Formel 1 / Verstappen siegt nach Aufholjagd im Regen, WM-Konkurrent Norris patzt
Weltmeister Verstappen feiert den ersten Grand-Prix-Sieg seit Juni. Es ist einer, der lange in Erinnerung bleiben wird. Sein WM-Herausforderer Norris schwächelt an einem denkwürdigen Sonntag.
Max Verstappen schrie seine Freude laut heraus, stieg auf seinen Red Bull mit ausgebreiteten Armen und herzte seine Crew. „Jaaaaaa! Was für ein unglaubliches Rennen, Jungs. Wisst ihr, was das ist: Simply lovely“, funkte der Triumphator nach einem chaotischen und vor allem denkwürdigen Rennen in São Paulo noch aus seinem Red Bull: „Meine Emotionen waren heute eine Achterbahnfahrt.“
Mit einer weltmeisterlichen Aufholjagd zu seinem ersten Grand-Prix-Sieg nach 133 Tagen brachte sich der 27 Jahre alte Niederländer im Red Bull für die vorzeitige WM-Krönung schon in drei Wochen im Glücksspielparadies Las Vegas in Position. An einem von Unwettern, Crashs und Safety-Car-Phasen sowie Roten Flaggen geprägten Wochenende auf dem Drama-Kurs von Interlagos raste Verstappen von Platz 17 zum Sieg beim Großen Preis von Brasilien vor begeisterten Fans. „Ich hoffe, sie hatten ihren Spaß“, sagte der Gewinner.
Formel-1-Verfolger Lando Norris verpasste nach einem vom Teamkollegen geschenkten Erfolg im Sprintrennen tags zuvor und der Pole für den Großen Preis, den Rückstand auf Verstappen weiter zu verringern. Im Gegenteil: Er musste die womöglich vorentscheidende Niederlage nach mehreren Patzern im WM-Duell mit dem Niederländer hinnehmen. Der 24-Jährige kam im McLaren nicht über Rang sechs hinaus – und muss auch noch eine Strafe fürchten wegen eines möglichen Start-Vergehens.
Im Klassement liegt er nun 62 Punkte hinter Verstappen, der sich auch noch den Extra-Zähler für die schnellste Runde schnappte. In der Wüste von Nevada kann es sich Verstappen nun sogar leisten, zwei Punkte auf Norris einzubüßen, und sich dennoch zum vierten Mal in Serie zum Weltmeister küren. Alpine-Pilot Esteban Ocon und Teamkollege Pierre Gasly rasten völlig überraschend auf das Podium.
„Wir fühlen uns unfair behandelt“
Für Verstappen endet ein Wochenende mit der maximalen Versöhnung, das lange nach einem weiteren Wut- und Frust-Grand-Prix für ihn aussah. Nachdem er vor einer Woche in Mexiko-Stadt zwei Zeitstrafen bekommen hatte, musste er schon vor dem Hauptrennen wieder zu den Rennkommissaren. Diesmal brummten sie ihm fünf Sekunden nach dem Sprint auf, er fiel von Platz drei auf vier zurück. Das kostete ihn nochmal einen Punkt im Duell mit Norris, dem der Sieg über die 100 Kilometer von Teamkollege Oscar Piastri geschenkt worden war.
Doch damit nicht genug. In der Qualifikation, die nach einem Unwetter am Samstag auf Sonntagmorgen 7.30 Uhr Ortszeit verschoben worden war, sah sich Verstappen als Leidtragender einer eher spät eingeleiteten Rot-Phase nach einem von insgesamt fünf Unfällen auf der erneut nassen Strecke: „Das ist Bullshit“, fluchte er und haute wütend auf sein Lenkrad. Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko betonte: „Die Gemütslage ist nicht sehr erfreulich, wir fühlen uns unfair behandelt. Das gibt uns zu denken.“
Weil er auch noch einen neuen Motor in Brasilien brauchte und dafür um fünf Plätze zurückversetzt wurde, musste Verstappen von Platz 17 starten. Und wie schon am Vortag zogen dunkle Wolken auf. Weil erneut heftiger Regen vorhergesagt war, wurde das Rennen anderthalb Stunden früher angesetzt.
Norris verpatzt den Start
Dass es den Ersten dann auf noch leicht abtrocknender Strecke erwischte, war ebenso überraschend wie peinlich. Aber nachdem Lance Stroll leicht in die Reifenstapel gefahren war, blieb er auch noch im Kiesbett stecken. Der Start wurde abgebrochen, ohne Drama und Chaos ging auch an diesem Wochenende auf dem legendären Kurs in Interlagos wieder nichts.
Das Problem: Norris und einige hinter ihm fuhren los, nachdem der Start abgebrochen war. Nun wurde unter anderem gegen den Briten ermittelt, obwohl er noch nicht mal eine Rennrunde gefahren war. Die Rennkommissare wollten eine Entscheidung aber erst nach dem Grand Prix treffen.
Als es endlich losging, kam Norris einmal mehr nicht optimal weg und innen zog George Russell im Mercedes vorbei. Der Start bleibt ein Problem des WM-Herausforderers. Vier seiner sechs Poles vor diesem Rennen konnte Norris nicht in Siege umwandeln.
Hinten machte Verstappen binnen kürzester Zeit sieben Plätze gut und arbeitete sich auch danach immer weiter vor. Welche Klasse der 27 Jahre alte Niederländer hat, zeigte er bei diesen Verhältnissen. Auch ohne die Überholhilfe DRS schnappte er sich einen nach dem anderen. Vorne klagte Norris, er sei auf den Geraden zu langsam, um Russell zu überholen.
Wie Vettel und Prost
Dann schickte die Rennleitung aber das Safety Car raus, es war wieder zu nass. So sehr sogar, dass es schon wieder einen erwischte. Franco Colapinto zerstörte dabei seinen Williams – schon in der Quali hatten er und Teamkollege Alexander Albon jeweils mit heftigen Abflügen für Rotphasen gesorgt. Albon hatte nicht mal starten können wegen der zu umfangreichen Reparaturarbeiten. Für Shootingstar Colapinto endete eine Woche, die für ihn auch vom Tod des Opas überschattet war, mit einer ersten ganz großen Enttäuschung.
So wie der Restart nach der Unterbrechung für Norris. Statt an Gasly vorbeizukommen, verbremste er sich, kam von der Strecke ab und musste Russell wieder überholen lassen. An der Spitze schien Verstappen bei den heiklen Bedingungen auf Nummer sicher zu gehen, ehe er nach einer erneuten Safety-Car-Phase an Ocon vorbeizog und sich Norris noch mal verbremste.
Für Verstappen könnte es das vorentscheidende Rennen auf dem Weg zum vierten WM-Titel gewesen sein, mit dem er mit den Ex-Piloten Sebastian Vettel und Alain Prost gleichziehen würde. Nur die Rekordchampions Lewis Hamilton und Michael Schumacher (7) sowie Juan Manuel Fangio (5) holten noch mehr Titel. (dpa)
Im Überblick
Großer Preis von Brasilien: 1. Max Verstappen (Niederlande) Red Bull 2:06:54,430 Stunden, 2. Esteban Ocon (Frankreich) Alpine 19,477 Sekunden zurück, 3. Pierre Gasly (Frankreich) Alpine 22,532, 4. George Russell (Großbritannien) Mercedes 23,265, 5. Charles Leclerc (Monaco) Ferrari 30,177, 6. Lando Norris (Großbritannien) McLaren 31,372, 7. Yuki Tsunoda (Japan) Racing Bulls 42,056, 8. Oscar Piastri (Australien) McLaren 44,943, 9. Liam Lawson (Neuseeland) Racing Bulls 50,452, 10. Lewis Hamilton (Großbritannien) Mercedes 50,753, 11. Sergio Perez (Mexiko) Red Bull 51,531, 12. Oliver Bearman (Großbritannien) Haas 57,085, 13. Valtteri Bottas (Finnland) Sauber 1:03,588, 14. Fernando Alonso (Spanien) Aston Martin 1:18,049, 15. Zhou Guanyu (China) Sauber 1:19,649, ausgeschieden: Lance Stroll (Kanada) Aston Martin (Einführungsrunde/Unfall), Franco Colapinto (Argentinien) Williams (30. Runde/Unfall), Carlos Sainz jr. (Spanien) Ferrari (38. Runde/Unfall), disqualifiziert: Nico Hülkenberg (Deutschland) Haas (wegen Hilfe von Außen), nicht gestartet: Alexander Albon (Thailand) Williams (Unfall im Qualyifying)
Fahrerwertung: 1. Verstappen 393 Punkte, 2. Norris 331, 3. Leclerc 307, 4. Piastri 262, 5. Sainz jr. 244, 6. Russell 192, 7. Hamilton 190, 8. Perez 151, 9. Alonso 62, 10. Hülkenberg 31, 11. Tsunoda 28, 12. Gasly 26, 13. Stroll 24, 14. Ocon 23, 15. Kevin Magnussen (Dänemark) Haas 14, 16. Albon 12, 17. Daniel Ricciardo (Australien) 12, 18. Bearman 7, 19. Colapinto 5, 20. Lawson 4
Teamwertung: 1. McLaren 593, 2. Ferrari 557, 3. Red Bull 533, 4. Mercedes 382, 5. Aston Martin 86, 6. Alpine 49, 7. Haas 46, 8. Racing Bulls 44, 9. Williams 17
- Das erwarten sich die Redakteure und die Winzerin vom neuen Projekt - 20. November 2024.
- Vom Ehemann betäubt, von Fremden vergewaltigt: Opfer sagt erstmals vor Gericht aus - 20. November 2024.
- Bauern protestieren weiter gegen Mercosur-Abkommen - 20. November 2024.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können.
Melden sie sich an
Registrieren Sie sich kostenlos