Kommentar / Der (fast) unerklärliche Machtwechsel in Portugal
Portugal galt lange Zeit als eines jener Länder der Europäischen Union ohne besonders nennenswerten rechtsextremen Einfluss. Damit ist spätestens seit den – nachdem Regierungschef António Costa, der fast zehn Jahre regierte, wegen einer Korruptionsaffäre im November seinen Rücktritt eingereicht hatte – vorgezogenen Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag Schluss. Bei dem Urnengang hat die ultrarechte Partei Chega im Vergleich zu den letzten Wahlen vor zwei Jahren deutlich zugelegt und ist mit 18 Prozent der Wählerstimmen nun drittstärkste Kraft. Ihr Name steht für „genug!“ oder „es reicht!“. Außer einer großen Koalition, welche die Sozialisten ablehnten, besteht nun die Möglichkeit einer Koalition der aus drei Parteien bestehenden konservativen Aliança Democrática (AD), die stärkste Kraft geworden ist und von Luís Montenegro angeführt wird, mit der Chega des Rechtsprofessors André Ventura. Möglich ist aber auch eine Minderheitsregierung der AD.
Die deutlichen Stimmenverluste der Sozialisten von zwölf Prozentpunkten, die seit 2022 mit absoluter Mehrheit regierten und das Land aus der Krise geführt haben, sind schwer zu erklären. Portugal hat in den vergangenen Jahren einen ordentlichen Aufschwung erlebt. Die Bilanz der Sozialisten kann sich sehen lassen: wachsende Exporte, eine anziehende Binnenkonjunktur und steigende Löhne. Doch der Wachstumskurs hat wie so oft seine Schattenseiten: So ist etwa der Immobiliensektor außer Kontrolle geraten, was zu einer Krise auf dem Wohnungsmarkt führte. Obwohl die Regierung die Mindestlöhne erhöhte, ist es für viele Portugiesen schwierig geworden, über die Runden zu kommen. Doch statt nach weiter links wanderten viele Wähler nach rechts ab – ausgerechnet zur Chega, die die Tradition des faschistischen Estado Novo pflegt und ein autoritär-wirtschaftsliberales Programm verfolgt sowie gegen Migration, die Roma-Minderheit und die queere Community agitiert.
Leider hat Portugal seine Sonderstellung verloren und liegt im internationalen Trend des rechten Vormarschs. Auch wenn der AD-Anführer Montenegro vor den Wahlen mehrmals eine Koalition mit der Chega ausschloss, halten manche Beobachter diese nicht für unwahrscheinlich. Die bisher regierenden Sozialisten werden nach der Ankündigung ihres Vorsitzenden Pedro Nuno Santos vom linken Flügel der Partei in die Opposition gehen. Die ruhmreiche Partei unter anderem eines Mário Soares, eines António Guterres und eines José Sócrates hat sich ausgerechnet kurz vor dem 50. Jahrestag der Nelkenrevolution am 25. April, die der 61 Jahre langen Diktatur des Estado Novo ein Ende bereitete, von der Macht verabschiedet, obwohl, wie sich herausstellte, an den Korruptionsvorwürfen gegen Costa nichts dran ist. Die Erinnerung bleibt bestehen, die Hoffnung auch, ebenso die „saudade“.
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Et ass dach einfach ze explizei’eren : Di grouss Mettelschicht, dei‘ geschaft hun fir daat wat se verdengt hun, hun es saat dass hiren Verdengscht vun den Sozien eweggeklaut gett fir un di lidderech emzeverdeelen !