Leichtathlet / Wie es Norbert Haupert fast zu den Olympischen Spielen von Tokio schaffte
Unlängst feierte der „Cercle athlétique Schifflange“, kurz CAS, sein 95-jähriges Jubiläum. Eines seiner ältesten und bekanntesten Mitglieder ist Norbert Haupert. 1964 war er für die Olympischen Spiele in Tokio qualifiziert. Doch dann kam alles anders.
„Eigentlich war es purer Zufall“, meint Norbert Haupert, Jahrgang 1940, auf die Frage hin, wie er denn zur Leichtathletik und zum CAS kam. An seiner damaligen Schule wurde immer ein Querfeldeinrennen organisiert. Der Sportlehrer forderte alle sportbegeisterten Schüler auf, daran teilzunehmen. Charles Stein, Vater von Nelly Stein, zu der Zeit Sekretär des CAS, bemerkte Hauperts Talent und fragte ihn, ob er denn nicht dem CAS beitreten wolle. Norbert wollte ursprünglich lieber Fußball spielen, doch einige Freunde wie Roland Netgen oder Ed Frisch waren bereits im CAS – und so kehrte er dem Fußball den Rücken. Das war im Jahr 1954.
Zuerst trainierte er also Querfeldeinläufe sowie Kugelstoßen, Diskus und Speer – mit Ausnahme vom Sprint. Dafür war er nämlich zu groß gewachsen. Er bevorzugte Mittelstrecken. Seine späteren Erfolge führt Norbert Haupert auf seine Trainingsverbissenheit zurück.
Bedeutende Siege
1961 wurde er Zweiter bei den Militärmeisterschaften, bevor er 1963 Militärweltmeister in Brüssel wurde und in Porto Allegre (Brasilien) die Bronzemedaille der Universiade gewann – und das jeweils auf den 800 m. Das Jahr 1964 bleibt ihm weniger schön in Erinnerung. Damals war er selektioniert für die Olympischen Spiele von Tokyo, trainierte für die 1.500 m – und dann folgte die Ernüchterung: ein Ermüdungsbruch!
1965 hat Norbert wieder begonnen, zu laufen, aber die Leistungen von vorher hat er nie mehr erreicht. Er brach noch den Rekord auf 1.000 m mit 2:21:1 – einer Bestzeit, die erst viele Jahre später von David Fiegen geschlagen wurde –, um dann 1967 seine Karriere abzubrechen. Es folgten der Schulabschluss, ein Praktikum, um Professor zu werden, die These und seine eigene Hochzeit. Da war’s zu Ende mit dem Hochleistungssport. Er trieb noch einige Zeit weiter Sport, trainierte auch die Jugendlichen im CAS. Aber irgendwann wollte das Knie definitiv nicht mehr.
In Bezug auf sportliche Betätigung meint Norbert Haupert, Jugendlichen werde heute eine riesige Auswahl an Disziplinen geboten: Da könne jeder etwas für sich finden. Wichtig sei vor allem, den Kindern nahezulegen: „Kommt, bewegt euch und treibt Sport!“ Welchem Sport jeder nachgehen möchte – ob Leichtathletik oder etwas ganz anderem – und ob man das als Einzel- oder Mannschaftssportart betreibt, sei belanglos. Ganz nach dem Motto: Jedem das Seine! Er selbst habe sich für die Leitathletik entschieden, da hier das Training weniger zeitaufwendig und individuell besser planbar sei als bei Mannschaftssportarten. Des Weiteren habe er mit 1,89 Metern ideale Körpermaße für einen Mittelstreckenläufer gehabt und sei immer ein zäher Kämpfer gewesen: Beste Voraussetzungen also, um im Laufen zu punkten.
Seine Widerstandsfähigkeit habe ihm auch im Alltagsleben etwas gebracht. Das habe er bemerkt, als er wegen einer Knieoperation sieben Wochen im Krankenhaus lag. Sein behandelnder Arzt meinte nachher, er kenne nicht viele Patienten, die das mit so viel Geduld ertragen hätten. Norbert Haupert sagt dazu: „Der Sport arbeitet mit Zielen, die man erreichen möchte. Diese Mentalität setzt sich dann auch im normalen Leben fort. Der Sport und die damit verbundene Disziplin sind tatsächlich eine gute Lebensschule!“ Auch im Studium an der Universität in Louvain half ihm diese Mentalität sehr viel: Effektivität und Systematik; ein Ziel ins Auge fassen und darauf hinarbeiten.
Positiv und zielorientiert
Seine positive, zielorientierte Mentalität verhalf ihm auch zu einer gelungenen beruflichen Karriere. Zuerst war er Ökonomie-Lehrer am „Lycée Michel Rodange“, dann wurde er stellvertretender Direktor der Escher Berufsschule. Als Fernand Boden Familien-, Mittelstand- und Tourismusminister wurde, berief er Norbert Haupert ins Ministerium als „Ersten Berater“ und „Generalverwalter“. Im Jahr 1997 fragte ihn Claude Wiseler, ob er nicht mit in die Wahlen gehen möchte, was er dann mit 59 Jahren tat – auf Anhieb wurde er Abgeordneter. Des Weiteren arbeitete er noch für die Kommission der Staatsbeamten.
Obwohl er sportlich nicht mehr selbst tätig war, blieb er dem Sport dennoch sehr verbunden. Denn kaum hatte Norbert seine Laufschuhe an den Nagel gehängt, da fragte ihn Josy Barthel, damaliger Präsident des Leichtathletikverbandes, ob er nicht Vizepräsident werden möchte. Er nahm an und wurde nach dem Abgang von Barthel selbst Präsident.
Als er auch dort sein Amt niederlegte, kam bereits die nächste Anfrage: Gérard Rasquin, damaliger Präsident des Luxemburger Olympischen Komitees, wollte, dass er im Verwaltungsrat des COSL die Betreuung der Spitzensportler übernehmen solle. Das war 1980. 1988 wurde er Missionschef der luxemburgischen Delegation in Seoul und beim Rücktritt von Rasquin im Jahr 1989 dann selbst Präsident des Olympischen Komitees.
Ein zäher Arbeiter
Sein Lebensmotto legte Haupert so dar: „Willst du etwas erreichen, dann musst du fleißig sein und hart arbeiten! Ohne Fleiß kein Preis!“ Auch sei er nie so sehr ein Mensch des leichtfertigen Witzes als vielmehr ein zäher, hartnäckiger Arbeiter gewesen. Die Freundschaft und die Geselligkeit, die er im Sport erfahren habe, habe ihn am meisten geprägt.
Wie er zum modernen Profisport mit seiner teils übertriebenen Härte stehe, wollten wir zum Abschluss noch wissen. Gegen den Professionalismus im Sport sei nichts einzuwenden, aber fair sollte das Ganze immer bleiben. Abschließend gab uns Norbert Haupert noch etwas mit auf den Weg: „Die Hauptaufgabe des Sports sollte sein, zur Erziehung eines Menschen beizutragen. Allzu hohe Summen verderben dabei den Charakter. Gesunder Wettkampf ist Trumpf!“
In diesem Sinne: Auf die Plätze, fertig, los!
Und mit der gleichen Zielstrebigkeit und einer gehörigen Portion Opportunismus trat er der CSV bei und setzte seine Karriere in der Politik fort. Hut ab vor Hauperts sportlichen Leistungen. Er hat grosse Verdienste in Sachen Sport, besonders als späterer Funktionär. Als Politiker war er eher unauffällig. Heute ist er der Oberküster der Nation als Vorsitzender der Kirchenfabriken.
All Guddes Nobbes!!
Ein hervorragender Mittelstreckler.