Sportserie (Teil 2) / Wie sportlich ist Luxemburg? Wie Bissen schon früh auf den richtigen Lebensweg führen will
„Lieft Lëtzebuerg Sport?“ Das ist die Kernfrage, auf die es in dieser Tageblatt-Serie eine Antwort geben soll. In der zweiten Woche führte der Weg diesmal zu den Jüngsten – in eine „Maison relais“. Spiel, Spaß und Bewegung für alle standen in Bissen im Vordergrund.
Ein paar rote Bälle, Markierungen auf dem Boden und eine Gruppe von 13 Mitspielern: Mehr braucht es an diesem Dienstagnachmittag nicht, um den anstrengenden Schulalltag hinter sich zu lassen. Der 2019 erbaute Sportkomplex der Bissener Gemeinde ist so ausgestattet, dass er sowohl dem vielfältigen Vereinsleben als auch den paraschulischen Aktivitäten der „Maison relais“ gerecht wird.
Denn Sport wird in Bissen großgeschrieben. „Es war die erste ‚Maison relais’, für die ‚elisabeth’ einen Sportkoordinator eingestellt hat“, erklärt Michael Schenk, Direktor der Betreuungsstrukturen der Gruppe. Inzwischen sind mit Christopher Benzschawel und Sara Rocha bereits zwei Personen in der 3.000-Einwohner-Gemeinde eingestellt worden, die dem Bewegungsdrang der Kinder nach den Unterrichtsstunden gerecht werden sollen. Aber das ist nicht ihre einzige Rolle. „Wir haben ein klares Stellenprofil erschaffen, um ihre Aufgabenfelder zu definieren. Das geht von den besagten Bewegungsaktivitäten über die Organisation von Weiterbildungen bis zu Vernetzungen mit den lokalen Vereinen.“
Schenk verzichtet in seinen Erklärungen bewusst auf den Begriff Sport. Denn mit dem Angebot der Koordinatoren sollen auch die Kinder angesprochen werden, „die nicht unbedingt sportaffin sind. Wir wollen sie für mehr Eigeninitiative begeistern, ohne dass gleich ein Wettbewerbsgedanke dahinter steckt. In diesem Sinne kommen Zirkusaktivitäten meist sehr gut an.“ So schafft man es auch, ohne Konkurrenzgedanken Werte wie Fairplay, Zusammenhalt, gegenseitige Hilfe und Respekt zu erlernen.
Denn es ist dieses goldene Alter, in dem die Lust am Sport und der Bewegung aufgebaut werden – und nicht schon zerstört werden soll. „Das Ziel ist es, dass sie dadurch alle lebenslang sportlich bleiben wollen.“ Die unterschiedlichen Ateliers zielen nicht nur auf das Gewinnen hin. „Während es im Schulhof beim Fußballspiel ja meist härter zur Sache geht, steht in unserem Bildungsrahmenprogramm, dass unser Angebot vor allem Spaß machen soll.“ Das eigens ausgearbeitete Bewegungskonzept basiert u.a. auf den Studien der Luxemburger Universität (wonach sich Kinder nicht genug bewegen) und fängt bereits morgens in den „Crèches“ an. Dort wird mithilfe der Sportkoordinatoren konsequent nach Pikler-Methode verfahren. Babys und Kleinkinder lernen, sich frei zu bewegen – wer sich noch nicht eigenständig hinsetzen kann, gehört demnach nicht in den Hochstuhl. Eine freie Bewegungsentwicklung und das freie Spiel im non-formalen Kontext sind das Ziel.
Unkompliziert und überall möglich
„In unseren ‚Maison relais’ können bis zu 40 Prozent des Personals aus unterschiedlichen Bereichen kommen, wie etwa Sprachen, Sport oder Gesundheitsberufen. Deshalb haben wir uns entschieden, dass sich in allen Kommunen, in denen wir engagiert sind, ein Sportkoordinator um die Bewegungsprogramme kümmert.“ Doch die Zusammenarbeit erstreckt sich viel weiter über die Grenzen der Gemeinden heraus. „Zudem haben wir durch die ENEPS („Ecole nationale de l’éducation physique et des sports“, Red.) Zugriff auf die LTAD-App.“ Dort sollen in Zukunft Aktivitäten hochgeladen werden. „Wenn mal fünf Minuten vor dem Essen zur Verfügung sind, kann ein Erzieher darauf zurückgreifen, der Sportkoordinator kann ja nicht überall sein“, erklärt Schenk.
Zudem setzt man in den „elisabeth“-Betreuungsstrukturen auf klare Abläufe. Sobald die Kinder in der ‚Maison relais’ eintreffen, wird in einer „familienähnlichen Atmosphäre gemeinsam gegessen. Auf den Tisch kommen lokale, biologische und frische Produkte.“ Und wenn es die Uhr erlaubt, wird sich vorher noch gemeinsam spielerisch bewegt. „Wir versuchen, wenn möglich, vor dem Mittagessen noch ein paar Koordinationsspiele einzubauen, damit noch etwas Spaß auf dem Programm steht. Montags, mittwochs, freitags bieten wir in Bissen danach eine Sportstunde an, dienstags und donnerstags die LASEP-Kurse.“ Die Kinder erhalten einen Bewegungsrucksack (eine Tasche mit Material für unkomplizierte Bewegungsaktivitäten) und können sich in den Ferien am „Bewegungstag“ einschreiben. Sogar wenn einmal zehn Minuten auf den Bus gewartet werden muss, gibt es für die Kids Optionen, ein Bewegungsspiel einzubauen.
Doch es gibt auch Tage, an denen die Begeisterung für Bewegung ausbleibt. „Wenn ein Kind partout nicht mitmachen will, kann man es nicht zwingen“, formuliert es Schenk. Am Grundprinzip – den Schülern klarzumachen, wie wichtig ein gesunder Lebensstil ist – ändert sich dadurch nichts. „95 Prozent dieser Kinder werden keine Topathleten. Das heißt aber nicht, dass sie später nicht in der zweiten Mannschaft eines Tischtennisklubs spielen können oder mehrmals die Woche etwas Nordic Walking machen.“ Sticht den Koordinatoren dann jemand ins Auge, der sich besonders für eine Disziplin begeistert, wird problemlos auch Kontakt zum lokalen Verein aufgebaut.
So geht es weiter: Am nächsten Donnerstag führt der Weg in die Basketballhalle. Tessy Hetting, die Technische Direktorin der FLBB, erklärt, welche Rolle die Verbände bei der Umsetzung der LLS-Konzepte spielen können. Zudem kann in der Nordstad nach Lust und Laune geturnt werden. Ein Überblick über die Bandbreite an Optionen.
In Hesperingen boomt der Jugendsport
Das Pilotprojekt „Hesper beweegt sech“ wurde 2012 von Miguel da Costa ins Leben gerufen. Seinen Ideenkatalog setzte der Sportlehrer damals gleich in den ersten beiden Monaten in die Tat um: Die Vereinstrainer der gesamten Gemeinde wurden kontaktiert und sind seitdem Teil des Projekts. Während die Klubcoaches meist eine technischere Herangehensweise haben, versucht das Team um da Costa (das aus sieben Personen besteht), dem Ganzen eine spielerische Note zu verleihen. Inzwischen mussten die Teilnehmerzahlen begrenzt werden, „um die Qualität der Trainings weiterhin zu gewährleisten“, wie da Costa hinzufügt. „Wir sind bei der Anmeldung im Juni innerhalb von Sekunden komplett ausgebucht.“ In Zahlen ausgedrückt: 800 Kinder sind auf diese Weise jede Woche aktiv.
In den Mittagsstunden wird je nach Cycle vor oder nach dem Essen trainiert. Neben den klassischen Sportarten wie Fußball, Basketball oder Volleyball werden die Schulkinder auch an exotischere Disziplinen herangeführt: Kayak, Parkour, Capoeira, Tanzkurse oder die sehr beliebten Kolonien in den Ferien – „die Kinder sollen alles sehen“.
Besonders glücklich sind die Verantwortlichen dann, wenn es positive Rückmeldungen gibt. „Am Anfang war das Lehrpersonal skeptisch. Aber ich habe erklärt, dass es wirklich nicht viel Unterschied macht, ob die Kinder im Schulhof rennen oder in der Halle. Inzwischen gibt es eine gute Zusammenarbeit. Was aber besonders schön ist, ist die steigende Popularität bei den Jugendmannschaften der Vereine. Mittlerweile wurden einige Trainer speziell für den Nachwuchs eingestellt. Es ist also eine Entwicklung zu sehen.“
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