Radsport / Unantastbarer Pogacar: Der Giro wird zum Langweiler
Beim 107. Giro d’Italia macht nur die verstopfte Nase von Tadej Pogacar Hoffnung auf mehr Spannung. Von der Konkurrenz ist der Radprofi aus Slowenien nicht zu schlagen.
Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) offenbarte dann doch eine kleine Schwäche. Der Unantastbare klagte nach seinem bereits dritten Etappensieg über eine verstopfte Nase. „Vielleicht ist es die Allergie. Es nervt, aber ich komme damit klar“, sagte der Slowene. Übersetzt heißt das: Höchstens die Natur kann ihn vom ersten Triumph beim Giro d’Italia noch abhalten. Die Konkurrenz, so viel scheint bereits nach der ersten von drei Wochen klar, ist dazu nicht in der Lage.
Bei der zweiten Bergankunft am Samstag verzichtete Pogacar immerhin darauf, seinen Rivalen die nächste Demütigung zu verpassen. Alle Attacken auf dem Weg zum Ferienort Prati di Tivo konterte er sitzend, um dann 250 Meter vor dem Ziel allen davonzufahren. Die Abstände verblieben im Sekundenbereich. Dennoch hat der Gesamtzweite, der Kolumbianer Daniel Martinez vom Team Bora-hansgrohe, bereits fast drei Minuten Rückstand. Am Sonntag hatten die Sprinter ihre Chance, es siegte der Niederländer Olav Kooij (Team Visma Lease a Bike) in Neapel. Michel Ries, der einzige Luxemburger im diesjährigen Giro-Feld, überquerte die Ziellinie am Samstag als 26. mit 4:47 Minuten Rückstand auf Pogacar. Am Sonntag wurde er 98. (+ 6:05 Minuten). Vor dem Ruhetag am Montag wird Ries in der Gesamtwertung an Position 28 geführt. Er ist damit der am besten positionierte Fahrer seines Teams Team Arkéa-B&B Hotels.
Die Überlegenheit von Pogacar ist derweil so groß, dass er sich selbst gezwungen sah, sich für seine Erfolge zu verteidigen. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass ich einigen Jungs richtig auf die Nerven gehe“, sagte der 25-Jährige. „Aber ich fahre nun einmal für das Team, das mich bezahlt, und meine Teamkollegen, die sich hier für mich den Hintern aufreißen. Wir wollen hier zeigen, wie stark wir sind.“
Die Langeweile haben sich die Organisatoren des Giro allerdings selbst verschafft. Dem Vernehmen nach soll Pogacars UAE-Team – und letztlich wohl der Rad-Star selbst – ein hohes Antrittsgeld für seine Premiere bei der zweitgrößten Rundfahrt der Welt erhalten haben. Zudem wurde die Strecke im Vergleich zu den Vorjahren deutlich einfacher gestaltet, die Höhenmeter wurden um etwa 20 Prozent reduziert.
Dies darf durchaus als Entgegenkommen an Pogacar eingeordnet werden. Schließlich kann er so am Ende etwas frischer aus dem Giro kommen und hat bessere Chancen auf den späteren Sieg bei der Tour de France. Das Double aus Giro und Tour war zuletzt ausgerechnet Italiens verstorbener Rad-Legende Marco Pantani 1998 gelungen. „Vom Double bin ich noch weit entfernt. Ich weiß, dass das schon viele versucht und es nicht geschafft haben“, sagte Pogacar. (dpa/jw)
Im Überblick
8. Etappe: Spoleto – Prati di Tivo (152 km): 1. Tadej Pogacar (Slowenien/UAE Team Emirates) 4:02:16 Stunden, 2. Daniel Felipe Martinez (Kolumbien/Bora-hansgrohe), 3. Ben O’Connor (Australien/Decathlon Ag2r La Mondiale Team) alle gleiche Zeit, 4. Antonio Tiberi (Italien/Bahrain-Victorious) 0:02 Minuten zurück, 5. Geraint Thomas (Großbritannien/Ineos Grenadiers) gleiche Zeit, … 26. Michel Ries (Luxemburg/Arkéa-B&B Hotels) 4:47
9. Etappe: Avezzano – Neapel (214 km): 1. Olav Kooij (Niederlande/Team Visma Lease a Bike) 4:44:22 Stunden, 2. Jonathan Milan (Italien/Lidl-Trek), 3. Sebastián Molano (Kolumbien/UAE Team Emirates), 4. Alberto Dainese (Italien/Tudor Pro Cycling), 5. Danny van Poppel (Niederlande/Bora-hansgrohe) alle gleiche Zeit, … 98. Ries 6:05 Minuten zurück
Stand in der Gesamtwertung nach 9 von 21 Etappen: 1. Pogacar 32:59:04 Stunden, 2. Martinez 2:40 Minuten zurück, 3. Thomas 2:58, 4. O’Connor 3:39, 5. Cian Uijtdebroeks (Belgien/Team Visma-Lease a Bike) 4:02, … 28. Ries 24:48 Minuten zurück
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