Tennis / Umjubelt, umstritten, unschuldig? Sinner legt bei US Open los
Vor seinem ersten Match bei den US Open bleibt Jannik Sinners Dopingfall Gesprächsthema. Die Tennis-Szene hält sich mit lauter Kritik zurück, ist jedoch gespalten.
Jannik Sinner bekam die Liebe der Tennis-Fans zu spüren. Unbeeindruckt vom Trubel um seine Doping-Saga drängten dutzende Fans auf ein Autogramm des Italieners, der schon lange vor seinem Auftaktmatch bei den US Open im Mittelpunkt aller Berichte steht. „In meinem Kopf weiß ich, dass ich nichts falsch gemacht habe“, lautete Sinners Unschulds-Eid. Doch die Debatte um seine positiven Dopingproben beschert dem Weltranglistenersten nach Monaten des Höhenflugs gerade ungewohnte Negativschlagzeilen.
Sinner, der im April zweimal positiv auf das verbotene Steroid Clostebol getestet worden und bislang ohne Sperre davongekommen war, bleibt trotz allem auch in New York augenscheinlich ein Zugpferd für Veranstalter und Sponsoren. Das bewies etwa sein Werbevideo mit Ikone Andre Agassi für eine italienische Kaffeemarke, kurz vor seinem Erstrundenmatch gegen den US-Amerikaner Mackenzie McDonald am Dienstag. Thema des Clips: „La Dolce Vita“.
Damit kennt Sinner sich nicht nur wegen seiner italienischen Wurzeln aus. Fünf Turniere gewann er in diesem Jahr bereits, darunter mit den Australian Open seinen ersten Grand-Slam-Titel. Bei den US Open, dem letzten Grand Slam des Jahres, ist er neben Carlos Alcaraz wieder Topfavorit. Doch die Leichtigkeit, die ihn über Monate hinweg auszeichnete, scheint durch die Doping-Posse in Gefahr, aus „La Dolce Vita“ könnte „La vita stressante“ werden.
Denn plötzlich spaltet der 23-Jährige die Tennisszene, auch wenn er beteuert, die Substanz sei durch eine Massage seines damaligen Physiotherapeuten in seinen Kreislauf gelangt. Der extrovertierte frühere Wimbledon-Finalist Nick Kyrgios hatte öffentlich schnell eine Sperre gefordert, weitere Profis wie der Kanadier Denis Shapovalov einen Superstar-Bonus beklagt.
„Viele Probleme mit dem System“
Die deutsche Nummer eins Alexander Zverev hat „keine Meinung dazu, weil ich zu wenig Informationen habe“. Aber Sinner sei „ein super Typ, den ich auch außerhalb des Platzes kenne“.
Etwas kritischer positionierte sich Grand-Slam-Rekordsieger Novak Djokovic, der 2019 die Spielervereinigung PTPA mitgegründet hatte. Auf Sinner ging er dabei aber nicht konkret ein. Vielmehr gebe es „viele Probleme im System, wir sehen einen Mangel an klaren und standardisierten Protokollen“, sagte Djokovic. Er verstehe „die Frustration der Spieler über die mangelnde Konsequenz“.
Auch Sinner beschäftigen die Gedanken an den Fall seit Monaten in seinem Spiel, „aber ich habe mich selbst daran erinnert, dass ich nichts falsch gemacht habe. Ich respektiere diese Anti-Doping-Regeln, und ich werde sie immer respektieren“, versprach er.
Diese Gedanken scheinen zu helfen. In diesem Jahr gewann Sinner mit 48 Matches nach Zverev (52) die zweitmeisten auf der Tour. Bei der Generalprobe, dem Masters in Cincinnati, sicherte er sich den Titel und gab den Fans einen Vorgeschmack auf das, was sie in Flushing Meadows wieder erwarten dürfen. Neben den möglichen Störgeräuschen. (SID)
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