Großbritannien / Notenbank will unabhängig bleiben – Konservative Truss will Reform
Der britische Notenbankchef Andrew Bailey hat angesichts von Reform-Vorschlägen aus der Politik die Bedeutung der Unabhängigkeit der Bank of England betont. Es sei sehr wichtig, eine unabhängige Zentralbank zu haben, sagte er auf der Pressekonferenz nach dem Zinsbeschluss vom Donnerstag.
Es sei ein sorgfältig aufgebautes Modell, das sehr gute Dienste geleistet habe, erklärte der Chef der Bank of England (BoE). Er reagierte damit auf Pläne von Liz Truss, der Favoritin im Rennen um die Nachfolge des scheidenden konservativen Premierministers Boris Johnson. Truss will das 25 Jahre alte Mandat auf den Prüfstand stellen, das die Notenbank von der Politik unabhängig machte.
Das von dem damaligen Labour-Finanzminister Gordon Brown entworfene Modell sieht vor, dass die Notenbank die Zinsen in eigenem Ermessen so festlegen darf, wie es nach ihrer Einschätzung am besten zum Erreichen des von der Regierung gesetzten Inflationsziels passt. Die Notenbank ist in den Reihen der Konservativen mehrfach kritisiert worden, geldpolitisch zu langsam auf die rasant steigenden Lebenshaltungskosten reagiert zu haben. Und die Zufriedenheitswerte der Bevölkerung mit der BoE sind auf einem Rekordtief gelandet.
Klare Fahrtrichtung
Truss war Details schuldig geblieben, was die Prüfung des BoE-Mandats genau umfassen soll. Es gehe um eine „klare Fahrtrichtung“ für die Geldpolitik. Die Generalstaatsanwältin Suella Braverman, die Truss im innerparteilichen konservativen Rennen um den Chefposten der Regierung unterstützt, erklärte, es sei nun an der Zeit zu prüfen, ob das Mandat noch die richtige Lösung sei. Die Unabhängigkeit solle nicht entzogen werden. „Doch gibt es viele andere Modelle rund um die Erde, bei denen Zentralbanken einen unterschiedlichen Grad der Unabhängigkeit mit Blick auf die Geldpolitik haben“, sagte sie im Gespräch mit Sky News.
Truss, die laut Umfragen im Rennen gegen Ex-Finanzminister Rishi Sunak die Nase vorn hat, hat in der Vergangenheit Japan als Vorbild genannt. Dort sei eine radikal lockere Geldpolitik betrieben worden. Die Inflation in Japan sei relativ niedrig, woraus Großbritannien lernen könne. BoE-Führungsmitglied Michael Saunders hatte Truss’ Plänen eine Absage erteilt. Das geldpolitische Rahmenwerk im Vereinigten Königreich solle unangetastet bleiben, schließlich stehe die Glaubwürdigkeit der Notenbank auf dem Spiel.
Hohe Inflation in Großbritannien
Die britische Notenbank stemmt sich verstärkt gegen die hohe Inflation im Königreich. Der Leitzins steigt um 0,5 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent, wie die Bank of England am Donnerstag nach ihrer Zinssitzung in London mitteilte. Es ist die deutlichste Anhebung seit der politischen Unabhängigkeit der Notenbank im Jahr 1997.
In Großbritannien ist die Teuerung auf 9,4 Prozent gestiegen. Die Inflation ist damit so hoch wie seit etwa 40 Jahren nicht mehr. Die Notenbank bekräftigte ihre Haltung, „kraftvoll“ zu agieren, falls die Teuerung länger anhalten sollte als erwartet. Zugleich gehen die Währungshüter von einem langanhaltenden wirtschaftlichen Abschwung aus: Beginnend im vierten Quartal dürfte die britische Wirtschaft demnach fünf Quartale in Folge schrumpfen.
Die britische Wirtschaft leidet unter vielen Belastungen, darunter die wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs. An den Finanzmärkten geriet das britische Pfund nach Bekanntwerden der Entscheidung unter Druck. Britische Staatsanleihen legten im Kurs hingegen zu.
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