Fußball-EM / Wout Weghorst: Vom Niemand zur Nervensäge
Wout Weghorst ist das Ass im Ärmel des niederländischen Bondscoaches Ronald Koeman. Auch im EM-Halbfinale gegen England?
Wout Weghorst war und ist kein Kylian Mbappé – und auch längst kein Lamine Yamal. Mit 20 Jahren kickte der Mann, der einmal das Trumpf-Ass der Niederlande werden sollte, noch als Amateur in der Provinz. Damals schien die schillernde Fußballwelt – und ein EM-Halbfinale erst recht – ganze Galaxien entfernt. Zweifler rieten Weghorst, seinen großen Traum bitte endlich aufzugeben. Doch keine Chance.
Während Mbappé und Yamal bereits als Teenager Wunderdinge vollbrachten und vollbringen, glich Weghorst in diesem Alter zumindest in Sachen Mentalität Cristiano Ronaldo. „Da waren viele Mitspieler, die haben Fußball mehr zum Spaß gespielt, sind abends auf Partys gegangen und waren feiern. Aber ich nicht, ich hatte mein Ziel, Profi zu werden“, sagte der Stürmer einmal der Bild-Zeitung.
Der 31-Jährige wurde lange übersehen. „Ich bekam meine Beine nicht sortiert“, sagte er: „Und in Holland achten Scouts in erster Linie auf technisch herausragende Spieler.“ Wachstumsschübe schlugen dem Mann, der heute mit seinen 1,97 Metern Verteidiger das Fürchten lehrt, ein Schnippchen. „Es gab viele Menschen, die gesagt haben: Wout, vergiss das mal mit dem Fußball. Du bist nicht gut genug“, erinnerte er sich im WAZ-Interview.
Zweifler Lügen gestraft
Der Junge aus der 25.000-Seelen-Gemeinde Borne, dessen Familie zahlreiche Tankstellen im ganzen Land besitzt, ackerte sich ins Haifischbecken, unterschrieb mit 20 seinen ersten Profivertrag in der zweiten niederländischen Liga beim FC Emmen. Erst ab dann ging es bergauf. Mit 22 Jahren folgte das Debüt in der Eredivisie für Heracles Almelo, danach empfahl er sich über AZ Alkmaar für den VfL Wolfsburg, wo er sich bis 2022 als eiskalter Vollstrecker in der Bundesliga einen Namen machte.
Die Leute, die einst an ihm zweifelten, hat Weghorst längst Lügen gestraft. Vor dem EM-Halbfinale am Mittwoch (21.00 Uhr) gegen England ist in der Heimat sogar eine Diskussion darüber ausgebrochen, ob der Angreifer, der bislang als Joker so gefährlich ist, vielleicht nicht sogar starten sollte. „Wout Weghorst vom ‚Finisher‘ zum ‚Starter‘ im Halbfinale gegen England? Koeman sollte darüber nachdenken“, schrieb die Tageszeitung AD.
Bondscoach Ronald Koeman hat seinen Neuner, der jüngst an die TSG Hoffenheim ausgeliehen war, in allen fünf Turnierspielen eingewechselt, immer strahlte Weghorst enorme Gefahr aus. „Es ist ein Albtraum, gegen ihn zu spielen. Er ist körperlich stark, eine Nervensäge im Strafraum“, lobte Abwehrspieler Nathan Ake. Das Gruppenspiel gegen die Polen entschied er mit dem Tor zum 2:1-Endstand, auch im Viertelfinale gegen die Türken kam er beim Stand von 0:1 und drehte das Spiel, ohne selbst zu treffen.
Im Zentrum sorgte Weghorst für ein derartiges Tohuwabohu unter den türkischen Verteidigern, dass sich seinen Mitspielern ganz neue Räume eröffneten. Und er überzeugte mit Blick auf England gar die kritischsten Geister. „Wout sollte im Sturm stehen“, forderte TV-Experte Rafael van der Vaart: „Wer hätte gedacht, dass wir das sagen würden?“ Ob der sonst so sture Koeman jedoch ausgerechnet jetzt von seinem Schema abweicht und Plan B zu Plan A erklärt? Weghorst selbst gab seinem Trainer einen Tipp: „Ja, so kann er auch anfangen.“ (SID)
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