/ Krise der deutschen Banken
Seit der Finanzkrise kämpfen Deutsche Bank und Commerzbank darum, endlich wieder in sicheres Fahrwasser zu gelangen. Sie haben kräftig umgebaut, gespart, Top-Manager ausgetauscht und immer wieder Milliarden am Kapitalmarkt besorgt. Immer wieder haben die beiden größten deutschen Kreditinstitute betont, dass nun endlich das Schlimmste vorbei sei. Doch stets ging es dann noch weiter abwärts.
In den vergangenen Tagen hat sich die Lage gerade für die Deutsche Bank noch einmal zugespitzt. Seit Mitte September haben Aktien des deutschen Branchenprimus fast ein Viertel an Wert verloren und sind auf einen historischen Tiefststand gesackt. Selbst auf dem Höhepunkt der Finanzkrise waren die Papiere mehr wert.
Inzwischen stellen selbst Großinvestoren hinter vorgehaltener Hand die Frage, wo die Deutsche Bank künftig ihren Platz haben wird. Die Zeiten der Deutschland AG sind längst vorbei, als das Institut an allen wichtigen deutschen Konzernen beteiligt war. Auch das teuer zugekaufte Investmentbanking lohnt sich seit der Finanzkrise immer weniger.
Harter Wettbewerb
Besonders ärgerlich ist für die Bank, dass wichtige Großtransaktionen der vergangenen Wochen wie die Monsanto-Übernahme durch Bayer oder der Börsengang der Eon-Abspaltung Uniper von US-Banken gemanagt wurden. Dabei betont die Deutsche Bank immer wieder ihre große Bedeutung für die deutsche Wirtschaft bei der Globalisierung. Erschwerend hinzu kommt der harte Wettbewerb in Deutschland um Privatkunden und den Mittelstand, in dem auch Sparkassen und Volksbanken eine große Rolle spielen.
Auslöser des neuerlichen Absturzes an der Börse ist die Drohung der US-Justiz, für Vergehen mit Hypothekenpapieren der Bank eine Strafe von 14 Milliarden US-Dollar aufzubrummen. Das Institut beeilte sich zwar zu betonen, dass die Strafe am Ende ähnlich wie bei wichtigen Konkurrenten deutlich niedriger ausfallen werde. Doch das beruhigte Anleger nicht. Sie befürchten, dass die Kapitalpolster der Bank für die Strafe nicht reichen könnten.
Knapp gerechnet
Fest steht, dass das Bank-Management bei seinen Kapitalplänen sehr knapp gerechnet hat. Um die künftigen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen, muss die Bank jedes Jahr gut zwei Milliarden Euro Eigenkapital schaffen. Angesichts des heftigen Ertragsdrucks wegen der Niedrigzinsen und der schwankenden Entwicklung im Investmentbanking ist das schon schwer. Für überraschende Rückschläge, etwa eine hohe Strafzahlung, habe die Bank aber kaum Puffer, meinen Experten.
Analyst Andrew Lim von der Société Générale rechnete erst kürzlich einen Kapitalbedarf von 20 Milliarden Euro bei der Deutschen Bank vor. Dabei ist die Bank an der Börse aktuell gerade einmal noch 16 Milliarden Euro wert. Vor diesem Hintergrund wird schon spekuliert, ob die Deutsche Bank Hilfe vom Steuerzahler benötigt.
Das Institut bemüht sich um Beruhigung. Die Frage nach einer Kapitalerhöhung stelle sich derzeit nicht, die Bank erfülle alle regulatorischen Vorgaben, sagt ein Sprecher. Zudem habe Vorstandschef John Cryan „zu keinem Zeitpunkt“ bei Bundeskanzlerin Angela Merkel um Hilfe im Rechtsstreit mit der US-Justiz gebeten. „Die Deutsche Bank ist fest entschlossen, ihre Herausforderungen alleine zu lösen.“ Doch wie das gelingen soll, ist vielen Beobachtern unklar.
Unter der Unsicherheit leidet auch die Commerzbank. Mühsam hatte sie sich seit der millionenschweren Rettung durch den Steuerzahler in der Finanzkrise nach oben gearbeitet und nach einem Milliardengewinn 2015 erstmals wieder eine Dividende gezahlt. Doch in diesem Jahr geht es in Sachen Gewinn wieder heftig abwärts, weil die Banken wegen der niedrigen Zinsen kaum noch etwas im Kreditgeschäft verdienen. Als Reaktion plant die Commerzbank nun ein heftiges Sparprogramm, dem Informationen aus Finanzkreisen zufolge fast jede fünfte Stelle bis 2020 zum Opfer fallen soll.
Die Not ist so groß, dass die Spitzen von Deutscher Bank und Commerzbank dem Vernehmen nach bereits einen Zusammenschluss ausgelotet haben. Die Idee wurde verworfen – zunächst einmal.