Nationalmannschaft / Warum Anthony Moris in Brüssel von Hochzeitsglocken sprach
Von Müdigkeit keine Spur: FLF-Torhüter Anthony Moris hätte noch ein paar Spiele drangehängt, wenn es hätte sein müssen. Zehn Jahre nach seinem inoffiziellen Debüt – gegen Belgien – sprach der gereifte Keeper über Mbappé, Meunier, Bier, Hochzeitsglocken und wohlverdienten Urlaub.
Für Anthony Moris fühlte sich die Rückkehr nach Brüssel besonders an. Nicht nur, dass der Schlussmann der Union Saint-Gilloise seit 2020 in der belgischen Hauptstadt unter Vertrag steht, es ist auch – nach dem nicht gewerteten Testspiel 2014 – sein erst zweites Duell gegen die „Diables rouges“. Zehn Jahre nach seinem inoffiziellen Debüt in Genk (das die Belgier mit 5:1 für sich entschieden) ist der Torhüter gereift: „Ich war noch jung und habe damals das hohe Niveau entdeckt, auch was die Emotionen anging. Heute bin ich nicht mehr der gleiche Torwart, denn ich habe gelernt, mit den Emotionen umzugehen. Für mich wird dieses Spiel anders sein als vor zehn Jahren.“
Von Aufregung war bei Moris einen Tag vor dem Länderspiel keine Spur. Gewohnt locker und interessiert erschien er bei der Pressekonferenz. Es überraschte nicht, dass FLF-Trainer Luc Holtz ihn für diese Aufgabe ausgewählt hatte. Ausgerechnet in dem Stadion, in dem er vor einem Monat das belgische Pokalfinale gewinnen konnte, beendet er seine Saison wohl mit einem 63. Einsatz binnen zehn Monaten.
Auf ein Bier mit Meunier
Dafür muss der Keeper ein Opfer bringen: Er wird die Hochzeit seines Bruders am Spieltag verpassen: „Als das Datum des Länderspiels herauskam, stellte sich die Frage eigentlich nicht. Der Beruf hat immer Vorrang. Er hat vollstes Verständnis.“ Die Glocken läuten hören wird er ohnehin im Juli: Wie Moris verriet, wird er dann selbst vor den Altar treten. „So lange ich diesen Termin nicht verpasse …“, fügte er mit einem großen Lachen hinzu.
Gelacht wurde am Freitag in den Presseräumen des Stade Baudouin aber noch mehr. Ein kleiner Versprecher des Torhüters sorgte für heitere Stimmung. Nachdem Thomas Meunier gegenüber den belgischen Journalisten gescherzt hatte, er würde seinem Freund Moris gerne zwei Tore einschenken, konterte dieser: „Mbappé hat das nicht geschafft, also sehe ich nicht, warum ihm das gelingen würde. Ich freue mich darauf, vor dem Spiel ein Bier mit ihm zu trinken.“ Moris wusste genau, dass ihm beim Aussprechen dieses letzten Satzes ein Fehler unterlaufen war. Holtz lachte, als der Nationalspieler sich zu ihm drehte, um seine Reaktion zu beobachten. „Dieser Lapsus deckt jetzt alles auf“, grinste Moris, der die Situation mit viel Humor wieder geradebügelte. „Ich meinte natürlich nach dem Spiel …“
Wie es sich anfühlt, alle Blicke auf sich zu ziehen, weiß der RUSG-Keeper ohnehin. Am Mittwoch packte er eine wichtige Parade gegen den zukünftigen Madrilenen aus: „Wenn man einen Ball gegen Mbappé hält, wird das ganz anders gewertet. Es wird infrage gestellt, wie gut die Parade war und warum er es nicht geschafft hat, den Luxemburger Torhüter zu überwinden. Dabei kannst du morgen gegen den Tabellenletzten genau das Gleiche machen, nur dass niemand darüber spricht.“
Am Samstag wird die Kamera wohl wieder öfters auf ihn gerichtet sein. „Als Sportler will man jedes Spiel gewinnen“, sage er. Erst danach steht für ihn nach einer sehr langen Saison die wohlverdiente Pause an. „Ich hätte noch weitermachen können, wenn es noch Spiele gegeben hätte. Allerdings denke ich, dass meine Frau diesen Urlaub kaum erwarten kann.“ Bei ihm selbst ist es nach getaner Arbeit wohl eher ein kühles Bier …
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