Fola Esch / Wie man mit einem Mini-Budget überleben kann
Über 60 Spieler haben die Fola in den vergangenen vier Jahren verlassen. Viele Vorstandsmitglieder haben der ehemaligen Spitzenmannschaft den Rücken gekehrt. Seit dem letzten Meistertitel 2021 wurde das Budget um rund 300.000 Euro reduziert. Nach dem Sieg am Wochenende gegen Monnerich ist die Fola aber weiter am Leben. Wie man trotz Mini-Etat wettbewerbsfähig sein kann, weiß Sportdirektor Pascal Welter.
Am Montag weilte Pascal Welter zusammen mit einigen ehemaligen und aktuellen Fola-Vorstandsmitgliedern in Lissabon, um sich am Dienstag die Champions-League-Partie zwischen Sporting CP und Arsenal London anzuschauen. Vor nicht allzu langer Zeit hätte sich die Fola theoretisch einen Spieler aus der zweiten Mannschaft dieser Vereine leisten können, heute reicht das Geld nicht einmal aus, um Eigengewächse im Klub zu halten.
Pascal Welter hat sich mit der neuen Situation abgefunden. Jahrelang war er Sportdirektor bei der Fola. Seit eineinhalb Jahren ist der 57-jährige Bankangestellte auch Teil des neu formierten Vorstands der „Doyenne“. Wie so oft in den vergangenen Jahren musste Welter am vergangenen Sonntag wieder um seine Fola bangen. Denn in dieser Saison geht es für die Escher wieder in jedem Spiel gegen die direkte Konkurrenz ums Überleben. „Die Erleichterung nach dem Sieg gegen Monnerich war schon sehr groß. Wir wissen, dass wir in der Hinrunde zehn Punkte holen müssen, um realistische Chancen im Kampf gegen den Abstieg zu haben.“ Um dieses Ziel zu erreichen, müssen an den restlichen zwei Spieltagen gegen die Jeunesse und Bettemburg insgesamt mindestens drei Punkte geholt werden.
Für uns ist es eine riesengroße Enttäuschung, dass diese Jungs für ein paar Euro mehr ihren Jugendverein verlassen haben
Dass die Fola überhaupt noch in der BGL Ligue mithalten kann, grenzt fast schon an ein kleines Wunder. Der Aderlass beim ehemaligen Titelkandidaten war in den vergangenen Jahren riesig. 2015 verfügte der Klub noch über ein Budget von rund 2,3 Millionen Euro. Damals war Gerard Lopez noch der große Geldgeber. 2021 wurde der Klub mit einem Budget von 900.000 Euro Meister. Eine mittelgroße Überraschung. Mittlerweile stehen 340.000 Euro für die erste Mannschaft und insgesamt 650.000 Euro für den Gesamtverein bereit. „In der Vergangenheit konnten wir noch aus den Reserven der Europapokaleinnahmen schöpfen. Diese Zeiten sind vorbei und wir müssen ganz anders wirtschaften“, sagt Fola-Präsident Josy Dilk.
Jugend kommt und geht
Bereits unter Lopez wurde konsequent in die Jugend investiert. Die Fola wurde in dieser Zeit zur Nummer eins in Esch. Diese Strategie zahlt sich jetzt aus – wenn auch nicht ganz. Obwohl viele Eigengewächse in den vergangenen beiden Jahren ihre Chance in der ersten Mannschaft erhielten, verließen viele den Verein danach. „Die Konkurrenz kann ihnen finanziell mehr bieten. Für uns ist es eine riesengroße Enttäuschung, dass diese Jungs für ein paar Euro mehr ihren Jugendverein verlassen haben“, sagt Welter.
Laut Dilk kommt diese erzwungene Philosophie aber sehr gut bei den Unterstützern des Vereins an: „Unser Sponsorenpool wächst ständig. Die Leute mögen es, dass wir nun mit der Jugend spielen. Zu Lopez-Zeiten war es schwieriger, neue Geldgeber zu finden, weil die meisten davon überzeugt waren, dass er genügend Geld hat, um den Verein alleine zu tragen.“
Die Spieler, die trotz der finanziellen Einbußen geblieben sind, können an einer Hand abgezählt werden. Aus der erfolgreichen Ära sind noch Torwart Emanuel Cabral und Julien Klein übrig. Cabral ist seit Kindesbeinen dabei, Klein immerhin schon 14 Jahre. Während der Franzose eher der leise Leader ist, fällt der Keeper durch seine Lautstärke auf. Diese Charaktereigenschaft brachte ihm zuletzt mehrmals Kritik ein. „Er spricht Dinge an, die richtig sind und andere nur denken, aber nicht aussprechen. Seine Art und Weise stimmt trotzdem ab und zu nicht. Aus diesem Grund haben wir bereits Gespräche mit ihm geführt. Manu ist emotional, aber auch intelligent genug, um zu verstehen, was wir von ihm verlangen“, sagt Welter und unterstreicht die Wichtigkeit seiner Nummer eins: „Er ist in der Lage, uns Punkte zu retten.“
Neben Cabral und Klein besteht die Mannschaft größtenteils aus No-Names ohne Erfahrung. Aufgrund des immer kleiner werdenden Budgets haben in den vergangenen vier Jahren sage und schreibe über 60 Spieler den Verein verlassen. „Wir müssen darauf achten, unser Budget optimal einzusetzen. Die Neuzugänge wollen sich meistens in der ersten Liga beweisen. Es sind Spieler dabei, die aus der Ehrenpromotion oder der ersten Division kommen, aber auch Spieler aus dem Ausland. Die BGL Ligue hat sich in den vergangenen Jahren ein gewisses Renommee erarbeitet, das kommt uns zugute“, sagt Welter.
Einer von ihnen ist Madiu Bari. Der 26-Jährige bestritt fünf Länderspiele für Portugals U16, wurde beim FC Porto, Benfica Lissabon und Lazio Rom ausgebildet. Zuletzt kickte er in der fünften italienischen Liga. Die Fola soll für den Mittelfeldspieler ein Sprungbrett sein. „Er ist für uns eine Bereicherung. Seinem Berater und ihm ging es darum, dass er Spielzeit bekommt“, sagt Welter, der sich nicht vor angebotenen Spielern retten kann. „Viele Berater sind schockiert, wie wenig wir mittlerweile anbieten können.“
Zurzeit sieht es nicht so aus, als könnte die Fola in naher Zukunft wieder ein Budget auf die Beine stellen, das es zulässt, einen Mittelfeldplatz in der BGL Ligue erreichen zu können. Pascal Welter sieht jedoch Licht am Ende des Tunnels: „Wir haben einen neuen Vorstand, der viel arbeitet und den Verein stabilisiert. Deshalb glaube ich daran, dass wir irgendwann wieder in einer anderen Situation sein werden“, sagt Welter.
Der Sportdirektor sieht es zwar nicht als Drama an, in die Ehrenpromotion abzusteigen, will diesen Schritt aber aus mehreren Gründen verhindern. „Dort wären wir mit unserem Budget wahrscheinlich im Mittelfeld angesiedelt. Wie schwer es ist, wieder aufzusteigen, sieht man an Beispielen wie Mersch, Schifflingen oder Rümelingen. Das Risiko ist groß, aus der Ehrenpromotion nicht mehr herauszukommen.“
Zweitklassig war die Fola zuletzt 2008. Danach spielte sie nur selten die zweite Geige in Esch. Doch um die Vorherrschaft in Esch geht es im Derby am kommenden Samstag nicht. Für die Fola geht es einzig und alleine darum, wieder einmal das Optimum aus einer fast aussichtslosen sportlichen Situation herauszuholen.
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