Basketball / Thierry Abdiu nutzt seine Chance: Mit dem Racing auf dem Weg in die Titelgruppe
Nach einer schweren Saison 2018/19 hat Thierry Abdiu beim Racing Luxemburg eine neue Chance erhalten und ist mit dem Hauptstadtklub auf dem besten Weg, sich für die Titelgruppe zu qualifizieren.
Wie sich das Bild binnen zwölf Monaten ändern kann: Vor einem Jahr stand Thierry Abdiu am Scheidepunkt seiner Karriere. Opfer des radikalen Verjüngungskurses der Sparta Bartringen, wurde er Ende November 2018 mitten in seiner sechsten Saison beim Klub aus dem Centre Atert aus dem Total-League-Kader gestrichen. Ein Wechsel zu einem anderen Verein während einer laufenden Saison erlaubten die Statuten des nationalen Basketballverbandes FLBB vor einem Jahr noch nicht– etwas, das bei der letzten außerordentlichen Generalversammlung im Frühling 2019 allerdings angepasst wurde.
Eine Änderung, von der der heute 32-Jährige damals also noch nicht profitieren konnte. Somit stand für Abdiu erst einmal eine schwere Zeit an, denn schließlich konnte er sich auf dem Parkett nicht für einen anderen Verein empfehlen, Spielpraxis sammeln ging ebenfalls während Monaten nicht. Dennoch gaben ihm andere Klubs die Möglichkeit, mit ihrer ersten Mannschaft zu trainieren, und so half er dem hauptstädtischen Racing seit Januar als Trainingspartner aus. Kein Wunder demnach, dass sich beide Seiten dazu entschlossen, für die Spielzeit 2019/20 gemeinsam weiterzumachen – und so feierte der 1,95 Meter große Spieler beim überraschenden 72:68-Auftaktsieg am 28. September gegen Titelverteidiger Ettelbrück sein Comeback in der höchsten luxemburgischen Spielklasse. Seither hat er langsam, aber sicher seinen Spielrhythmus wiedergefunden und durfte sich vor zwei Wochen beim 84:57-Rückrundensieg gegen die Etzella über seine bisher beste Saisonleistung freuen, bei dem er eindrucksvoll bewies, dass er seine Shooter-Qualitäten längst nicht verloren hat: Nicht weniger als sechs von sieben Distanzwürfen landeten an diesem Sonntagnachmittag im Korb.
Eine Leistung, die er auch Trainer Phil Dejworek zu verdanken hat, wie der 32-Jährige erklärt: „Die letzten Jahre habe ich bei der Sparta auf der Position vier gespielt, doch innen kann ich einfach nicht so konstant agieren, deshalb hat mich der Trainer nun an der Außenbande aufgestellt, wo ich mehr Spielraum habe und mit meiner Größe auch gut über die Gegner werfen kann. Wenn die Körbe dann so fallen wie gegen Ettelbrück, ist das wunderbar.“ Dass er nach den Erfahrungen der letzten Saison inzwischen bei einem Team spielt, das zu den direkten Verfolgern des noch immer ungeschlagenen Tabellenführers Basket Esch zählt und auf dem besten Weg ist, sich für die Titelgruppe zu qualifizieren, davon hatte Thierry Abdiu vor zwölf Monaten nicht zu träumen gewagt: „Wenn man sieht, wo ich vor einem Jahr stand, was könnte ich heute mehr verlangen? Das Ergebnis, das aus dieser ganzen schwierigen Situation heraus entstanden ist, ist einfach nur top.“
Eines ist sicher, Thierry Abdiu fühlt sich beim Racing inzwischen pudelwohl. Die Stimmung im Team ist hervorragend, obwohl im Laufe der Jahre viele Spieler aus verschiedenen Vereinen in die Hauptstadt gewechselt sind. So entschied sich mit Xavier Engel ein weiterer routinierter ehemaliger Sparta-Akteur und gleichzeitig langjähriger Weggefährte von Thierry Abdiu, in dieser Saison beim Racing seine Karriere fortzusetzen. Christophe Laures stieß seinerseits 2018 vom T71 Düdelingen hinzu. Zugänge, die wertvolle Total-League-Erfahrung mitbringen und von denen Eigengewächse wie Louis Soragna oder Gaëtan Bernimont sichtlich profitieren. „Auch wenn Xavier und ich sowie auch unser Trainer in dieser Saison neu im Team sind, so ist der Kern der Mannschaft intakt geblieben und wichtige Spieler wie etwa Louis übernehmen auch immer mehr Verantwortung. Die Leute hier im Verein sind einfach bodenständig, das tut gut. Alle haben Vertrauen in einen, was einem persönlich dann auch Selbstvertrauen gibt.“
Drei Siege in Folge
Auch wenn sie vor einer Woche im Pokalwettbewerb doch recht deutlich im Viertelfinale gegen die Musel Pikes die Segel streichen mussten (68:92), so konnten die Hauptstädter die letzten drei Meisterschaftsspiele gegen Fels, Ettelbrück und Steinsel für sich entscheiden. Inzwischen belegt man mit einer Bilanz von sieben Siegen und vier Niederlagen den dritten Tabellenrang, punktgleich mit dem Zweitplatzierten T71 Düdelingen. Was jedoch heraussticht, ist die starke Defensive der Hauptstädter. So kassierten Abdiu und Co. in den vergangenen drei Ligaspielen im Durchschnitt gerade einmal 54 Punkte. Gegen Steinsel ließ man am Samstag nur 49 Zähler zu. Kein Wunder, dass man mit einem Gesamtschnitt von 70,64 Punkten die stärkste Verteidigung der Liga aufweisen kann. „Wir schaffen es sehr oft, die Schlüsselspieler aus dem Spiel zu nehmen. Bei Steinsel erzielten beide Amis gemeinsam gerade einmal 21 Punkte, auch gegen Ettelbrück hatten wir die US-Spieler im Griff. Dann ist es auch nicht schlimm, wenn ein luxemburgischer Spieler – wie in diesen Fällen Jonas Theisen bzw. Jairo Delgado – scort.“
Für Thierry Abdiu gibt es somit in der laufenden Spielzeit auch kaum etwas auszusetzen: „Für mich persönlich haben wir nur das Hinspiel gegen Steinsel verschenkt, hier lagen wir lange in Führung und hätten niemals verlieren dürfen. Natürlich bleibt noch einiges an Luft nach oben, doch wir sind immer noch in der ersten Saisonhälfte. Wenn ich zum Beispiel an meine Zeit in Walferdingen zurückdenke, dann galt es zu diesem Zeitpunkt oft, einen Lauf hinzulegen, um überhaupt noch die Titelgruppe perfekt zu machen, da ist die jetzige Ausgangssituation fast schon ideal.“
Wie weit es für den Racing – der in der Tabelle aktuell weiter oben steht, als es ihm viele im Vorfeld der Saison zugetraut hatten – in dieser Saison gehen wird, werden die nächsten Monate zeigen. Doch Thierry Abdiu ist sich sicher, mit einem Ziel vor Augen und einem Team, bei dem alle an einem Strang ziehen, kann der Weg noch sehr weit gehen. Zuerst soll aber schnellstmöglich der Einzug in die Titelgruppe geschafft werden, am besten noch in diesem Jahr.
Wenn man sieht, wo ich vor einem Jahr stand, was könnte ich heute mehr verlangen?
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