CSV / Christsozialer Jubel: Luc Frieden führt seine Partei zum Wahlsieg
Luc Frieden kann als Gewinner bezeichnet werden. Denn er hat als Spitzenkandidat den Abwärtstrend der Volkspartei umgekehrt und kann nun eine Regierung bilden.
Zwischen Vorsicht und Zuversicht besteht manchmal nur ein hauchdünner Unterschied. Sowohl das eine als auch das andere strahlt Claude Wiseler am Beginn des Wahlabends im Centre polyvalent „A Schommesch“ von Niederanven aus. Hier hat die CSV ihr Headquarter am Tag des nationalen Urnengangs eingerichtet. Nachdem die ersten Gäste, die meisten Parteimitglieder, bei strahlendem Sonnenschein eingetrudelt sind und sich am Tresen bedient haben, und nachdem der Catering-Service den Grill im Imbisswagen angeworfen hat, gehören Wiseler und seine Frau, die Europaabgeordnete Isabel Wiseler-Lima, zu den ersten prominenten Mandatsträgern. Eine Prognose möchte Wiseler nicht abgeben, schließlich hat er bei den letzten Wahlen im Oktober 2018 erlebt, wie aus einem sicher geglaubten Sieg eine Niederlage wurde – und musste weitere fünf Jahre in die Opposition.
Wiseler war damals Spitzenkandidat. Danach hat seine Partei ihre Talfahrt fortgesetzt. Das Intermezzo mit dem Ex-Europaabgeordneten Frank Engel als Parteichef verlief unglücklich, der Umfragetrend führte die einst erfolgsverwöhnte CSV noch weiter abwärts auf etwa 15 Parlamentsmandate, also fast auf die Sitzstärke einer „normalen“ Partei. In den vergangenen Monaten hatte man ihr rund 18 Mandate zugetraut, trotz der Verstärkung, die Wiseler, mittlerweile Ko-Parteipräsident zusammen mit Elisabeth Margue, und die Partei an Bord geholt hatten: Ex-Minister Luc Frieden.
Dass dieser zum Mann des Abends oder gar „Man of the match“ wird, bahnt sich im Laufe des Abends an. Die Zuversicht nimmt breiteren Raum ein. Als die ersten Ergebnisse veröffentlicht werden und die Neuigkeiten sich schnell verbreiten, wird die Stimmung gelassener und sogar fröhlich ausgelassen. Das CSV-Stelldichein am Wahlabend erscheint wie in zweites Sommerfest im Frühherbst. Martine Hansen ist auch unter den frühen Gästen, ebenso Léon Gloden. Alex Donnersbach, Schöffe in Walferdingen und Präsident des CSV-Nachwuchses, meint im Gespräch, dass seine Partei es geschafft habe, „ihr Profil wieder zu schärfen“. Dies sei nicht zuletzt auf die Kandidatur von Luc Frieden zurückzuführen. Auch Jean-Marie Hoffmann, Kandidat im Zentrum, ist zuversichtlich. Aber noch sei nichts entschieden.
Glückskekse für den Erfolg
Vielleicht haben auch die Glückskekse mit der zunehmenden Heiterkeit zu tun, die auf den Tischen verteilt ausliegen, verpackt in den Farben der Partei. Ein Erfolgsrezept? Schließlich ist es in den vergangenen Jahren nur wenigen gemäßigten konservativen Parteien der rechten Mitte gelungen, sich einerseits gegen den europaweiten Rechtsruck einerseits und gegen liberale Bewegungen im umkämpften Wählermilieu des Mittelstandes zu behaupten. Die CSV scheint die Siegformel gefunden zu haben.
Je länger der Abend dauert, umso mehr bekannte Gesichter der Partei haben sich eingefunden. Die beiden früheren Parlamentspräsidenten Laurent Mosar und Lucien Weiler sind ebenso zugegen und gehen grüßend durch die Reihen, der Europaabgeordnete Christophe Hansen ist gerade in ein Gespräch vertieft, auch der frühere Parteichef Michel Wolter. Nur Luc Frieden fehlt noch. Während sich das Ergebnis immer mehr herauskristallisiert und viele auf ihren Smartphones die Resultate verfolgen, füllt sich der Hauptsaal.
Der frühere Polizeigewerkschafter Pascal Ricquier freut sich über das Ergebnis. Für ihn war es das erste Mal, dass er in die Wahlen ging. „Ich bin vor einigen Monaten gefragt worden“, erzählt er. Danach habe er beschlossen, sein Amt als Gewerkschafter aufzugeben und in die Parteipolitik zu gehen. „Es gibt einiges zu tun“, sagt er. Die Polizei müsse dringend wieder reformiert werden, damit das Land wieder sicher werde. Einiges sei im Argen, die Kriminalität am Steigen. Unter anderem müsse die Polizistenausbildung geändert werden. Er bezeichnet sich in diesen Fragen als Berater der CSV. Und vielleicht auch der neuen Regierung?
Auftrag zur Regierungsbildung
Mittlerweile ist auch Luc Frieden da und geht durch die Vorhalle. Er wird mit großem Jubel empfangen. Viele wollen ihm die Hand geben. „Der Wahlabend wird aber noch lange dauern“, sagt er und versucht die Euphorie etwas zu bremsen. Was kaum noch möglich ist. Eigentlich sollte er um 21 Uhr auftreten. Daraus wird aber 22 Uhr, bis die wichtigsten Resultate heraus sind und er das Podium betritt. „Das Resultat ist eindeutig. Die Luxemburger haben in allen vier Wahlbezirken entschieden, dass die CSV die stärkste Partei ist“, sagt Frieden unter dem frenetischen Beifall der Parteianhänger. „Das Resultat liegt weit über den Umfragen. Es ist bemerkenswert. 29 Prozent der Stimmen, 21 Sitze im Parlament.“
Frieden bedankt sich für die große Unterstützung in der Partei, „auch von denen, die im Hintergrund gearbeitet haben“. Der Beifall scheint nicht mehr aufzuhören. Der Wahlsieger erwähnt „auch jene, die heute vielleicht nicht das Ergebnis erlangt haben, das sie erwartet haben“. Er habe mit den Kandidaten der anderen großen Parteien gesprochen, fügt er hinzu. „Die blau-rot-grüne Mehrheit gibt es nicht mehr“, sagt Frieden und löst einmal mehr frenetischen Beifall aus. „Die CSV hat den Auftrag bekommen, die nächste Regierung zu bilden. Wir werden das nicht von oben herab machen und nicht aus einer Position der Überheblichkeit, sondern im Respekt des Wahlresultat. Mein Ziel ist es, eine starke Mehrheit in der nächsten Chamber zu bilden, die auch programmatisch passt. Das ist die Aufgabe, die ich habe. Im Interesse unseres Landes und für eine neue Politik.“
Das sei typisch für ihn, sagt ein Parteimitglied, nachdem die Menge auf dem Weg nach draußen gegangen ist. So habe er Luc Frieden immer erlebt, als er mit ihm zusammengearbeitet habe, erklärt der junge Mann. „Er hört jedem gut zu und pflegt einen respektvollen Umgang. Genau das ist wichtig in unserer Zeit, in der das oft vernachlässigt wird.“ Eine junge Frau, die das erste Mal bei den Nationalwahlen gewählt hat und bei der Nachwuchsorganisation der Partei ist, zeigt sich begeistert über den Abend. Unterdessen ist auch Claude Wiseler auf dem Weg in Richtung Kirchberg zu RTL. Die Partei habe sich wieder gefunden, gibt er zu. „Es waren aber auch zwei, drei Jahre harte Arbeit“, fügt er hinzu. Aber es ist gelungen. Aus dem Trauma für die Partei von 2018 ist die Freude von 2023 geworden.
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