarkt im Basketball ist knallhartes Business, wobei einige als Gewinner hervorkommen und viele sich von ihrem Traum der großen Karriere verabschieden müssen, vielmehr noch in Corona-Zeiten.
Situation in Luxemburg
Auch in Luxemburg sind viele Profispieler nicht von der aktuellen Krise und den verschärften Maßnahmen verschont geblieben. So werden die Zuschauer mindestens ein Drittel (acht von 24) der Profispieler, die bei der Unterbrechung der Spielzeit noch in der Total League unter Vertrag standen, nicht mehr auf den luxemburgischen Basketballparketts wiedersehen, sollte die Saison 2020/21 fortgeführt werden. Einige, wie etwa der Conterner Mike McCall, entschieden sich dazu, einen Vertrag bei einem Verein im Ausland zu unterschreiben. Bei anderen, wie etwa Jordan Giles vom Racing, wurde der Vertrag hingegen vom Verein aufgelöst.
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