Tischtennis / Warum Sarah De Nutte keine Olympia-Einleitung mehr braucht
Sarah De Nutte, Nummer 91 der Weltrangliste im Tischtennis, hat sich zum zweiten Mal in Folge für den olympischen Einzel-Wettbewerb qualifiziert. Nach sechs intensiven Monaten mit Höhen und Tiefen folgt für sie jetzt der Zeitpunkt, zu genießen. Wie De Nutte sich die zweite Teilnahme an den Sommerspielen vorgestellt hat, erzählte sie im Vorfeld ihres Erstrundenduells gegen Jieni Shao (POR).
Über die Olympia-Stimmung: Ein paar Tage vor der Abreise herrschte bei Sarah De Nutte vor allem Vorfreude. Nach einer von Covid gezeichneten Premiere 2021 und einem Erstrundenaus an der Platte will sie diesmal alle Eindrücke aufsaugen und genießen. „Nervosität kommt bei mir erst kurz vor den Spielen auf. Bislang ging es darum, alles zu tun, um gut in Form zu sein. Ich bin froh darüber, dass Tokio meine ersten Spiele waren – und nicht umgekehrt. Es war eine gute Einleitung. Diesmal bekomme ich dann das volle Programm zu sehen und das ausgerechnet in Paris, wo viele Freunde und Familie zuschauen werden.“ Der einzige Nachteil in den Planungen der FLTT-Spielerin war die späte Auslosung: „Es war blöd, dass wir bis zum 24. nicht wussten, wann wir spielen würden. Ich hätte am liebsten am 28. oder 29. gespielt, um von der Eröffnung zu profitieren.“ Doch es gibt auch viele Gründe, sich zu freuen: „In Tokio sind wir fast vor einer leeren Halle angetreten. Nur der Grand-Duc und die Leute des COSL waren dabei. Ich hatte also Unterstützung, aber es war eher ruhig. Deshalb bin ich gespannt, wie es diesmal sein wird. Ich will die Kulisse als Ansporn nutzen.“
Über das beste Spiel der letzten zwölf Monate: Im Rennen um die Olympia-Qualifikation bestritt Sarah De Nutte innerhalb eines Jahres 26 Einzelturniere, die Team-EM sowie die Weltmeisterschaft und elf Spieltage im Verein. Das beste Gefühl verspürte sie im Februar beim Sieg gegen die damalige Nummer 22 der Welt, Bruna Takahashi (BRA). „Dieses Spiel hat dafür gesorgt, dass ich wieder mehr an mich glaubte.“ In Beirut erreichte sie einen Monat später das Finale. „Da Tommy (Danielsson) gleichzeitig Xia Lian coachte, spielte ich ohne Coach gegen die Nummer zwei Taipehs (Chen Szu-Yu, WRL 39).“ Sie setzte sich 3:1 durch. „Es waren in diesen Monaten viele Höhen und Tiefen dabei. Das erste Turnier in Beirut war grausam für mich. Ich hatte einen schlimmen Tag und war unheimlich deprimiert. Es wäre also gelogen, zu behaupten, es wären nur gute Momente gewesen. Vielmehr war es eine Achterbahn der Gefühle. Ich muss mich auch bei Sportpsychologe Frank Muller bedanken, der mich wieder aufgerichtet hat. Ich erinnere mich noch ganz genau, wie ich vor ihm saß und die Tränen flossen. Auch meinem Coach Peter Teglas gehört ein Dank. Sie haben mich während der entscheidenden fünf Wochen angetrieben. Als ich in Rio diese rund 50 Punkte holte, war ich mir eigentlich sicher, dass es für Paris reichen würde.“
Über ihre Olympia-Ziele: Ein konkretes Ziel konnte Sarah De Nutte im Vorfeld nicht ausgeben. „Ich will mich nicht zu sehr auf ein Ergebnis fokussieren, sondern nur auf die Dinge, die ich selbst kontrollieren kann. Als wir bei der WM Bronze geholt hatten, hätte niemand damit gerechnet. Damals haben wir von Spiel zu Spiel geschaut und standen plötzlich im Halbfinale. Das Wichtigste ist, dass ich anschließend im Reinen mit mir selbst bin.“ Sie will ihre zweite Olympia-Teilnahme vor allem genießen. „Dabei zu sein, frei aufzuspielen: Mit dieser Einstellung funktioniert es am besten. Hauptsache, ich bereue am Ende nichts.“
Über ihre Zuschauerrolle in der Halle: „Es wäre gut, wenn ich die Möglichkeit hätte, als Zuschauerin in dieses Olympia-Feeling in der Halle reinzukommen und zu spüren, wie das Ganze sich von der Tribüne anfühlt“, erzählte die 31-Jährige. „Natürlich muss das alles mit meinem eigenen Trainingsplan passen und ich muss mich auf meine eigenen Spiele konzentrieren. Es wäre allerdings perfekt, wenn ich Luka zuschauen könnte.“
Über das Alter beim Tischtennis: De Nutte musste herzhaft lachen, bevor sie auf die Frage antwortete: Würde sie so lange spielen wie Kollegin Ni Xia Lian? „Bei ihr liegt es am Spielsystem. Das geht bei mir nicht, da ich einen physischen Stil habe. Sie selbst hätte das wohl auch nicht gedacht. Was ich an ihr schätze, ist, dass sie unheimlich professionell und diszipliniert ist. Sie passt auf die Ernährung auf, legt Wert auf guten Schlaf und ihre Taktik. Ihre Einstellung ist bemerkenswert.“
Über die Stimmung im Team: Wenn sich De Nutte über eine Sache keine Sorgen machen muss, dann über den Zusammenhalt innerhalb der COSL-Mannschaft: „Ich wünsche mir, dass wir als Team Lëtzebuerg eine unvergessliche Zeit haben werden.“ Die meisten Athleten kennen sich ohnehin von gemeinsamen Events wie den European Games oder zuletzt einem Teambuilding-Camp des Olympischen Komitees.
„Drei von vier ist historisch“
Dass sich zwei Frauen und ein Mann fürs FLTT-Aufgebot qualifiziert haben, sei „genial und historisch“: Sarah De Nutte hofft, dass der internationale Erfolg „das Tischtennis in Luxemburg nach vorne bringt. Das würde mir viel Freude bereiten, wenn es so wäre. Ich weiß, dass ein paar junge Talente den Weg in die Sportsektion der Armee gehen wollen, um Profi zu werden.“
Wussten Sie, dass … ?
Der internationale Tischtennis-Weltverband geizt auf seiner Internetseite nicht mit Informationen. Um den Nutzern die kurze Wartezeit vor dem Ausrechnen der Weltrangliste angenehmer zu machen, werden Wissenslücken gefüllt: So erfuhr das Tageblatt auf diese Weise kürzlich, dass 22.870.000 Tischtennis-Bälle in eine Boeing 747 passen.
Wer ist Jieni Shao?
Die 30-jährige Jieni Shao kam in China zur Welt und erhielt 2015 die portugiesische Staatsbürgerschaft. Die Linkshänderin holte drei Medaillen im Damen-Team bei Kontinentalmeisterschaften. Im Oktober 2022 gab es bereits ein Duell zwischen den beiden Spielerinnen, das zugunsten der Portugiesin endete.
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