/ Northern-Rock-Pleite jährt sich
Am Samstag vor zehn Jahren wurde die britische Hypothekenbank Northern Rock als Opfer der Finanzkrise verstaatlicht. Heute ist sie wieder in privater Hand und die Regulierungen sind verschärft worden. Das britische Finanzsystem ist jedoch durch die Privatverschuldung gefährdet.
Von unserem Korrespondenten Peter Stäuber
Die langen Menschenschlangen, die sich im September 2007 vor den Filialen der Hypothekenbank Northern Rock bildeten, markierten den Beginn der Finanzkrise in Großbritannien. Der erste Bankensturm im Land seit über hundert Jahren wurde ausgelöst durch Medienberichte, laut denen das Finanzinstitut arg in Schieflage geraten war und bei der Zentralbank Liquidität beantragen musste. In den folgenden Tagen hoben Kunden geschätzte 2 Milliarden Pfund (2,2 Milliarden Euro) ab, der Aktienkurs von Northern Rock stürzte in den Keller. Am Samstag ist es genau zehn Jahre her, dass die Bank verstaatlicht wurde.
Von US-Hypothekenkrise eingeholt
Als eine der ersten Banken in Europa wurde das einst prestigeträchtige Institut in den Strudel der Krise um Hypothekenkredite mit geringer Bonität gerissen, die in den Vereinigten Staaten ihren Anfang genommen hatte. Als sich die dortigen Probleme im Markt für die Eigenheimfinanzierung ausweiteten, waren die Banken, bei denen sich Northern Rock mit Geld für ihre Hypothekendarlehen versorgte, auf einmal vorsichtig geworden. Der Geldfluss, auf den die Bank angewiesen war, wurde zum Rinnsal.
Die Krise konnte vorerst eingedämmt werden, als Finanzminister Alistair Darling einsprang und der Bank mit einem milliardenschweren Rettungspaket unter die Arme griff, um die Kundeneinlagen zu schützen. Aber in den folgenden Monaten fand sich kein Käufer für die Bank – am 17. Februar 2008 kündigte Darling an, das Institut vorübergehend zu verstaatlichen. Der Schritt kostete die Steuerzahler 25 Milliarden Pfund.
Wieder in privater Hand
Zehn Jahre danach ist Northern Rock wieder in privater Hand – Virgin Money kaufte das Institut vor einigen Jahren. Der britische Hypothekenmarkt ist heute in einer stärkeren Position: In der Folge des Northern-Rock-Debakels führten die Aufsichtsbehörden neue Regeln ein, um die riskantesten Darlehen zu unterbinden. So muss die Zahlungsfähigkeit der Kreditnehmer heute genau überprüft werden, bevor sie sich verschulden dürfen. Auch finanzieren sich die britischen Banken heute in höherem Maß über Kundeneinlagen, anstatt sich bei anderen Geldinstituten mit kurzfristiger Liquidität einzudecken, wie es Northern Rock getan hatte. Sollte es erneut zu Engpässen auf dem Markt kommen, stehen die Banken heute auf soliderem Boden.
Privatverschuldung macht Sorgen
Doch im britischen Finanzsektor insgesamt bleiben erhebliche Risiken bestehen. Insbesondere der hohe Grad privater Verschuldung gibt Anlass zu Sorgen: Seit 2012 sind die Privatschulden der Briten, darunter Hypotheken, Studiendarlehen und Konsumkredite, um über 100 Milliarden Pfund gewachsen, ein Anstieg von 7,3 Prozent. Damit steuert das Verhältnis zwischen Schulden und Bruttoinlandsprodukt wieder auf den Höhepunkt zu, der in den Jahren vor dem Zusammenbruch erreicht wurde. Ein Grund für das starke Wachstum liegt in der Sparpolitik begründet: Weil der Staat ab 2010 weniger Geld ausgab, mussten die Bürger selbst in die Tasche greifen, um die Lücke zu füllen.
Die Ratingagentur Moody’s warnte im vergangenen Sommer, dass sich die ungesicherten Konsumkredite der Briten auf 200 Milliarden Pfund belaufen. Sollte sich die Wirtschaft abschwächen und die Inflation zunehmen, würden viele Briten Mühe haben, ihre Schulden abzubezahlen. Auch in einem Bericht, den die Denkfabrik New Economics Foundation im November veröffentlichte, schnitt das britische Finanzsystem schlecht ab: Es sei das am wenigsten widerstandsfähige der G7-Staaten, schrieben die Autoren. Deutschland erhielt die besten Noten. Nicht nur die hohen Privatschulden, sondern auch die Komplexität und die internationale Vernetzung mache Großbritannien besonders anfällig für Schocks in den Finanzmärkten.
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