Traurigkeit und Freude / So unterschiedlich war die Stimmung bei den Luxemburger Parteien am Wahlabend
Manche Parteien gewinnen deutlich an Prozenten hinzu, andere wieder verlieren ordentlich an Wählergunst – die Stimmung ist in Luxemburg von Partei zu Partei entsprechend unterschiedlich. Ein Überblick.
Emotionale Reaktionen gab es bei den Ministern der Grünen. Umweltministerin Joëlle Welfring ist enttäuscht. „Wir hatten ein gutes Programm und eine gute Bilanz, deswegen hatte ich mehr erwartet als das, was wir jetzt haben – das kann man nicht schönreden“, sagt Welfring. Die Politikerin mache sich auch Sorgen um Luxemburg. „Dieser Rechtsruck zeigt, dass wir keine Insel sind“, so Welfring. Deswegen sei es umso wichtiger, dass man sich die richtigen Fragen stelle und sich für einen Kurswechsel einsetze. „déi gréng“ sind laut Hochrechnungen die einzige Regierungspartei, die richtig von den Wählern abgestraft wurde. Welfring war ratlos über die Ursache für den Stimmenverlust. „Ich habe momentan noch nicht die nötige Distanz, um das bewerten zu können“, sagt eine sichtlich traurige Welfring. Sie hoffe nun, dass ihre Partei am Ende des Abends noch genügend Sitze habe, um ihre „Fraktionsstärke zu retten“.
Energieminister Claude Turmes erlebte einen „bitteren Abend“. Während des Wahlkampfes habe ein sehr raues Klima geherrscht – vor allem in den sozialen Medien. „Menschlich hatten wir eine gute Kampagne“, sagt der Energieminister. Er sei trotzdem stolz auf die Fortschritte, die im Energiebereich gemacht wurden. „Wir haben in den vergangenen fünf Jahren konkreten Klimaschutz in Luxemburg betrieben und dieser bittere Abend schmälert das nicht“, sagt ein emotionaler Turmes. Er könne niemandem einen Vorwurf machen. „Es ist auch sehr stark eine Niederlage von mir persönlich, weil ich dieses Mal auch sehr viel weniger persönliche Stimmen erhalten habe“, so Turmes. Woran das liege, könne er an diesem Wahlabend nicht sagen. „Ich hoffe, dass die Luxemburger Gesellschaft weiterhin eine offene Gesellschaft bleibt – es darf nicht ein Land werden, das den Populisten von der ADR und anderen nachläuft.“
„Wenn auch wir nicht glücklich darüber sind, was in diesem Land gerade passiert, können wir doch glücklich über unser eigenes Ergebnis sein“, stellt Marc Baum auf der Wahlparty von „déi Lénk“ im Restaurant „Chiche“ in Luxemburg-Stadt fest. Aktuell scheint der Sitz im Süden sicher, ob es am Ende für den im Zentrum reichen wird, wird sich noch zeigen müssen. Zwischenzeitlich macht man sich mit der Musik von Serge Tonnar weiter Mut.
Frank Engel von Fokus wirft unterdessen das Handtuch: Er sagt, er nehme die Botschaft der luxemburgischen Wähler zur Kenntnis – es sei eine „Niederlage“, für die er die Verantwortung übernehme. Er wolle nicht mehr an der Spitze einer politischen Bewegung auf nationaler Ebene stehen. Wenige Minuten danach kommentiert er die Ergebnisse des Abends mit Bitterkeit. „Ich bin über alle Ergebnisse betrübt. Das Einzige, was mich nicht betrübt, ist, dass die Piraten nicht zulegen. Ihr Ergebnis ist weit entfernt von der Arroganz, die sie an den Tag gelegt haben, insbesondere als sie sich weigerten, ein Bündnis mit uns einzugehen. Wenn sie ein Bündnis eingegangen wären, wären wir zusammen in der Regierung.“
Fröhlich zu geht es offenbar auf der Versammlung der DP: Der Auftritt von Xavier Bettel löst dort wahre Begeisterungsstürme aus. 13 bis 14 Sitze im Parlament würden davon zeugen, dass die Wähler die Arbeit der DP anerkennen würden. Er und seine Partei seien bereit, weiter Verantwortung im Land zu übernehmen, so Bettel. Die Partei sei Wahlgewinner, so Premierminister Xavier Bettel. Über sein persönliches Resultat freut er sich scheinbar sehr. Die Frage, wer jetzt wann mit wem reden werde, lässt er offen. Zunächst werde er mit seiner Partei sprechen. Gambia ist gegessen, auch für Bettel.
Die Stimmung bei der CSV startete verhalten, besserte sich jedoch dann beträchtlich. „Dass wir so gut abschneiden, hätte ich nicht gedacht“, sagt ein Parteimitglied im Verlauf des Abends. Jean-Marie Hoffmann, Kandidat im Zentrum, meint: „Ich hätte schon mit etwa 20 bis 22 Sitzen gerechnet. Mit dem aktuellen Ergebnis bin ich zufrieden.“ Und CSJ-Präsident Alex Donnersbach sagt: „Wir haben es geschafft, unser Profil zu schärfen.“ Die Entscheidung für Frieden als Spitzenkandidat sei entscheidend gewesen. Vor einem Jahr lag die CSV laut Umfragen noch bei weniger als 18 Sitzen.
Bei der LSAP verfolgt man zunächst gespannt die erste Hochrechnung aus dem Osten, dem Bezirk, in dem Spitzenkandidatin Paulette Lenert kandidiert. Gegen 22.00 Uhr betritt Lenert schließlich auf der Parteiversammlung zum ersten Mal die Bühne. Und zum ersten Mal brandet lauter Jubel auf im „Melusina“. Lenert gibt sich optimistisch: „Wir sind zu diesem Zeitpunkt noch immer zweitstärkste Partei.“ Die LSAP sei diskussionsbereit. „Wir kommen weiter als Regierungspartei infrage.“ Sie sagt allerdings auch besorgt: „Krisenzeiten sind Zeiten für Populisten.“ Man habe gehofft, dass man in der Regierung genug getan hätte, um das abzufedern.
Bei der ADR herrscht derweil ein Stimmungshoch und Freude über den Sitz im Osten: Vorsichtig optimistisch bis euphorisch, so ist die Stimmung bei der ADR im „Café the Spot“ in der hauptstädtischen rue Notre Dame am Abend. Jubel bricht kurz nach 20.00 Uhr aus, als ein Sitz im Osten für die Partei sicher zu sein schien. Parteipräsident Fred Keup hofft auf Fraktionsstärke für die Partei, was ihr eine Reihe von Vorteilen gegenüber der vier Abgeordneten starken Gruppe der letzten Legislatur bringen würde.
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