Kommentar / Sich der Diskussion über weniger Arbeitszeit zu verschließen, ist Ausdruck von Visionsarmut
Bricht die Welt zusammen, wenn weniger gearbeitet wird? LSAP und „déi Lénk“ haben die Arbeitszeitverkürzung in ihrem Programm stehen. Die anderen Parteien – außer der KPL – reden lieber von Flexibilisierung. Was meist nach dem Gegenteil einer Verkürzung klingt.
Bei unseren beiden ersten Tageblatt-Tables-Rondes mit den Bezirksspitzenkandidaten im Zentrum und im Osten sprachen wir auch über die Zukunft der Arbeit. Bei unseren zwei noch ausstehenden Rundtischgesprächen wird das kaum anders sein. Jenes für den Süden ist am Dienstag in Esch im Theater, jenes für den Norden am Donnerstag in Diekirch in der „Aler Seeërei“, Beginn ist jeweils um 19 Uhr – kommen Sie gerne vorbei, wahrscheinlich werden Sie sehen, wie DP und CSV hier rote Linien ziehen, Piraten und ADR ebenso und „déi gréng“ ein bisschen herumlavieren.
Überhaupt mit dem Gedanken an etwas weniger Arbeit und etwas mehr Freizeit zu spielen, ruft Verblüffung und Empörung hervor. Oder wildes Amüsement, offenbar nach dem Motto: Wie lächerlich ist das denn, an so etwas auch nur zu denken angesichts von Fachkräftemangel und Produktivitätssorgen? Willkommen in einer Welt ohne Vision, ohne Utopie.
Dass das kein rein luxemburgisches Phänomen ist, zeigt das Beispiel Großbritannien. In einem Feldversuch ließen dort 70 Unternehmen nur noch an vier statt an fünf Tagen arbeiten – bei vollem Lohnausgleich. Der Deal: Solange die Produktivität weiterhin 100 Prozent beträgt, gibt es 100 Prozent Lohn für 80 Prozent der bisherigen Arbeitszeit. Konservative Politiker tobten über diese „linke Horrorshow“. Ein rechtsgerichteter Thinktank beklagte vermeintliche Einbußen.
Doch, oh Wunder, England ist nicht untergegangen. Nach der sechsmonatigen Testphase wollten fast alle der übriggebliebenen 61 Firmen (neun waren zwischenzeitlich abgesprungen) mit der neuen Arbeitszeitregelung weitermachen. Beinahe drei Viertel der knapp 3.000 befragten Arbeitnehmer freuten sich über weniger Stress und fühlten sich gesünder. Nahezu jede zweite teilnehmende Firma konnte ihre Produktivität steigern. Einige freuten sich darüber, endlich wieder Leute zu finden für Posten, die lange vakant geblieben waren, weil die Bedingungen nicht stimmten. Hier finden Sie den Hintergrundbericht von unserem Korrespondenten Sebastian Borger zum britischen Experiment. Da steht auch drin, dass nicht alle Unternehmen gut mit der Umstellung zurechtkamen. Was am Erfolg des Versuchs aber nichts ändert – auch weil die Firmen sich neue Wege suchten, konzentrierter und damit zufriedener arbeiten zu lassen. Wer hätte das gedacht, Produktivität reimt sich wohl auf Zufriedenheit!
Was das für die Politik in Luxemburg bedeutet? Dass, zumindest was eine Gesprächsbereitschaft angeht, die ideologischen Scheuklappen abgelegt gehören. Die Arbeitswelt verändert sich rasant. Auch in Luxemburg. Wer Talente anziehen will, muss ihnen etwas bieten. Das Land sollte darauf vorbereitet sein.
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Nunja, ein wesentliches Problem wurde jedoch hier (wissentlich?) ausseracht gelassen, weniger Arbeitszeit bedeutet nicht weniger Arbeit, und vorallem in gewissen Branchen (Einzelhandel, Gesundheitssektor,….) muss eine anhaltende Presenz garantiert werden, also braucht es mehr Arbeitskräfte in diesen Bereichen. Mehr Arbeitskräfte mehr Kosten und wer trägt diese? Dazu kommt mehr Verkehr auf bereits überfüllten Strassen, mehr Nachfrage für Wohnraum für die Arbeitenden und wo dies hinführt ist klar, ein verstärkter Klassenkampf, also vorsicht bei dem was man sich wünscht, sonst wird aus Utopie schnell ein Albtraum!
D’Restauranten an d’Wiertschafte kréie kee Kach erbäi, sinn 2 Deeg an der Woch zou oder direkt ganz an elo brauchen se der e puer méi?
Wéi soll dat goen?
Meine Vision: 1 Tage Woche. 6 Tage frei und 1 Tag arbeiten für den 5fachen Lohn. 6 Monate bezahlten Urlaub und mit 31 Jahren die volle Rente. Einfach köstlich…;-))
Die Milchmädchenrechnung “ weniger Arbeitszeit, mehr Lohn“ kann und wird nicht aufgehen.